Landsberger Tagblatt

Verschwund­en in Ägypten

Ein 18-Jähriger aus Gießen und ein 23-Jähriger aus Göttingen wollen ihre Großeltern in Kairo besuchen. Seitdem fehlt von den Deutschen jede Spur. Das Auswärtige Amt schlägt Alarm

- VON MARTIN GEHLEN

Über die Weihnachts­tage sind zwei junge Deutsche unabhängig voneinande­r bei ihrer Einreise nach Ägypten festgenomm­en worden und seitdem spurlos verschwund­en.

Ein 18-jähriger Gymnasiast aus Gießen, der seinen hochbetagt­en Großvater in Kairo besuchen wollte, wurde am 17. Dezember beim Umsteigen in Luxor in eine Maschine nach Kairo festgenomm­en. Ein 23-jähriger Student aus Göttingen, der zusammen mit seinem älteren Bruder ebenfalls die ägyptische­n Großeltern wiedersehe­n wollte, wurde am 27. Dezember abends bei seiner Ankunft in Kairo nach der Passkontro­lle von Beamten abgeführt. Sein Bruder dagegen blieb unbehellig­t und durfte einreisen. Er hat Ägypten inzwischen wieder verlassen. „Das Auswärtige Amt nimmt die beiden Vorgänge sehr ernst. Die Deutsche Botschaft Kairo steht in Kontakt mit den zuständige­n Behörden und den Angehörige­n und bemüht sich mit Nachdruck um Aufklärung“, hieß es dazu am Sonntag in Berlin.

Für beide Familien, die sich nicht kennen, waren die letzten Tage und Wochen ein Albtraum. Sie tappen im Dunkeln, hoffen auf ein Lebenszeic­hen der Verschwund­enen und fürchten um deren Schicksal.

Zu dem 18-Jährigen aus Gießen, dessen Handy seit seiner Festnahme abgeschalt­et ist, haben die Eltern überhaupt keinen Kontakt mehr. Bekannte der Familie jedoch wollen ihn in Luxor im Gewahrsam gesehen haben. Der 23-Jährige aus Göt- tingen, der an der Universitä­t Medina in Saudi-Arabien Islamwisse­nschaften studiert, ist ebenfalls wie vom Erdboden verschluck­t.

Beide befinden sich wahrschein­lich in den Händen der ägyptische­n Staatssich­erheit. Völlig unklar ist, warum die jungen Männer festgenomm­en wurden und was ihnen vorgeworfe­n wird. Ihre Familien haben bei der deutschen Polizei Vermissten­anzeige erstattet.

Die jungen Männer besitzen die deutsche Staatsange­hörigkeit und sind weitgehend in Deutschlan­d aufgewachs­en. Sie entstammen deutsch-ägyptische­n Familien und waren beide zuvor länger nicht mehr in Ägypten. Ihre Mütter sind Deutsche, ihre Väter Ägypter, die seit Jahrzehnte­n in Deutschlan­d leben. Der konsularis­che Schutz der Deutschen Botschaft Kairo allerdings greift für sie nicht in gleicher Weise wie für Deutsche. Denn Ägypten betrachtet jeden deutschen Passinhabe­r, der aus einer deutschägy­ptischen Familie stammt, als ägyptische­n Einheimisc­hen, für den nach Auffassung von Kairo die deutsche Diplomatie nicht zuständig ist.

In den vergangene­n Monaten verweigert­en Grenzbeamt­e mehreren Ägyptern mit deutschem Pass, die ihre Angehörige­n am Nil besuchen wollten, die Einreise. Anders als bei den beiden jüngsten Fällen jedoch wurden die Betroffene­n lediglich über Nacht in einer Polizeizel­le des Kairoer Flughafens festgehalt­en und gezwungen, am nächsten Morgen nach Deutschlan­d zurückzufl­iegen.

 ?? Foto: Samer Abdallah, dpa ?? Blick über Kairo: Die beiden jungen Männer, die in Ägypten verschwand­en, besitzen die deutsche Staatsange­hörigkeit. Sie befinden sich wahrschein­lich in den Händen der ägyptische­n Staatssich­erheit. Völlig unklar ist, was ihnen vorgeworfe­n wird.
Foto: Samer Abdallah, dpa Blick über Kairo: Die beiden jungen Männer, die in Ägypten verschwand­en, besitzen die deutsche Staatsange­hörigkeit. Sie befinden sich wahrschein­lich in den Händen der ägyptische­n Staatssich­erheit. Völlig unklar ist, was ihnen vorgeworfe­n wird.

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