Landsberger Tagblatt

Traumschif­f in schwerer See

Die nächsten Dreharbeit­en stehen an, aber immer noch ist kein neuer Kapitän in Sicht. Den Gerüchten zufolge könnte bald Hardy Krüger jun. auf der Brücke stehen. Doch ist er geeignet?

- VON MARKUS BÄR

Augsburg Au weia, die Zeit wird langsam knapp. Das „Traumschif­f“droht führungslo­s auf den Weltmeeren verloren zu gehen. Fast eine nationale Katastroph­e. Man stelle sich vor: Die Dreharbeit­en für den nächsten Teil der ZDF-Endlosseri­e, Nummer 84, stehen in der kommenden Woche an – und es gibt immer noch keinen Kapitän. Das berichtete die Bild am Sonntag. Dem Vernehmen nach soll zwar Hardy Krüger junior, lange Zeit eher auf der Kommandobr­ücke des Forsthause­s Falkenau tätig, bereitsteh­en, auf dem berühmtest­en Kreuzfahrt­schiff unseres Landes die Befehle zu geben. Aber ist er dieser Herkulesau­fgabe gewachsen?

Kapitän auf dem „Traumschif­f“zu sein, das ist schließlic­h nicht irgendein Job. Denn es geht nicht nur um nautische Sachkunde. Um ausgezeich­netes Benehmen. Würde, Eleganz, Charme. Tisch- und Parkettsic­herheit auch im Angesicht eines aufziehend­en Hurrikans. Es geht um viel mehr. Das „Traumschif­f“ist Teil der bundesrepu­blikanisch­en Kultur geworden – freilich auf belletrist­ischer Ebene. Aber nichtsdest­otrotz Sehnsuchts­ort von Millionen von Menschen. Und der dieses national bedeutsame­n Sehnsuchts­ortes muss eine fast schon präsidiale Ausstrahlu­ng aufweisen. Er kommt – sozusagen vom Protokoll her – kurz nach FrankWalte­r Steinmeier, zwölfter Bundespräs­ident.

Für das „Traumschif­f“wird aktuell der fünfte Kapitän gesucht. Eine solide Konstanz, bedenkt man, dass das Kreuzfahrt­schiff bereits seit 1981 seine Leinen losmachen lässt. Der gebürtige Dortmunder Günter König stellte in der ersten Staffel in den Jahren 1981 und 1982 Kapitän Braske dar. Er war damals Mitte 50. Mit Beginn der zweiten Staffel im Jahre 1983 wurde er von Heinz Weiss abgelöst, der in der Rolle des Heinz Hansen bis 1999 den Kapitän spielte. Als Weiss an Deck kam, war er Anfang 60. Und der unvergesse­ne, gebürtige Landsberge­r Siegfried Rauch ging sogar schon auf die 70 zu, als er in der Rolle von Kapitän Jakob Paulsen die Führung übernahm. Allen dreien war eines nicht abzusprech­en: Das Präsidiale, das Kapitänsvä­terliche war ihnen absolut zu eigen.

Bei Sascha Hehn als Kapitän Nummer 4 war die Sache schon etwas schwierige­r. Was nicht am Alter liegt: Der gebürtige Münchner war um die 60, als er ans Ruder kam. Aber natürlich war er in der Anfangszei­t des „Traumschif­fs“zunächst einmal kein Führungsof­fizier, sondern Chefstewar­d – mit einer gewissen Neigung zum schönen Geschlecht. Nichts gegen Chefstewar­ds und Neigungen für alles Schöne, was das Leben zu bieten hat. Nein, nein. Aber fürs Präsidiale taugt eine derartige Vorgeschic­hte nur bedingt. Und, ach ja: War Alexander Josef Alberto Hehn, so sein richtiger Name, in den Siebzigern nicht auch in so anspruchsv­ollen Literatur-Verfilmung­en wie „SchulKapit­än mädchen-Report“, „Mädchen beim Frauenarzt“und „Blutjung und liebeshung­rig“zu sehen? Hehn blieb denn auch als Kapitän Victor Burger nur vier Jahre auf der Brücke.

Wie man sieht, ist das Kapitänspa­tent nicht unbedingt für jeden geeignet. Hardy Krüger jun. wird heuer gerade einmal 51 Jahre alt, der Altersschn­itt der ZDF-Zuschauer wird aber inzwischen auf über 60 angesiedel­t. Die Fernseh-Konsumenti­n dieses Alters mag ja knackige jüngere Darsteller durchaus und mit Recht sehenswert finden. Aber bitte nicht als Traumschif­fkapitän (siehe Stellenbes­chreibung zu Beginn des Textes). Und für die männlichen Zuschauer über 60 wäre ein aus ihrer Warte junger Hüpfer, für den die Ehefrau ins Schwärmen geraten könnte, womöglich ein Grund, dem Bildschirm demonstrat­iv fernzublei­ben. Das kann niemand beim ZDF wollen.

Muss man in Mainz also völlig neu denken? Oder sollte am Ende mal eine Frau auf die Brücke? Schwere See, kann man da nur sagen, schwere See ...

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Foto: Dietmar Hasenpusch, dpa Das Traumschif­f wird seit 2015 auf der „Amadea“gedreht. Die „Deutschlan­d“, ab 1999 als Traumschif­fdrehort im Einsatz, stand aufgrund der Insolvenz der Betreiberg­esellschaf­t nicht mehr zur Verfügung.
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Günter König
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Heinz Weiss
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Siegfried Rauch
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Sascha Hehn
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Hardy Krüger jun.

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