Zu Weihnachten ist der Kalender voll
Termine Wie viel Stress haben Geistliche an den Feiertagen? Warum bei Alexandra und Jochen Eberhardt in Utting sogar die Bescherung verschoben wird
Dießen/Utting Wenn sich an Weihnachten die meisten Menschen entspannen, in Ruhe feiern und genießen, wird es für einen Berufszweig besonders hektisch: Die Terminkalender der Pfarrer sind prall gefüllt mit Christvespern, Gottesdiensten und Krippenspielen, nicht nur in den Westufer-Gemeinden.
Deshalb wird es an Heiligabend auch für die beiden Kinder des evangelischen Pfarrer-Ehepaars Alexandra und Jochen Eberhardt nur ein Päckchen geben statt der üblichen Bescherung – die findet aus Zeitgründen erst am ersten Weihnachtsfeiertag statt.
„Wir teilen uns seit Herbst 2015 eine Stelle und betreuen zusammen mit einem Kollegen rund 4500 Gemeindemitglieder am Westufer“, sagt das Paar, das sich beim Studium in Heidelberg kennengelernt hatte und seit 18 Jahren verheiratet ist. „Als gelernter Bankkaufmann bin ich quasi vom Tempel des Geldes zum Tempel des Herrn gewechselt“, stellt Jochen Eberhardt fest.
Mit seiner Frau wird er sich heute, am Heiligen Abend, die Arbeit teilen, denn in Eching, Greifenberg, Dießen, Schondorf und Utting stehen insgesamt 13 Termine auf dem Programm.
Schon seit einigen Wochen übt Alexandra Eberhardt mit den Konfirmanden für ein mo- Krippenspiel, in dem Kurierfahrer von Paketdiensten an die Stelle der üblichen Hirten treten. „Wir versuchen, Beruf und Familie möglichst unter einen Hut zu bringen, was manchmal schon einen Spagat erfordert“, räumt sie ein. An Heiligabend gibt es im Terminkalender nur zwischen 20 und 22 Uhr eine kurze Lücke, denn nach den Christvespern beginnen um 22 beziehungsweise 23 Uhr in Dießen, Schondorf und Utting die Christmetten.
Am ersten Feiertag bleibt Zeit für familiäre Gemütlichkeit mit Plätzchen, Spielen und Geschichten aus dem Buch „Ben und Lasse“, bis um 17 Uhr die Waldweihnacht in Utting beginnt. Die Geburtstagsfeier von Sohn Christian wird üblicherweise auf Januar verschoben. Christian ist eigentlich vier Tage vor Heiligabend geboren, aber er freut sich auch im neuen Jahr noch über Geschenke.
In der katholischen Pfarreiengemeinschaft Dießen gibt es an den Weihnachtstagen insgesamt 14 Gottesdienste, von denen Pfarrer Josef Kirchensteiner die Hälfte übernehmen wird. Dazu kommen weitere Termine, zum Beispiel im Seniorenheim oder wenn jemand der rund 6000 Gläubigen seelsorgerlichen Beistand braucht. „Ganz allein könnte ich das alles nicht bewältigen“, sagt der 57-Jährige und ist froh über die zeitweilige Unterstützung durch drei Kollegen, die bereits im Ruhestand sind. Außerdem steht er sieben Kirchenstiftungen vor, „sodass es mir bestimmt nie langweilig wird“. Festlicher Höhepunkt des umfangreichen Weihnachtsprogramms wird die große Mitternachtsmette mit rund 15 Ministranten im Dießener Marienmünster sein. Dass er als katholischer Geistlicher keine Familie hat, macht Kirdernes chensteiner nach eigenen Worten nichts aus: „Ich genieße die besondere Stimmung dieser Tage und dass ich zwischendurch auch mal etwas Zeit für mich habe!“Der Dießener Pfarrer ist das jüngste von acht Geschwistern, die sich traditionell am Stephanitag, dem 26. Dezember, zum gemeinsamen Essen treffen. Seit Herbst 2015 ist er am Ammersee, wo er auch enge Kontakte zu den Eberhardts pflegt: „Es herrscht ein gutes ökumenisches Miteinander in den Gemeinden am Westufer.“
Mit Heiligabend verbindet er ein persönliches Erlebnis, das ihn in seiner jahrzehntelangen Arbeit besonders berührt hat. Als er noch in
Eine Lücke gibt es heute nur zwischen 20 und 22 Uhr
Penzberg tätig war, musste Kirchensteiner zwischen der Kinderund der Christmette ein Kind taufen, das im Krankenhaus tot zur Welt gekommen war. „Wenn an solch einem Tag Geburt und Tod so nahe beieinander liegen, vergisst man diese Eindrücke nie mehr“, sagt er. „Gerade in einer so schweren Stunde kann sich der christliche Glaube als Lebenshilfe erweisen.“