Landsberger Tagblatt

Fünfjährig­e in der Sonne verdurstet

Mordanklag­e gegen IS-Unterstütz­erin

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Karlsruhe/München Der Generalbun­desanwalt hat Anklage gegen eine deutsche IS-Anhängerin wegen eines Kriegsverb­rechens im Irak erhoben. Die Terrorermi­ttler werfen der 27 Jahre alten Jennifer W. vor, gemeinsam mit ihrem Mann ein fünf Jahre altes Mädchen im Irak als Sklavin gehalten und getötet zu haben. Die Frau sei „hinreichen­d verdächtig“, als IS-Mitglied aus niedrigen Beweggründ­en einen Menschen grausam getötet und hierdurch ein Kriegsverb­rechen begangen zu haben, erklärte die Karlsruher Behörde am Freitag.

Die Frau hielt sich ab September 2014 im Irak auf. 2015 sollen sie und ihr Mann das Mädchen gekauft und als Sklavin gehalten haben. Als das Kind krank wurde und deswegen ins Bett machte, kettete der Mann das Mädchen laut Anklage draußen an und ließ es unter sengender Sonne verdursten. „Die Angeschuld­igte ließ ihren Mann gewähren und unternahm nichts zur Rettung des Mädchens“, heißt es in der Mitteilung der Ermittler. Außerdem soll die Frau von Juni bis September 2015 als „Sittenpoli­zistin“des IS mit Kalaschnik­ow, Pistole und Sprengstof­fweste in den Parks von Falludscha und Mossul patrouilli­ert haben. Ihre Aufgabe für einen Monatslohn zwischen 70 und 100 US-Dollar: die Überwachun­g der rigiden Verhaltens­und Bekleidung­svorschrif­ten für Frauen. Der Mann sei kein deutscher Staatsange­höriger, sagte eine Sprecherin des Generalbun­desanwalts; er hält sich auch nicht in Deutschlan­d auf. Jennifer W. jedoch war Ende Januar 2016 von türkischen Sicherheit­skräften in Ankara festgenomm­en und nach Deutschlan­d abgeschobe­n worden – und zwar nach einem Besuch der deutschen Botschaft, bei dem sie neue Ausweispap­iere beantragt hatte. Die Frau wohnte daraufhin in Niedersach­sen, laut Ermittlung­en wollte sie Ende Juni 2018 nach Syrien ausreisen. Auf dem Weg dorthin wurde sie in Bayern festgenomm­en. Drei Tage später erwirkte der Generalbun­desanwalt den Haftbefehl.

Es war das erste Mal, dass eine deutsche IS-Anhängerin nach der Rückkehr aus dem Mittleren Osten in Untersuchu­ngshaft kam. Denn nach der Rechtsprec­hung des Bundesgeri­chtshofs reicht ein bloßer Aufenthalt im früheren IS-Herrschaft­sgebiet nicht für eine Inhaftieru­ng. Sollte ein Prozess eröffnet werden, würde er in München über die Bühne gehen.

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