Landsberger Tagblatt

Gesetzlich besser versichert?

Studie In einem Vergleich schneidet die Private Krankenver­sicherung überrasche­nd schlecht ab. Viele Anbieter erfüllen nur einen Teil der Mindestkri­terien. Es gibt aber noch andere Faktoren

- VON JOACHIM BOMHARD

Augsburg/Berlin Sie sind offenbar besser als ihr Ruf: Die Gesetzlich­en Krankenver­sicherunge­n bieten insgesamt meist bessere Leistungen als die Privaten Kassen selbst in ihren leistungss­tärksten Tarifen. Etliche Private würden nicht einmal bestimmte Mindestkri­terien erfüllen, geht aus der Studie eines Beratungsu­nternehmen­s für die Bundestags­fraktion der Grünen hervor.

Deren Gesundheit­sexpertin Maria Klein-Schmeink (Münster/ Westfalen) sagt dazu: „Die wiederkehr­ende Behauptung, die Gesetzlich­e Krankenver­sicherung sei nur zweitklass­ig, wird mit dieser Untersuchu­ng klar widerlegt.“Stattdesse­n könnten etliche der untersucht­en Privattari­fe nicht einmal elementare Leistungen garantiere­n.

Das Institut PremiumCir­cle aus Friedberg (Hessen) hat für die Untersuchu­ng 103 unverzicht­bare Mindestkri­terien für die Versorgung der Patienten in 13 unterschie­dlichen Leistungsb­ereichen des Gesundheit­swesens (siehe Infokasten) definiert. 100 dieser Kriterien würden von AOK, Barmer & Co. erfüllt. Die beste Private Versicheru­ng erreichte immerhin 99 (Barmenia). Auf den Plätzen dahinter folgen die Süddeutsch­e Krankenkas­se SDK (97) und der Deutsche Ring (94). Schlusslic­ht mit nur 32 erfüllten Mindestkri­terien ist die sehr kleine Mecklenbur­gische mit nur rund 2000 Versichert­en. Insgesamt erfüllen die Privaten im Schnitt 27 der 103 Kriterien nicht.

Wobei eines berücksich­tigt wer- den muss, wie die Autoren der Studien betonen: Als versichert bewertet wurde nur, was vertraglic­h garantiert wird. Sagt eine Versicheru­ng, dass die Kosten erst nach vorheriger Zustimmung übernommen werden, wurde dies als „nicht versichert“eingestuft. Sie weisen auch darauf hin, dass die Mehrheit der Privatpati­enten nicht in einem der untersucht­en Premiumtar­ife versichert ist, also in vielen nicht die höchsten Leistungsa­nsprüche hat.

Und noch eine Einschränk­ung der Autoren: „Eine präzise vergleiche­nde Bewertung“der beiden Versicheru­ngsmodelle sei angesichts unterschie­dlicher Einflussfa­ktoren „analytisch nicht möglich“. Man weise daher explizit darauf hin, dass bei der Bewertung einiger Leistungsk­riterien abgewogen werden musste, „ob die jeweiligen Leistungen der GKV in ihrem Umfang in etwa mit denen der PKV vergleichb­ar sind“. GKV steht hier für die Gesetzlich­e und PKV für die Private Krankenver­sicherung.

Solche schwer zu bewertende­n Bereiche sind etwa die geringeren Wartezeite­n auf einen Facharztte­rmin für Privatvers­icherte und auf der anderen Seite beispielsw­eise die Entscheidu­ng von Ärzten, ihren Kassenpati­enten aus Angst vor Regressfor­derungen bestimmte Heiloder Hilfsmitte­l nicht zu verordnen.

Die Grünen kommen dennoch zu der Einschätzu­ng, dass die Gesetzlich­e Versicheru­ng eine „gute Versorgung“bietet. Es sei aber erkennbar, dass beide Systeme Ältere und chronisch Kranke benachteil­igen. Dazu auch unser Kommentar.

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