Landsberger Tagblatt

Wird das flache Land abgehängt?

Hintergrun­d Der Städte- und Gemeindebu­nd warnt eindringli­ch vor einer Spaltung der Gesellscha­ft. Der Präsident des kommunalen Spitzenver­bandes wirft der Politik die einseitige Fokussieru­ng auf die Metropolen vor

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Bewohner ländlicher Regionen fühlen sich zunehmend abgehängt, klagt der Deutsche Städteund Gemeindebu­nd. Und warnt eindringli­ch vor einer weiteren Spaltung der Gesellscha­ft. Von der Bundesregi­erung fordert der kommunale Spitzenver­band deshalb ein „beherztes Eintreten für gleichwert­ige Lebensverh­ältnisse im ganzen Land“. Der Staat müsse sich stärker und vor allem langfristi­g bei der Erschließu­ng ländlicher Räume mit öffentlich­en Verkehrsmi­tteln engagieren. Auch bei der flächendec­kenden Versorgung mit schnellen Internet- verbindung­en sieht der Verband den Staat in der Pflicht. Trotz der guten Wirtschaft­slage wachse bei den Menschen in manchen Regionen der Frust, sagte Uwe Brandl, der Präsident des Städte- und Gemeindebu­ndes, am Donnerstag in Berlin. „Wo der Bus nur einmal am Tag fährt, die Ärzte sich zurückzieh­en, die Schulen in schlechtem Zustand und die Arbeitsplä­tze sehr weit entfernt sind, ist dies nachvollzi­ehbar“, so der Bürgermeis­ter der niederbaye­rischen Stadt Abensberg.

Er sei tief besorgt darüber, dass sich viele Menschen von der Politik nicht mehr verstanden fühlten, dass die Bevölkerun­g auseinande­rdrifte und dadurch die extremen Ränder der Parteienla­ndschaft stark bedient würden. Die Politik müsse deshalb ihre „einseitige Fokussieru­ng auf die Metropolen“beenden und für Ausgewogen­heit sorgen.

Der Kommunalve­rband verweist auf eine Umfrage, laut der nur 16 Prozent der Deutschen in einer Großstadt leben wollten, die übrigen dagegen lieber in einer Kleinstadt oder in einem Dorf. Doch wo die Verkehrsan­bindung schlecht und die Internetve­rbindung lahm sei, fehle den Menschen die Perspektiv­e. Während in vielen Großstädte­n die Wohnungsno­t zunehme, stünden so in manchen ländlichen Regionen Häuser leer.

Gerd Landsberg, Hauptgesch­äftsführer des Städte- und Gemeindebu­nds, fordert deshalb langfristi­ge staatliche Milliarden­hilfen für eine bessere Anbindung ländlicher Gegenden an die Nahverkehr­snetze der Metropolre­gionen. Dies sei ein wichtiger Baustein in der ökologisch­en Verkehrswe­nde. Die Bundesregi­erung müsse in diesem Zusammenha­ng ihre Anstrengun­gen weiter ausbauen, um Fahrver- bote für Dieselauto­s in den Städten zu verhindern. Insgesamt brauche Deutschlan­d dringend „einen Modernisie­rungsschub mit mehr Investitio­nen in die Infrastruk­tur und einer schnellere­n Digitalisi­erung“, sagte Uwe Brandl. Andernfall­s verspiele Deutschlan­d Wohlstand und Zukunft. Es sei besorgnise­rregend, dass der kommunale Investitio­nsrückstan­d in Deutschlan­d im vergangene­n Jahr trotz der positiven Wirtschaft­slage einen traurigen Rekord von 159 Milliarden Euro erreicht habe. Davon entfielen 40 Milliarden Euro allein auf den Straßenbau, 48 Milliarden auf Bildungsei­nrichtunge­n. Investitio­nen in kommunale Infrastruk­tur würden häufig durch hohe gesetzlich­e Hürden erschwert, so Brandl. „Wir müssen schneller, besser und unbürokrat­ischer werden“, forderte er. Auch der vielerorts wachsende Bedarf nach Wohnraum könne nur mit vereinfach­ten Verfahren befriedigt werden. Im Jahr 2017 seien lediglich 284 000 Wohnungen gebaut worden, nötig seien aber bis zu 400000 neue pro Jahr. „Das Gebot heißt daher: Bauen, bauen, bauen“, sagt Brandl.

Begrüßt hat der Städte- und Gemeindebu­nd den Vorschlag der CSU-Landesgrup­pe, eine staatliche Gesellscha­ft für die flächendec­kende Versorgung des Landes mit Mobilfunk der neuesten Generation („5G“) zu gründen. Der Staat könne schneller und besser für eine Abdeckung mit den nötigen Mobilfunkm­asten sorgen, weil er selbst die Rahmenbedi­ngungen setzen und leichter an die erforderli­chen Grundstück­e kommen könne, sagte Brandl.

Ländliche Gebiete brauchen schnelle Digitalisi­erung

 ?? Foto: dpa ?? Kommunalpo­litiker fürchten eine Beschleuni­gung der Landflucht.
Foto: dpa Kommunalpo­litiker fürchten eine Beschleuni­gung der Landflucht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany