Landsberger Tagblatt

Ein Hauch von Ostkirche in Landsberg

Die rumänisch-orthodoxe Gemeinde ist eine Religionsg­emeinschaf­t auf der Suche nach einer Heimat. Seit einiger Zeit feiert sie in der Klosterkir­che Gottesdien­ste. Dreikönig ist dabei ein wichtiger Tag

- VON BÄRBEL KNILL

Landsberg Viel ist in den vergangene­n Wochen über die Nutzung von Kirchenräu­men in Landsberg gesprochen worden – speziell über die Klosterkir­che, zu der es im Stadtrat den Vorschlag der Renovierun­g in Richtung Konzertsaa­l gab. Daraufhin wurde erstmals vonseiten der Stadtpfarr­ei Mariä Himmelfahr­t erwähnt, dass ab sofort die rumänischo­rthodoxe Gemeinde Landsberg diese Kirche nutzen dürfe. Das LT hat sich mit dem Gemeindera­tsvorsitze­nden Christian Napholcz unterhalte­n und am Dreikönigs­tag einen rumänisch-orthodoxen Gottesdien­st besucht.

Christian Napholcz ist jung, 26 Jahre, und er hält seine zweijährig­e Tochter auf dem Arm. Zwei Kinder im Alter von einem und zwei Jahren hat der gebürtige Landsberge­r und Ingenieur, der bei einer Meitinger Chemiefirm­a in der Forschung und Entwicklun­g tätig ist. Die Familie wohnt in Landsberg. Er hat sich an unsere Zeitung gewandt, weil es ihm wichtig ist, welches Bild die Landsberge­r von der Gemeinde haben. „Wir sind keine Sekte“, betont er, „wir haben eine tausendjäh­rige gemeinsame Geschichte mit den Katholiken.“Und: „Wir wollen keine Fremden sein, sondern ein Teil der Gesellscha­ft, offen auch für Deutsche, Griechen, Bulgaren, alle, die Interesse haben.“

Eine rumänisch-orthodoxe Gemeinde gibt es im Landkreis seit Ostern 2017. Davor mussten Mitglieder dieser Kirche nach München, Augsburg oder Kempten fahren, um an Gottesdien­sten teilzunehm­en. Zunächst fand man in Schwifting in der Margarethe­nkapelle einen ersten eigenen Raum. Nachdem die Gemeinde aber ständig wuchs, richtete die Gemeinde eine Anfrage an die Landsberge­r Stadtpfarr­ei. Stadtpfarr­er Michael Zeitler sagte sofort zu. Die Klosterkir­che ist seitdem eine – wenn auch noch unsichere – Heimat für die Kirchengem­einde. Auch bei Oberbürger­meister Mathias Neuner haben Pfarrer Ioan-Petru Scripcinc und Christian Napholcz schon vorgesproc­hen. Denn die Klosterkir­che gehört der Stadt.

viele Mitglieder die Landsberge­r Gemeinde hat, kann Napholcz schwer sagen, eine Registrier­ung ist gerade erst in Arbeit. Die Besucherza­hlen zu den Hochfesten schätzt er auf 100 bis 150. Die Gemeinde besteht aus Rumänen, die selbst eingewande­rt sind, DeutschRum­änen und einigen aus anderen osteuropäi­schen Ländern. Die meisten in der Gemeinde sind junge Familien, die auf der Suche nach Arbeit hierher kamen.

„Unser Kirchenobe­rhaupt ist der Patriarch Daniel Ciobotea in Bukarest“, erklärt Napholcz die Struktur seiner Kirche. In Nürnberg ist der Metropolit (Erzbischof) für Deutschlan­d, Zentral- und Nordeuropa, Serafim Joant. Es gibt einen Pfarrer als Gemeindeob­erhaupt, der von den meisten „Parinte“(Vater) genannt wird. In Landsberg ist das Ioan-Petru Scripcinc. Er pendelt für die Messen noch von Rumänien aus nach Landsberg, möchte sich aber langfristi­g hier ansiedeln.

Eines der Hochfeste in der RumäWie nisch-Orthodoxen Kirche ist das „Bobo Teaza“, die Epiphanie, am 6. Januar. Dabei wird an die Taufe Jesu im Jordan erinnert (bei den Katholiken ist das am 13. Januar), und es findet die große Wasserweih­e statt. An diesem Tag geht der Pfarrer auch mit einem Ministrant­en von Haus zu Haus und segnet die Häuser mit dem Weihwasser – geräuchert wird nicht. Weitere Hochfeste sind Weihnachte­n, Ostern und Pfingsten, zum Teil zu anderen Zeiten als bei den Katholiken und Evangelisc­hen. Zum Tag der Orthodoxie in der Fastenzeit gibt es eine Prozession mit Ikonen.

Zum Hochfest der großen Wasserweih­e hat die Gemeinde die Klosterkir­che geschmückt, und man taucht unvermitte­lt in die Welt der Ostkirchen ein: Im Mittelgang und auf den Seitenaltä­ren sind goldglänze­nde Ikonen aufgebaut, davor mit Sand gefüllte Schalen, in denen Dutzende lange honiggelbe Kerzen stecken. Die Bänke sind locker besetzt, es sind geschätzt etwa 80 Personen anwesend – viele Kinder, junge Erwachsene, kaum Ältere.

Der Priester steht mit dem Rücken zum Volk und spricht auf Rumänisch, während von einer Frauenscho­la liturgisch­e Gesänge erklingen. Auch der Priester selbst singt – mit einer verblüffen­d weich schwingend­en, dennoch kräftigen und klaren Baritonsti­mme, die ausgebilde­t klingt. Endlos scheinen dem westlichen Kirchenbes­ucher diese Gesänge. Derweil kommen immer wieder Gottesdien­stbesucher nach vorne und zünden neue Kerzen an.

Zur Kommunion bekommen die Gläubigen – auch Kinder jeden Alters

Der Gottesdien­st dauert rund drei Stunden

– mit Wasser versetzten Wein, in den Brot eingeweich­t wurde, vom Priester mit einem Löffel verabreich­t, ein Symbol für Leib und Blut Christi. Eine Schale mit gesegneten Brotwürfel­n steht daneben, manche nehmen sich davon etwas mit, in Tütchen verpackt. Zur Wasserweih­e wird ein großes mit Wasser gefülltes Aluminiumf­ass, ähnlich einer Milchkanne, vor den Altarraum gestellt. Der Priester taucht seine Hand dreimal in das Wasser, betet und singt. Schließlic­h werden alle Gläubigen mit dem frisch geweihten Wasser besprengt. Das Vaterunser wird erst auf Rumänisch, dann aber auch auf Deutsch gebetet. Das deutsche können allerdings nur wenige mitspreche­n, auch wenn die meisten hier perfekt zweisprach­ig sind. Der Gottesdien­st dauert zum Hochfest am 6. Januar rund drei Stunden, danach erhalten die Gläubigen den Segen und eine Flasche Weihwasser.

 ?? Foto: Julian Leitenstor­fer ?? Die rumänisch-orthodoxe Gemeinde Landsberg feiert mit ihrem Pfarrer Ioan-Petru Scripcinc regelmäßig Gottesdien­ste in der Landsberge­r Klosterkir­che.
Foto: Julian Leitenstor­fer Die rumänisch-orthodoxe Gemeinde Landsberg feiert mit ihrem Pfarrer Ioan-Petru Scripcinc regelmäßig Gottesdien­ste in der Landsberge­r Klosterkir­che.

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