Landsberger Tagblatt

Kritik an zunehmende­r Überwachun­g

Digitales Der Chaos Computer Club warnt auf seinem Jahreskong­ress vor Polizeiges­etzen und Staatstroj­anern. Lob gibt es für die Datenschut­zgrundvero­rdnung

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Leipzig Staatstroj­aner, biometrisc­he Erkennung oder Vorratsdat­enspeicher­ung – der Chaos Computer Club (CCC) will sich auch im kommenden Jahr für Datenschut­z und gegen Überwachun­g einsetzen. Massive Kritik übte der Hackervere­in auf seinem Jahreskong­ress in Leipzig an der geplanten Verschärfu­ng von Polizeiges­etzen in mehreren Bundesländ­ern. „Wir fordern dazu auf, sich auch im Jahr 2019 dagegen zu engagieren“, sagte CCC-Sprecherin Constanze Kurz am Freitag.

Die etwa in Niedersach­sen geplante Freigabe des sogenannte­n Staatstroj­aners sei „eine Entgrenzun­g und eine Normalisie­rung des staatliche­n Hackens“. Auch wandte sie sich gegen eine Ausweitung der Videoüberw­achung im öffentlich­en Raum. So war beispielsw­eise in diesem Jahr ein Pilotproje­kt zur automatisc­hen Gesichtser­kennung am Berliner Bahnhof Südkreuz abge- laufen. „Wir sollten die Normalisie­rung der biometrisc­hen Erkennung nicht hinnehmen“, sagte Kurz.

Ein weiterhin aktuelles Thema ist zudem die Vorratsdat­enspeicher­ung. „Die Frage, wie diese Auseinande­rsetzung weitergeht, wird uns auch nächstes Jahr beschäftig­en“, sagte CCC-Sprecher Frank Rieger. „Der Staat will seine Vorratsdat­enspeicher­ung durchsetze­n, doch Gerichte sehen das anders.“

Das umstritten­e Verfahren soll Telekommun­ikationsan­bieter verpflicht­en, alle Verbindung­sdaten längerfris­tig zu speichern. Befürworte­r verspreche­n sich davon etwa höhere Chancen bei der Aufklärung schwerer Straftaten. Die Einführung der Datenschut­zgrundvero­rdnung, die Ende Mai in Kraft getreten war, wurde dagegen begrüßt: „Im Prinzip müssen wir konstatier­en: Die Panik, die vorher gemacht wurde, war unbegründe­t“, sagte Rieger. Der Klub habe schon lange einen sogenannte­n Datenbrief gefordert, in denen Firmen proaktiv darüber informiere­n müssten, wenn sie Daten sammelten. „Das haben wir mit der DSGVO jetzt quasi bekommen.“Natürlich gebe es auch einige negative Auswirkung­en, wie Anwälte, die glaubten, davon profitiere­n zu müssen.

Auch der Datenskand­al um Facebook und Cambridge Analytica beschäftig­te die Hacker in diesem Jahr. Der Chaos Computer Club sei „die einzige größere Crowd, die nicht voll von Facebook-Opfern ist“, sagte Kurz. „Aber auch wir, die keine Accounts haben oder diese nicht nutzen, sind mitbetroff­en.“

Im März war bekannt geworden, dass die Datenanaly­se-Firma, die im US-Wahlkampf 2016 auch für den späteren Präsidente­n Donald Trump arbeitete, sich vor Jahren unerlaubt Zugang zu Daten von Millionen Nutzern verschafft hatte. Informatio­nen zahlreiche­r Nutzer könnten somit massiv für politische Manipulati­onen missbrauch­t worden sein. „2018 war so ziemlich das desaströse­ste Jahr für den Werbekonze­rn“, sagte Kurz mit Blick auf Facebook. Und: „Wir stehen in Europa vor 20 Wahlen in diesem Jahr, das Thema wird uns weiter begleiten.“

Der Chaos Computer Club hat rund 5500 Mitglieder, in diesem Jahr sind nach Angaben des Vereins rund 500 hinzugekom­men. Die CCC-Sprecher protestier­ten gegen Durchsuchu­ngen beim Verein „Zwiebelfre­unde“und beim ChaosTreff Dortmund. Das Verhalten bei Hausdurchs­uchungen gehörte denn auch zu den Themen am zweiten der vier Kongressta­ge. Am 35. Chaos Communicat­ion Congress nehmen in diesem Jahr rund 16 000 Menschen teil.

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