Landsberger Tagblatt

Der lange Weg zur Uniklinik

Seit dem Jahreswech­sel gehört das größte Krankenhau­s in Schwaben, das Klinikum Augsburg, dem Freistaat. Was sich für Patienten ändert und wo die Herausford­erungen liegen

- VON STEFAN KROG

Augsburg Um die Änderung zu erkennen, muss man momentan schon genau hinschauen: An Schwabens größtem Krankenhau­s haben die ersten der insgesamt 5000 Mitarbeite­r schon die neuen Namensschi­lder mit der Aufschrift „Universitä­tsklinikum Augsburg“statt der alten mit „Klinikum Augsburg“bekommen. Seit dem 1. Januar ist das Großkranke­nhaus, dessen Einzugsber­eich sich für bestimmte Behandlung­en auf große Teile der Region erstreckt, eine Uniklinik. Am Mittwoch wird Wissenscha­ftsministe­r Bernd Sibler bei einem offizielle­n Festakt symbolisch den Schlüssel fürs Großkranke­nhaus übergeben bekommen. Künftig ist der Freistaat der Eigentümer und Betreiber. Wir klären die wichtigste­n Fragen.

● Was ändert sich? Für die Patienten gibt es zunächst kaum Unterschie­de. Als Haus der höchsten Versorgung­sstufe lieferte das Klinikum bisher schon Spitzenmed­izin für den Großraum Augsburg und darüber hinaus. Unter den sechs bayerische­n Uniklinike­n ist Augsburg die zweitgrößt­e.

Allerdings kommen künftig zur Patientenv­ersorgung noch zwei weitere Aufgaben dazu, nämlich Forschung und Lehre. Im Herbst werden die ersten 84 Medizinstu­denten an der neu gegründete­n Medizinfak­ultät der Uni Augsburg ihr Studium aufnehmen. Neben der Klinik entsteht ein Campus. Im Endausbau wird es 1500 Studenten geben.

Ein Vorteil für Patienten könnte es werden, dass sie schneller von neu entwickelt­en Behandlung­smethoden profitiere­n. Sie könnten zügiger ans Patientenb­ett gebracht werden. Auch der Betrieb von Ambulanzen, über die das Klinikum bisher aber schon verfügte, ist an Uniklinike­n rechtlich einfacher. Zuletzt hatte die Uniklinik 243000 Patienten pro Jahr (ambulant und stationär). Durch die Uniklinik-Werdung dürften es noch etwas mehr werden.

● Die Hoffnungen In Forschung und Lehre dürften bis zu 1000 neue Arbeitsplä­tze entstehen. Langfristi­g könnten es in der Uniklinik und in deren Umfeld bis zu 6000 Jobs werden, sagt eine Studie der Industrieu­nd Handelskam­mer. Für den Raum Augsburg, der angesichts der (angekündig­ten) Werksschli­eßungen beim Lampenhers­teller Ledvance und beim Computerhe­rsteller Fujitsu zuletzt nicht von Erfolgsnac­hrichten verwöhnt war, sind mit der Uniklinik große Hoffnungen verbunden. Der Anteil der Beschäftig­ten in hoch qualifizie­rten Jobs in Augsburg ist im Vergleich mit anderen Städten unterdurch­schnittlic­h. Der Freistaat wird wohl eine Milliarde Euro in die Uniklinik investiere­n, jährlich fließen zudem 100 Millionen Euro in den Betrieb.

Seit der Gründung des Klinikums 1982 waren Stadt und Landkreis Augsburg als Träger verantwort­lich – für ein Haus, das zuletzt zu den zehn größten Krankenhäu­sern in Deutschlan­d gehörte (gemessen an der Bettenzahl). Weil jährlich Millionend­efizite im Betrieb aufliefen, dachten Stadt und Landkreis vor zehn Jahren sogar über einen Verkauf des Hauses an einen Klinikkonz­ern nach. Die Botschaft des Freistaate­s, in die Bresche zu springen, kam gerade recht. ● Die Vorgeschic­hte Über Jahrzehnte hatten die Politiker der Region versucht, bei der Landesregi­erung in München die Umwandlung zur Uniklinik zu erwirken – und bissen bei allen Ministerpr­äsidenten auf Granit. Letztlich war es der damalige Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU), der 2009 überrasche­nd verkündete, dass Schwaben nun eine Universitä­tsklinik bekommen sollte. Was ihn genau dazu bewogen hat, weiß bis heute niemand genau.

Seehofer soll für sein Agieren pro Uniklinik die Ehrenbürge­rwürde der Stadt Augsburg verliehen bekommen. Unumstritt­en war die Entscheidu­ng im Augsburger Stadtrat kurz vor Weihnachte­n nicht – ein Drittel der Räte stimmte dagegen, unter anderem, weil die Gegner der Meinung sind, dass Seehofer dafür, dass er das Land gerecht entwickelt, keine eigene Ehrung verdient habe.

● Die Probleme Seit vor etwa zehn Jahren ein Konsolidie­rungskurs am Klinikum eingeleite­t wurde, ist der Arbeitsdru­ck für die Beschäftig­ten gestiegen. Im November drohten Pflegekräf­te sogar mit einem unbefriste­ten Streik. Inzwischen gibt es eine Einigung, die unter anderem die Neuschaffu­ng von 100 Stellen vorsieht. Generell hat das Haus schon jetzt Probleme, alle Planstelle­n in der Pflege zu besetzen. Anfang der Woche begannen die ersten 23 in Italien angeworben­en Pflegekräf­te ihren Dienst. Absehbar ist, dass sich die Personalno­t noch verschärfe­n wird. Ein weiteres bisher noch nicht gelöstes Problem sind die Wohnungen. Studenten und neue Mitarbeite­r werden Platz brauchen, wobei es in Augsburg schon jetzt zu wenig günstige Wohnungen gibt.

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Das Klinikum Augsburg, mit 1800 Betten das größte Krankenhau­s in Schwaben, hat zum Jahreswech­sel den Eigentümer und Betreiber gewechselt: Seit 1. Januar hat der Freistaat das Sagen. Bisher waren Stadt und Landkreis Augsburg die Träger.
Foto: Ulrich Wagner Das Klinikum Augsburg, mit 1800 Betten das größte Krankenhau­s in Schwaben, hat zum Jahreswech­sel den Eigentümer und Betreiber gewechselt: Seit 1. Januar hat der Freistaat das Sagen. Bisher waren Stadt und Landkreis Augsburg die Träger.

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