Landsberger Tagblatt

Auf den Geruch kommt es an

Interview Wotan Wilke Möhring spielt in der Neufassung des Erfolgsrom­ans „Das Parfum“von Patrick Süskind einen Staatsanwa­lt. Was er gerne riecht und was ihm stinkt. Und warum er Serien so schätzt

- Interview: Martin Weber

Herr Möhring, die Krimiserie „Parfum“war im vergangene­n Herbst ja bereits auf ZDFneo zu sehen. Nun kommt die Neufassung von Süskinds Weltbestse­ller ins ZDF. In ihr geht es, natürlich, ebenfalls um Gerüche – haben Sie denn eine feine Nase?

Wotan Wilke Möhring: Ja – eine feine Nase in Verbindung mit einem gesunden Bauchgefüh­l, würde ich sagen. Das gilt auch für Drehbuchst­offe, denke ich, und als mir diese Serie angeboten wurde, hatte ich auf jeden Fall ein gutes Gefühl.

Und wie ist das im wörtlichen Sinne mit der feinen Nase? Was riechen Sie gerne?

Möhring: Ganz klar: Meine Kinder, die Liebsten. Denn wenn man sie riechen kann, sind sie ganz nah, und das ist schön.

Verwenden Sie selber Parfum? Möhring: Nein.

Riechen Sie es wenigstens gerne an Frauen?

Möhring: Kommt darauf an. Aber die Bedeutung und Zukunft einer Beziehung entscheide­n sich ja sowieso immer erst dann, wenn man über den Status des Parfum-Riechens hinaus ist und den wahren Geruch des anderen wahrnimmt.

Den wahren Geruch?

Möhring: Ja, dieser eine, ganz spezielle und individuel­le Geruch, der jeden Menschen vom anderen unterschei­det. Auf den kommt es an. Dann entscheide­t sich, ob man sich wirklich riechen kann oder nicht.

Und was stinkt Ihnen?

Möhring: Im übertragen­en Sinne Ungerechti­gkeit, Dummheit und Hass. Ich mag keine Faulheit, Spießigkei­t und grausame Gleichgült­igkeit. Das sind alles Dinge, die mir stinken. Und im wörtlichen Sinne? Ein U-Bahnschach­t im Sommer, wenn einem da schon der Uringeruch entgegensc­hlägt. Oder alte Melonensch­alen, die den halben Tag in der Sonne gelegen haben. Obwohl der Mensch sich angeblich innerhalb von 15 Minuten an alle Gerüche gewöhnt, ist zum Beispiel Fäkalgesta­nk etwas, das ich wirklich nicht haben muss.

Das Publikum kennt Sie als „Tatort“-Kommissar, „Parfum“ist Ihre erste Serie. Was ist der Unterschie­d zu einem Film?

Möhring: Man hat ganz andere Möglichkei­ten, eine Figur in der Breite und auch in der Tiefe zu entwickeln. Man hat in einer Serie viel bessere Möglichkei­ten, einen Charakter zu vertiefen, weil man einfach in viel mehr Szenen Zustände und Motivation­en dieser Figur zeigen kann. Außerdem hat man bei einer Serie ganz andere Mittel beim Spannungsa­ufbau, es gibt viel mehr Wendungen: Immer wenn der Zuschauer denkt, er hat die Geschichte durchschau­t, kann man ihn doch wieder in die Irre führen.

Und warum sollte man sich nun Ihre Serie angucken?

Möhring: Weil sie unmittelba­r mit uns zu tun hat. Der Geruch entscheide­t ja oft darüber, was wir mögen und was wir nicht mögen. Wenn wir eine Essenz extrahiere­n könn-

ten, die uns beliebt macht, das wäre doch toll! Wir alle wollen doch geliked werden, und das auf allen Kanälen – ob wir das nun zugeben oder nicht. Dazu kommt, dass die Serie

einfach unglaublic­h spannend und fesselnd ist.

Die Gewaltdars­tellung ist aber ganz schön krass. Möhring: Das muss in diesem Fall aber so sein, denn wenn Sie bestimmte Inhalte erzählen wollen, Abgründe der Figuren erforschen, dann können Sie sich nicht davor drücken, eben diese auch zu zeigen. Der Serie liegt ja eine abgründige, morbide Geschichte zugrunde, die den Zuschauer in ihren Bann zieht.

Mit dem berühmten Buch von Patrick Süskind und der Verfilmung von Tom Tykwer hat die Serie nicht mehr viel zu tun.

Möhring: Mit der Grundidee schon, es geht auch in der Serie um das Phänomen des Geruchs. Ansonsten ist natürlich vieles anders, die Serie spielt anders als im Buch oder im Film in der Gegenwart. Aber auch in unserer Serie geht es um die klassische­n Themen wie Liebe oder Sehnsucht.

Was zählt für Sie im Leben? Möhring: Vor allem zählt in meinem Leben die Liebe, und damit meine ich das Lieben genauso wie das Geliebt-Werden. Außerdem ist das Lachen wichtig für mich, weil man vielen Situatione­n so besser begegnet, als wenn man einer Sache von vornherein negativ gegenübers­teht. Positiv bleiben, ist ganz wichtig, denn: Was wissen wir schon, wofür bestimmte Entscheidu­ngen auch in unserer eigenen Biografie letztlich gut oder auch schlecht sind, wo die tieferen Gründe liegen? Man kann nichts anderes machen, als mit ihnen umzugehen.

Gerade der „Tatort“kommt manchmal wie eine Predigt über Gut und Böse daher. Finden Sie es gut, wenn ein Film eine klare moralische Botschaft transporti­ert?

Möhring: Ich bin kein großer Fan vom erhobenen Zeigefinge­r. Aber gerade beim „Tatort“versuchen wir natürlich schon, soziale oder gesellscha­ftlich relevante Themen aufzugreif­en, weil wir ja mal mehr, mal weniger fiktionali­siertes Abbild der Gesellscha­ft sind. Da kann es schon zu Denkanstöß­en oder Bewusstsei­nsanregung­en kommen. Das ist aber nicht zwingend notwendig.

„Parfum“ist Teil einer neuen deutschen Serienoffe­nsive. Wie bewerten Sie diese?

Möhring: Rundum positiv, weil Serien eben ganz andere Möglichkei­ten haben als etwa Filme. Die Abkehr vom linearen Erzählen, die in Serien umgesetzt werden kann, ist einfach auch der Entwicklun­g der Sehgewohnh­eiten geschuldet, die sich enorm verändert haben. Es wurde für unsere großen Sender Zeit, da nachzuzieh­en. Und Filme zu schauen, wann und wo man es gerade will, ist auch eine technische Entwicklun­g, die eben Formate und Sehgewohnh­eiten geändert hat.

Wie geht’s eigentlich mit dem „Tatort“weiter, in dem Sie den Kommissar Thorsten Falke spielen?

Möhring: Den mache ich so lange weiter, bis Falke zum Dienst geschoben werden muss.

 ?? Foto: ZDF, Jakub Bejnarowic­z ?? Düster, sinnlich, auch brutal – so ist die Miniserie „Parfum“des Regisseurs Philipp Kadelbach. In der spielt Friederike Becht die Ermittleri­n Nadja Simon und Wotan Wilke Möhring den Staatsanwa­lt Grünberg.
Foto: ZDF, Jakub Bejnarowic­z Düster, sinnlich, auch brutal – so ist die Miniserie „Parfum“des Regisseurs Philipp Kadelbach. In der spielt Friederike Becht die Ermittleri­n Nadja Simon und Wotan Wilke Möhring den Staatsanwa­lt Grünberg.

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