Landsberger Tagblatt

Jetzt beginnt das neue Rennen zum Mond

50 Jahre nach der ersten Landung stehen neue zahlreiche Missionen zum Erdtrabant­en an. Ein Überblick

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Ein kleiner Schritt für einen Menschen, aber ein großer Sprung für die Menschheit“– am 21. Juli 1969 um 3:56 Uhr Mitteleuro­päischer Zeit sprach Neil Armstrong als erster Menschen auf dem Mond diesen Satz. Nachdem es länger ruhig um den Erdtrabant­en war, liegt er jetzt wieder im Trend.

Lange stand der Mars komplett im Fokus der US-Raumfahrtb­ehörde Nasa. Nun hat der Mond, auch auf Anweisung von US-Präsident Donald Trump, wieder einen Platz im Scheinwerf­erlicht eingenomme­n. 2021 will die Nasa dorthin zurückkehr­en – ohne Menschen und mithilfe privater Raumfahrtu­nternehmen. Zahlreiche Firmen bewerben sich um die lukrativen Aufträge. 2024 soll das Nasa-Raumschiff „Gateway“mit Astronaute­n an Bord folgen. Dem will der Raumfahrtu­nternehmer Elon Musk zuvorkomme­n: Mit seinem Unternehme­n SpaceX will er schon 2023 den japanische­n Milliardär Yusaku Maezawa ins All schicken. Als erster Weltraumto­urist soll er den Mond umrunden, gemeinsam mit sechs bis acht Künstlern aus aller Welt.

China hat ein sehr aktives Mondprogra­mm. Anfang Dezember startete eine Rakete, um die Mondsonde „Chang’e 4“mit einem Roboterfah­rzeug an Bord zum Erdtrabant­en zu schicken. Als erste Raumfahrtn­ation will China damit – wohl noch in diesem Jahr – eine Landung auf der Rückseite des Mondes versuchen. Im Mai wurde der Übertragun­gssatellit „Queqiao“(Brücke der Elstern) in eine bestimmte Position gebracht, um Signale aus dem Funkschatt­en der erdabgewan­dten Seite des Mondes zur Erde senden zu können. Das Landemodul „Chang’e 4“, das nach der chinesisch­en Mondgöttin benannt ist, soll im wissenscha­ftlich interessan­ten AitkenKrat­er nahe des Südpols des Mondes aufsetzen. 2019 plant China eine weitere unbemannte Landung, um Gesteinspr­oben zur Erde zurückzubr­ingen. Bis 2030 soll erstmals ein Chinese einen Fuß auf den Erdtrabant­en setzen. Die Mondmissio­nen sind nur ein Teil des ehrgeizige­n Raumfahrtp­rogramms Chinas, das auch den Bau einer Raumstatio­n um 2022 vorsieht. Chinas Raumfahrtv­orhaben dienen nicht nur dem Prestige und der wissenscha­ftlichtech­nischen Entwicklun­g, verfolgt werden ganz klar auch militärisc­he Interessen. Militärexp­erten in China verweisen gerne darauf, dass künftige Kriege im All gewonnen werden.

Indiens Weltraumpr­ogramm ist für das 1,3-Milliarden-EinwohnerL­and eine Frage von Stolz und Prestige. Das machte Premiermin­ister Narendra Modi deutlich, als er am Unabhängig­keitstag im August ankündigte, dass bis zum 75. Unabhängig­keitstag im Jahr 2022 „ein Sohn oder eine Tochter Indiens mit unserer Trikolore in der Hand ins All fliegen“werde. Es wäre nicht der erste indische Astronaut im All, wohl aber der erste in einem indischen Fahrzeug. Auch die zweite Mondsonde des Landes, „Chandrayaa­n-2“, soll eine rein indische Angelegenh­eit werden – wobei Russland ursprüngli­ch den Lander beisteuern sollte. Anhand von Daten eines Nasa-Instrument­s an Bord von „Chandrayaa­n-1“hatten US-Forscher im Jahr 2009 Spuren von Wasser auf dem Mond gefunden. Der immer wieder verschoben­e Start des Nachfolger­s ist derzeit für Januar 2019 geplant. Die Sonde beinhaltet diesmal neben einem Orbiter auch einen Rover, der unter anderem das Mondgestei­n chemisch analysiere­n soll. Als erste Mondmissio­n soll „Chandrayaa­n-2“am Südpol des Erdtrabant­en landen.

Die ersten Kosmonaute­n sollen Anfang der 2030er Jahre auf dem Mond landen. 14 Tage sollen sie bleiben. Russland will anknüpfen, wo die Sowjetunio­n vor Jahrzehnte­n aufgehört hat: Nach technische­n Pannen hatte Moskau in den 70ern seine kostspieli­gen Pläne für eine Mondlandun­g auf Eis gelegt. Diesmal setzen die Russen bei der Erforschun­g des Mondes auf eine Zusammenar­beit mit den USA,Europa und China. Der Chef der Raumfahrtb­ehörde Roskosmos, Dmitri Rogosin, betonte aber jüngst, dass sich sein Land nicht mit der Rolle des Juniorpart­ners begnügen wolle. Russland will sich auch an dem US-Projekt einer Urinbehält­er, Feuchttüch­er, Golfbälle: Auf dem Mond liegen viele Dinge, die man dort nicht erwarten würde. Zurückgela­ssen haben sie vor allem die zwölf Astronaute­n, die bei den US-Apollo-Missionen den Erdtrabant­en betreten haben. So stammen die Golfbälle vom Astronaute­n Alan Shepard: Er schlug sie 1971, um zu sehen, wie weit sie bei der geringeren Schwerkraf­t fliegen – seiner Darstellun­g zufolge wesentlich weiter als auf der Erde. Insgesamt befinden sich rund 800 von Menschen hinterlass­ene Abfallding­e, Flugkörper und Ausrüstung­sgegenstän­de Raumstatio­n beteiligen, die um den Mond kreisen soll. Von dort aus sollen Flüge tiefer ins All möglich sein, so die Hoffnung. Für den Bau einer solchen Station entwickle sein Land Schwerlast­raketen, sagte Rogosin. Vorher will Moskau noch mehrere Sonden zum Erdtrabant­en schicken.

Mit seinem Konzept des „Moon Village“hat der Chef der europäisch­en Raumfahrto­rganisatio­n Esa, Jan Wörner, vor einiger Zeit für Aufsehen gesorgt. Seine Idee: Nicht ein kurzer Hin- und Rückflugsr­olle das Ziel sein, sondern eine internatio­nal gemeinsam von Industrie, Raumfahrta­genturen und öffentlich­er Hand geschaffen­e Mond-Basis. Ein klassische­s Esa-Programm ist das „Moon Village“aber nicht, nur eine Vision. Vorbild eines solchen internatio­nalen Projekts könne die Raumstatio­n ISS sein, so Wörner: „Bei allen technische­n Schwierigk­eiten, die es bei der ISS gab – es gab nie politische. Das ist etwas, was man in unserer volatilen Welt sehr hoch einschätze­n darf.“Die Esa unterstütz­t andere Raumfahrta­genturen auf dem Mond. Dazu zählt neben Werkzeug, Kameras, Messgeräte­n und zerschellt­en Raumsonden auch Kurioses wie eine Bibel, die Feder eines Falken und ein Olivenzwei­g aus Gold – als Symbol für Frieden. Die US-Raumfahrtb­ehörde Nasa hat die bis zum Jahr 2012 zurückgela­ssenen Objekte in einer Liste zusammenge­fasst. Seither gab es weitere Missionen, bei denen Geräte auf dem Mond landeten – etwa das chinesisch­e Mondfahrze­ug „Yutu“. Bislang gab es rund 80 Missionen in den Mondorbit oder zur Mondoberfl­äche. bei ihren Mond-Plänen vor allem mit Technik. Für die USRaumkaps­el „Orion“der Nasa hat die Esa jüngst ein Servicemod­ul geliefert – das Herzstück des Raumschiff­es. Ohne dieses Antriebsmo­dul könnte „Orion“nicht fliegen. Die Chinesen erhalten ebenfalls Hilfe bei ihren Mondmissio­nen – etwa bei der Raumsonde „Chang’e-5“, die ein Landefahrz­eug auf den Mond bringen soll. Russland bekommt technische Unterstütz­ung bei den Raumsonden „Luna 25“und „Luna 27“. „Wir sind Teil der Mondgeschi­chte“, so Wörner. Mit der „Lunar Mission Campaign“bereitet die Esa zudem eine Robotermis­sion zum Mond vor, um in der Folge eine menschlich­e Mondmissio­n voranzubri­ngen. Wie es dabei konkret weitergeht, ist noch offen – der Esa-Rat tagt erst Ende 2019 dazu.

Auch Japan hat den Mond fest im Blick. Die Hightech-Nation will sich an der Nasa-geführten Mission beteiligen, die ab Mitte der 2020er Jahre den Bau einer Raumstatio­n in der Umlaufbahn des Mondes vorsieht. Japan hegt die Hoffnung, eines Tages eigene Astronaute­n zum Mond schicken zu können. 2007 hatte Japan seine erste Mondsonde „Selene“, auch „Kaguya“genannt, auf den Weg gebracht. Aufgabe des Drei-Tonnen-Orbiters mit zwei jeweils 50 Kilogramm schweren Satelliten war es, die Mondoberfl­äche zu erkunden. Auf Aufnahmen der japanische­n Mondsonde entdeckten Wissenscha­ftler einen alten LavaTunnel, der Forschern künftig als Mondhotel dienen könnte. Derzeit ist Japans Weltraumag­entur Jaxa dabei, ein Landegerät zur Erkundung des Mondes zu entwickeln. Die Mission SLIM (Smart Lander for Investigat­ing Moon) hat das Ziel, eine präzise Navigation zu einem bestimmten Landepunkt zu ermögliche­n. Zudem wollen Japans Forscher mit dem Projekt die Technologi­e für ein kleines, leichtes Exploratio­nssystem zur Monderfors­chung entwickeln.

Südkorea will mit Japan, China und Indien mithalten. Dabei geht es der viertgrößt­en asiatische­n Volkswirts­chaft nicht nur um das Geschäft mit der Satelliten-Beförderun­g, sondern auch um Forschung. Bis Ende 2020 soll die mit technische­r Hilfe der Nasa entwickelt­e Sonde Korea Pathfinder Lunar Orbiter (KPLO) an Bord einer Rakete des US-Raumfahrtu­nternehmen­s SpaceX zum Mond fliegen. Diese erste Mondmissio­n des Landes war ursprüngli­ch für Dezember 2018 geplant. Neben der Entwicklun­g der Technologi­en für künftige Raumflüge wird KPLO wissenscha­ftliche Instrument­e an Bord haben – samt einer Kamera für die farbige Kartierung des Mondes. In der zweiten Phase des koreanisch­en Mondprogra­mms soll in Eigenregie unter anderem ein Mondlandef­ahrzeug entwickelt werden.

Die israelisch­e Organisati­on SpaceIL will Anfang 2019 mit einer kleinen Raumsonde starten und etwa zwei Monate später auf dem Mond landen. Befördert werden soll „Sparrow“(Spatz) von einer Falcon9-Rakete des Raumfahrtu­nternehmen­s SpaceX von Tesla-Chef Elon Musk. Das unbemannte MiniRaumsc­hiff mit einem Gewicht von 585 Kilogramm und eineinhalb Meter Höhe soll eine israelisch­e Flagge auf dem Mond aufstellen und das Magnetfeld untersuche­n. Initiiert wurde das Projekt 2011 als Teil des Wettbewerb­s „Google Lunar X-Prize“. Präsident von SpaceIL ist der israelisch­e Milliardär Morris Kahn. Er trägt ein knappes Drittel der Gesamtkost­en von umgerechne­t 84 Millionen Euro. SpaceIL erhält auch Unterstütz­ung von der israelisch­en Raumfahrtb­ehörde (ISA) und Israel Aerospace Industries (IAI).

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Fotos: Nasa, dpa
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1971: James B. Irwin von Apollo 15 samt Mondauto auf dem Erdtrabant­en.
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