Die Freunde auf Zeit
Was hat er geschimpft über Markus Söder. Einen „Diktator“hat er ihn genannt. „Selbstgefälligkeit“hat er ihm vorgeworfen. Ja sogar auf den Mond wollte er ihn schießen. Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger hat in diesem Landtagswahlkampf nix ausgelassen, um seinen Konkurrenten von der CSU zu piesacken. Von Söder waren derart wuchtige Attacken nicht zu hören. Zwar spottete seine CSU immer mal wieder über die „Freibier-Wähler“, weil Aiwanger und seine Mitstreiter ziemlich ungehemmt Wohltaten forderten, die selbst aus der aktuell noch recht gut gefüllten bayerischen Staatskasse nicht zu finanzieren sind. Doch die Strategie der christsozialen Wahlkämpfer hatte schon den Tag nach der Wahl am 14. Oktober im Blick. Die Umfragen waren eindeutig: Es war sehr wahrscheinlich, dass die CSU die Freien brauchen würde, um eine Regierung bilden und Söder wieder zum Ministerpräsidenten machen zu können.
So kam es dann auch. Quasi über Nacht schmiedeten die Konkurrenten die erste schwarz-orange Koalition in der Geschichte Bayerns. Inhaltlich war das nicht allzu kompliziert. Der scheidende CSU-Chef Horst Seehofer sah in den Freien schon immer „Fleisch von unserem Fleisch“, tat im Unterschied zu Söder aber alles, um sie von den Fleischtöpfen der Macht fernzuhalten. Söder dagegen umarmte Aiwanger förmlich. Schon am zweiten Tag der Koalitionsverhandlungen waren die beiden beim Du. Söder kam den Freien bei der Ausweitung der Kostenfreiheit für Kindergärten entgegen. Die Freien ließen der CSU das Familiengeld und fügten sich auch sonst der Vorherrschaft der immer noch mächtigen CSU. Aiwanger weiß, welches Wagnis er da eingeht. Schon im Wahlkampf hat er davor gewarnt, „dass es mir am Ende so geht wie Seehofer mit Merkel und ich vom Söder rumkommandiert werde“. So weit allerdings ist es noch nicht, dass aus Söders Umarmung eine erdrückende Umklammerung geworden wäre. Im Moment sieht es eher nach einer Männerfreundschaft aus – auf Zeit, versteht sich.