Der Dableiber
Wo soll man anfangen am Ende dieses selbst für seine Verhältnisse außergewöhnlich wendungsreichen Jahres? Vielleicht damit, dass Horst Seehofer noch im Amt ist. Genau genommen sogar in zwei Ämtern. Der 69-Jährige entwöhnt sich eben nur langsam von der Droge namens Macht. Klar, im Januar läuft seine Zeit als CSU-Chef ab. Aber Bundesinnenminister gedenkt er zu bleiben. Dabei war er doch eigentlich längst zurückgetreten. An einem heißen Sommerabend im Juli spielte der Bayer die Deutschen schwindlig wie Franz Beckenbauer zu seinen besten Zeiten. Sein Rücktritt von der angedrohten Rücktrittsankündigung ließ selbst die versiertesten Seehofer-Versteher ratlos zurück.
„Psycho“titelte eine Zeitung damals recht bösartig und die Kanzlerin reagierte mit dem Achselzucken einer Lebensabschnittsgefährtin, die nichts mehr aus der Ruhe bringen kann. Jedenfalls schien es nur noch eine Frage der Zeit, wann es Zeit würde, sich mehr Zeit für die heimische Modelleisenbahn in Ingolstadt-Gerolfing zu nehmen. Einer ohne Zweifel beeindruckenden Karriere drohte ein deprimierend würdeloses Ende. Aber – wie so oft im politischen Leben dieses Mannes – kam alles ganz anders.
„Ich habe ein großes Werk zu verrichten“, sagt Seehofer über seine Pläne fürs neue Jahr. Und so kurios das klingen mag: Man nimmt ihm irgendwie ab, dass er das genau so meint. Wir sind ehrlich gesagt ganz froh, dass uns Horst Seehofer noch ein bisschen erhalten bleibt. Schließlich gehört er quasi zum Stammpersonal unseres Jahresrückblicks. Da müssen sich die Söders, Webers und Aigners schon noch ein bisschen mehr einfallen lassen, wenn sie eines Tages diesen Platz füllen wollen. Bis dahin gilt: Solange er nicht weg ist, ist er da. Wir halten ihm sicherheitshalber mal ein Plätzchen für den Rückblick auf 2019 frei.