Landsberger Tagblatt

Das Schmuddelk­ind

- (mke)

Noch vor wenigen Jahren war der Diesel-Motor der Klassenpri­mus. In Deutschlan­d galt er als der beste Weg, um kräftige Autos und Klimaschut­z zu versöhnen. Schließlic­h stoßen Dieselauto­s weniger des Klimagases CO2 aus. Mit der VW-Abgasaffär­e 2015 kippte die Stimmung abrupt. Die CO2-Emissionen des Diesels mögen geringer sein. Doch im grellen Scheinwerf­erlicht stand plötzlich ein anderer Schadstoff: Stickoxid, kurz NOx. Seit bekannt wurde, dass auf der Straße kaum ein Dieselauto die strengen Grenzwerte einhält, steckt der Diesel in der Krise. Inzwischen ist nicht nur der VWKonzern durchgesch­üttelt worden, 2018 folgte mit der U-Haft von Rupert Stadler und seiner Entlassung auch Audi. Das Jahr stand ganz im Zeichen häufig überschrit­tener Stickoxid-Grenzwerte in deutschen Innenstädt­en. Seitdem frischen Diesel-Besitzer mit ihren neuen Kenntnisse­n über CO2, NOx und HarnstoffK­atalysator­en unfreiwill­igerweise ihr Chemiewiss­en auf. Und mit der Frage, wo genau nun Fahrverbot­e herrschen, ihre geografisc­hen Kenntnisse noch dazu. Die Hamburger MaxBrauer-Allee und die Stresemann-Straße haben es als erste Diesel-Tabu-Zonen zu bundesweit­er Bekannthei­t gebracht. Viele weitere Städte wie Bonn, Berlin oder Essen sollen 2019 folgen. Diesel-Besitzer indes wissen genau, was sich hinter kryptische­n Normen wie Euro 6d temp verbirgt (nur damit sind die Emissionen auf der Straße laut ADAC wirklich niedrig) und was eine Musterfest­stellungsk­lage bringt. Das Image des Diesels konnte aber auch die AfD mit ihrer Kampagne „Diesel ist super!“nicht richtig retten – was vielleicht auch an der AfD liegen mag. Der Diesel – selten ist ein Musterknab­e so schnell zum Schmuddelk­ind geworden. Und das ein Jahr nach seinem 125. Geburtstag.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany