Das geraubte Kulturgut
Vor einem guten Jahr noch hatte das Thema kaum einer auf der Agenda. Dann aber erklärte Frankreichs Staatspräsident Macron bei einem Besuch in Afrika, dass sein Land die Rückgabe unrechtmäßig erworbener Kulturgüter in die Wege leiten werde. Seither elektrisiert das Stichwort „Kolonialismus“die Kulturwelt Europas, jedenfalls überall dort, wo es Museen gibt, die der Ethnologie, ehedem auch „Völkerkunde“genannt, verpflichtet sind. Die infrage stehenden Kulturgüter stammen vorzugsweise aus Afrika – etwa die über zahlreiche westliche Museen verstreuten plastischfigurativen Benin-Bronzen –, aber auch aus anderen Ländern, von denen europäische Kolonialmächte einst Besitz ergriffen. Die Debatte hat noch einmal neuen Schwung erhalten, als Macron im November, nachdem ein Expertenteam eine Liste mit offensichtlicher Raubkunst vorgelegt hatte, seine Absicht nochmals bekräftigte. Und so mehren sich inzwischen auch in Deutschland die Stimmen, die einen neuen Umgang mit jenen außereuropäischen Artefakten fordern, die vom großen Museumspublikum bisher wenig beachtet vor sich hin schlummerten, wenn nicht gar in den Depots verstaubten. Hierzulande ist die Frage nach dem rechtmäßigen Besitz auch deshalb brisant, weil das Berliner Humboldt Forum, in welches die bedeutenden ethnologischen Sammlungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz überführt werden sollen, Ende 2019 eröffnet wird – und dieses Prestigeobjekt nicht als Profiteur kolonialer Kunsträuberei dastehen soll. Aber nicht nur in Berlin, auch in anderen Städten sehen sich die ethnologischen Museen inzwischen genötigt, die Provenienz ihrer Objekte zu klären. Inzwischen ist auch die Politik alarmiert. Kulturstaatssekretärin Monika Grütters (CDU) hat für die Erforschung von Sammlungsbeständen aus kolonialer Zeit Unterstützung zugesagt.