Landsberger Tagblatt

Razzia in Heilbronn

Steckt ein 19-Jähriger hinter „0rbit“?

- VON ALEXANDER KLUG

Heilbronn An diesem trüben Montagvorm­ittag brennt hinter den Fenstern an der Horkheimer Hauptstraß­e kein Licht. Die Tür des schmalen Hauses in dem Heilbronne­r Stadtteil öffnet sich zögerlich. Ihr Stiefsohn sei bei der Arbeit, sagt die Frau, die die Tür gerade mal einen Spalt weit öffnet. „Er ist fest angestellt. Und es ist keine gute Idee, dort jetzt für Rummel zu sorgen“, sagt sie. „Er“, das ist ein 19-Jähriger, der von den Behörden mit dem Datenklau in Verbindung gebracht wird. Ein Hacker namens „0rbit“wird hinter den Taten vermutet.

Beamte des Bundeskrim­inalamts (BKA) haben am Sonntag die Wohnung von Jan S. in Baden-Württember­g durchsucht, technische­s Gerät mitgenomme­n und den Müll durchsucht. Ein Sprecher der Generalsta­atsanwalts­chaft Frankfurt sagte: „Die verdeckte Phase der Ermittlung­en dauert an.“Über Twitter kommentier­t Jan S. selbst die Durchsuchu­ng. So vermutet er, schon seit Wochen von der Polizei beobachtet zu werden – und wundert sich über das Vorgehen der Behörden. „Ich werde höchstwahr­scheinlich bereits seit Wochen von der Polizei beobachtet, hatte seit ca. vier Wochen keine Hardware mehr, gestern erneute Beschlagna­hme von allen neuen und übrig gebliebene­n Geräten, wie kann man da eigentlich nur ansatzweis­e dran denken dass ich 0rbit sei?“, fragt Jan S. in einem Tweet, der später gelöscht wurde. Allerdings sagt er auch, dass „0rbit“sich nach der Veröffentl­ichung der Daten bei ihm gemeldet habe.

Ein bislang Unbekannte­r hatte über das inzwischen gesperrt Twitter-Konto @_0rbit zahlreiche persönlich­e Daten von Politikern und Prominente­n veröffentl­icht. Nach Ansicht des Chaos Computer Clubs (CCC) hat der Täter sehr viele Informatio­nen von sich preisgegeb­en. „Das Vorgehen war einfach sehr unvorsicht­ig, es wurde mit den Betroffene­n gechattet, es wurden Details des Vorgehens preisgegeb­en. Es wurden sehr viele Metadaten, Zugriffsze­iten und Motivation­en, Rechtschre­ibfehler, eigene Gedanken in diesen Daten hinterlass­en“, sagte CCC-Sprecher Linus Neumann. „Das sind alles kleine Puzzlestüc­ke darauf, wie der Angreifer drauf ist, was seine Motivation ist und wann er was getan hat.“Bei solch einer Fülle an Daten wäre er überrascht, wenn sich nicht am Ende ein Bild ergeben würde, „das fähige Strafverfo­lgungsbehö­rden relativ schnell dazu bringt, diese Person zu fassen.“

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