Landsberger Tagblatt

Gottschalk­s Wandlung

- VON MICHAEL BÖHM bmi@augsburger-allgemeine.de

Eine der wichtigste­n Eigenschaf­ten des Menschen ist bekanntlic­h seine Lernfähigk­eit. Dank ihr lebt er nicht mehr in triefenden Tropfstein­höhlen, sondern in Luxuslofts mit Luftwärmep­umpe, wo er sein selbst gejagtes Mammut nicht mehr über dem Lagerfeuer grillt, sondern den im Biomarkt erworbenen Tofu im Thermomix dünstet. Beide Beispiele zeigen: So lernfähig der Mensch ist, so wandlungsf­ähig ist er auch. Er entwickelt­e sich vom hungrigen Fleischfre­sser zum diäthalten­den Pflanzenge­nießer und vom robusten Naturmensc­hen zum verweichli­chten Schönwette­rspaziergä­nger.

Ob die Fähigkeit zur Wandlung dem Menschen immer zum Guten gereicht, sei dahingeste­llt. Fakt ist: Menschen verändern sich – in denkbare wie undenkbare Richtungen. Jüngstes Beispiel ist Thomas Gottschalk, der ab Frühjahr im Bayerische­n Fernsehen eine eigene Literaturs­endung moderieren darf. Nun galt der gelockte Wahlamerik­aner bislang eher als Meister des Seichten denn des Tiefgründi­gen. Doch diesem Ruf möchte er offenbar entgegenwi­rken. Immerhin habe er drei Semester Germanisti­k studiert und in seiner abgebrannt­en Villa sei der Bücher- größer als der Kleidersch­rank gewesen. Künftig wird Gottschalk also viermal im Jahr mit Schriftste­llern über deren Bücher sprechen. Gelingt es ihm, mehr Menschen dazu zu bringen, wieder zu lesen, statt nur zu klicken, zu wischen und zu liken, wäre das beachtlich. Und eine Wandlung zum Guten. Von Gottschalk. Für alle. Wetten, dass?

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