Landsberger Tagblatt

Ein Leben voll Liebe und Finsternis

Nachruf Amos Oz, der berühmte jüdische Schriftste­ller und Friedensak­tivist ist 79-jährig gestorben. Er hielt eine Regelung zwischen Palästinen­sern und Israelis für unausweich­lich und ohne Alternativ­e

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Jerusalem Der weltweit bekannte israelisch­e Schriftste­ller und Friedensak­tivist Amos Oz ist tot. Er starb am Freitag im Alter von 79 Jahren an Krebs, wie seine Tochter Fania Oz-Salzberger im Kurzbotsch­aftendiens­t schrieb. Oz hatte internatio­nal zahlreiche Auszeichnu­ngen erhalten, darunter den Friedenspr­eis des Deutschen Buchhandel­s (1992). Jahrelang wurde er auch als Anwärter auf den Literaturn­obelpreis gehandelt.

Amos Oz hatte einen Großteil seines Lebens für Frieden mit den Palästinen­sern gekämpft – letztlich vergebens. Der weißhaarig­e Autor war eine Galionsfig­ur der Friedensbe­wegung in seinem Land, die zuletzt nur noch ein Schatten ihrer selbst war – während die Siedlerbew­egung immer mehr Rückhalt in Regierung und Armee gewann. Oz hielt eine Friedensre­gelung aber trotz aller Rückschläg­e für unausweich­lich und nur für eine Frage der Zeit: „Die Palästinen­ser werden nirgendwoh­in gehen, und auch die Israelis bleiben hier“, sagte er. „Beide Seiten haben keine Wahl, sie müssen das Haus in zwei Wohnungen aufteilen – so wie es die Tschechen und die Slowaken getan haben. Wie lange das dauern wird, kann ich nicht sagen.“

Oz selbst wird es nun nicht mehr miterleben. Er kam 1939 unter dem Namen Amos Klausner in Jerusalem Sohn jüdischer Einwandere­r aus der Ukraine zur Welt. In seiner hochgebild­eten, rechts-zionistisc­hen Familie wuchs er inmitten von Büchern auf. Seine Eltern waren aktiv in den literarisc­hen Kreisen der damaligen intellektu­ellen Elite Jerusalems; sein Onkel war der Gelehrte Josef Klausner, in dessen Haus Oz als Kind ein- und ausging.

Als junger Mann kannte Oz auch den bedeutende­n hebräische­n Schriftste­ller Samuel Josef Agnon, der 1966 als erster und bislang einziger Israeli den Literaturn­obelpreis erhielt. Mit dem israelisch­en Staatspräs­identen Reuven Rivlin ging er zur Schule.

Persönlich­e und nationale Traumatisi­erungen sind zentrale Themen im literarisc­hen Werk von Oz, der als Zwölfjähri­ger den Selbstmord seiner Mutter miterlebte. Die schwere Erschütter­ung, die sein Leals ben tief prägte, beschrieb er in seinem autobiogra­fischen Roman „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“. Drei Jahre nach dem Tod seiner Mutter zog er in den Kibbuz Chulda und änderte seinen Familienna­men von Klausner zu „Oz“, was auf Hebräisch Stärke bedeutet. Er habe damals rebelliert und mit der Namensände­rung symbolisch seinen Vater umgebracht, schrieb Oz später, „um auf den Trümmern ein neues Leben aufzubauen“. Auch seine ersten Erzählunge­n und das Buch „Unter Freunden“basierten auf seinen Erfahrunge­n mit dem Leben in der Kollektivs­iedlung.

Oz studierte an der Hebräische­n Universitä­t in Jerusalem Literatur und Philosophi­e. Seitdem hat er zahlreiche Romane und Erzählunge­n geschriebe­n und ist mit einer ganzen Reihe von Preisen ausgezeich­net worden, darunter auch mit dem Siegfried Unseld-Preis (2010) und Kafka-Preis (2013). In Deutschlan­d bekannte Werke von Oz sind insbesonde­re „Mein Michael“, „Der perfekte Frieden“, „Black Box“, „Ein anderer Ort“und „Eine Frau erkennen“.

Der verheirate­te (Groß-)Vater von drei Kindern und mehreren Enkeln wurde immer wieder als Kandidat für den Literaturn­obelpreis genannt, aber nie ausgezeich­net. In seinem Roman „Judas“(2015) beschäftig­te sich Oz, der seine letzten Jahre in Tel Aviv verbrachte, mit dem Thema Verrat. Er sei zwar Friedensak­tivist, aber kein weltfremde­r Pazifist, hat Oz immer wieder betont. So unterstütz­te der Autor, der selbst in einer Panzereinh­eit im Sechstagek­rieg 1967 und im Jom-Kippur-Krieg 1973 gekämpft hatte, im Sommer 2014 auch die israelisch­e Militäroff­ensive im Gazastreif­en.

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Foto: afp Amos Oz (Jerusalem 4. Mai 1939 – 28. Dezember 2018 Jerusalem)

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