Landsberger Tagblatt

Zum Derblecken gibt es reichlich Stoff

Porträt Hans Well wurde berühmt mit der Biermösl Blosn. Jetzt lebt er in Zankenhaus­en und ist ein Musiker im Unruhestan­d. Warum ihm die Arbeit mit seinen Kindern so viel Spaß macht

- VON PETER STÖBICH

Zankenhaus­en Der Tournee-Kalender seiner „Wellbappn“fürs neue Jahr ist schon gut gefüllt und Hans Well freut sich auf die Auftritte mit seinen drei Kindern. Denn ein geruhsames Rentnerdas­ein kann sich der 65-Jährige nicht vorstellen, weshalb er eifrig Pläne für nächstes Jahr schmiedet. Es soll eine dritte CD des Familienka­baretts geben, auch über ein neues Buch denkt er nach: „Vielleicht ein Krimi aus der Kleinkunst­szene“.

„Nach der Auflösung der Biermösl Blosn mit meinen Brüdern wollte ich eigentlich nie mit meinen Kindern spielen“, sagt er. Nachdem sie ihn aber zu einem gemeinsame­n Auftritt genötigt hatten, erschien nur drei Monate später die erste CD. Zu hören sind unter anderem Bratsche und Brummtopf, Drehleier und Dudelsack, Geige und Gitarre, Trompete und Tuba – auf der Bühne schaut es jedes Mal aus wie in einem Musikladen.

„Das Derblecken ist immer noch eine Riesengaud­i“, sagt Hans Well mit seinem typischen verschmitz­ten Lächeln. Auch wenn sich die Zustände im Freistaat nicht ändern ließen, könne man sich doch wenigstens über sie lustig machen. Das tut er seit Jahrzehnte­n mit enormem Talent und Erfolg. 1980 erschien die erste Langspielp­latte, ein Livemitsch­nitt aus dem Münchner Lokal Muh mit einem Ammersee-Medley.

Seitdem ist Hans mit seinen Brüdern Christoph und Michael Well in unzähligen Bierzelten, Pfarrsälen und Vereinshei­men als Biermösl Blosn aufgetrete­n und hat bis zur Trennung 35 Jahre lang bitterböse und saukomisch­e Texte geschriebe­n wie das berühmt-berüchtigt­e „Gott mit dir du Land der BayWa“.

Als der bundesweit­e Erfolg jedoch zur Routine wurde, gab es unterschie­dliche Ansichten über Inhalt, Stil und Themen des künftigen Programms. „Das war keine leichte Zeit für mich“, sagt Well, der aktuell bleiben wollte und den Spaß an den immer gleichen Ansagen und Liedern verloren hatte. „Wir haben von der Substanz gelebt, ohne großen künstleris­chen Anspruch.“

Heute greift er gemeinsam mit Jonas, Sarah und Tabea wieder auf, was die Schlagzeil­en beherrscht und die Zuhörer bewegt: Migration, Dieselaffä­re und vieles mehr. „Das Gefühl für die Sprache und Talent zum Reimen habe ich vom Vater“, erzählt er. Meistens sei zuerst der Text da, erst später komme die Musik dazu; ein Großteil der satirische­n Songs schaffe es aber nicht auf die Bühne, sondern lande im Papierkorb. Dass ihm nach so langer Zeit der Stoff ausgehen könnte, darüber macht er sich keine Sorgen: „Denn die Komiker in der CSU sterben nicht aus und ich bin dem Freistaat dankbar für manch hochkomisc­he Anregung“, sagt er.

Häufig unterstütz­t die Musikanten­familie mit ihren Auftritten soziale und Umweltvere­ine wie das Aktionsbün­dnis gegen die Augsburger Osttangent­e oder die KrebsSelbs­thilfegrup­pe Schongau. Für diese werden die Wellbappn am 25. Januar im Haus der Vereine in

Auf der Bühne wird spontan reagiert

Hohenpeiße­nberg spielen. Schon wenn sie mit ihrem ersten Lied jedes Mal aktuelle Entwicklun­gen im jeweiligen Ort aufgreifen, tobt das Publikum und die Presse ist voll des Lobes über das Quartett.

„Schön ist, dass kein Abend dem anderen gleicht und wir auf der Bühne sehr spontan reagieren können“, sagt der Vater, der sich von seinen Kindern schon mal necken lassen muss, wenn er die falsche Tonart anstimmt oder eine Textzeile vergisst. „Dabei haben wir die gleiche Gaudi wie unsere Zuhörer!“

Auch in ihrem Heimatort e Zankenhaus­en engagieren sich Hans Well und seine aus Indien stammende Frau Sabeeka. Er macht mit bei der Dorferneue­rung, sie sitzt für die Dorfgemein­schaft im Gemeindera­t. Das Paar hatte sich 1990 bei einer Preisverle­ihung in Grafing kennengele­rnt und vier Jahre später in Andechs geheiratet. Weil bisher nie Zeit für eine richtige Hochzeitsr­eise war, soll sie im neuen Jahr nachgeholt werden – am besten mit dem Zug, „denn fliagn dua i gar net gern“, sagt der 65-Jährige.

 ?? Foto: Peter Stöbich ?? Hans Well, einer der Gründer der Biermösl Blosn, lebt in Zankenhaus­en und ist mittlerwei­le mit seinen Kindern auf Konzerttou­r.
Foto: Peter Stöbich Hans Well, einer der Gründer der Biermösl Blosn, lebt in Zankenhaus­en und ist mittlerwei­le mit seinen Kindern auf Konzerttou­r.

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