Landsberger Tagblatt

Beklemmend

Fünf Mädchen sind bei einem Feuer in einem polnischen „Escape Room“gestorben. In Schwaben sind die Sicherheit­svorkehrun­gen schärfer, sagen hiesige Betreiber

- VON BIRGIT SCHINDELE

Die Lüftung dröhnt. Das Licht ist grell. An manchen Stellen leuchtet es neongrün. Die Wände strahlen weiß und der Boden ist kahl im Bunker „Zone 13“des Augsburger Fluchtspie­ls „Escape Game“. Das Szenario wirkt beklemmend, wie im Gefängnis. Doch von den zwei Türen im Raum ist während des Spiels nur eine verschloss­en. „Zurück kann man immer“, sagt Mascha Kotova, Gestalteri­n des Bunkers. Nicht bei allen Anbietern des weltweit beliebten Fluchtspie­ls bleibt ein Ausgang offen. Im polnischen Koszalin etwa waren die Türen verriegelt, als ein Feuer in einer Spielstätt­e ausbrach. Der Fluchtweg war versperrt. Das kostete fünf 15 Jahre alten Mädchen das Leben.

Die Grundidee des Abenteuers­piels: Eine Gruppe versucht, aus einem geschlosse­nen Raum zu entkommen. Sie muss dafür unter Zeitdruck verschiede­ne Aufgaben schaffen. Je nach Szenario lösen Spieler einen Mordfall, befreien eine Geisel oder finden einen Schatz. Auch in Bayern gibt es solche besonderen Räume für Rätsel-Fans. „Aber bei uns kann ein solches Unglück nicht passieren“, sagt Mascha Kotova. „Die Eingangstü­ren sind nie verrie- Um das Spiel jedoch zu meistern, muss die nächste verschloss­ene Tür mithilfe des Rätsels geöffnet werden – deswegen nutzen Spieler den offenen Eingang nicht.

Anders als in Augsburg schließen die magnetisch­en Türen im Günzburger „House of Riddle“, sobald die Gruppe den Raum betritt, sagt Betreiber Christian Zech. Neben jeder Tür befinde sich aber eine Notfalltas­te – auf Knopfdruck können Gäste jederzeit raus. Und in Memmingen hängt in jedem Raum ein Schlüssel neben der Tür. Im Ernstfall gibt es einen Notausgang über ein Fenster. „Und auf Wunsch lassen wir die Tür auch auf“, sagt „Allgäu Escape“-Sprecherin Anja Walz.

Der Reiz des Spiels ist, sich aus eigener Kraft zu befreien. Als zusätzlich­er Nervenkitz­el dienen oft unheimlich­e Szenarien. Wie etwa im Augsburger „Escape Game“im Raum „Zone 13“. Gäste befinden sich nach einer fiktiven nuklearen Katastroph­e in einem 40 Quadratmet­er großen Bunker. Er besteht aus drei Räumen. Sie müssen beispielsw­eise Essen finden. Das wirkt auf den ersten Blick unmöglich.

Aber wirklich hilflos oder nur auf sich gestellt sind die Gäste bei der Lösung des Rätsels keineswegs: An der Decke hängen Kameras. „Wir sehen und hören die Spieler“, sagt Kotova. In dunklen Räumen über Infrarot-Kameras. Für jedes Spiel stehen in einem Büro drei Monitore, ein Mikrofon und Kopfhörer bereit. Ein Spielleite­r beobachtet den Verlauf, gibt Tipps und greift im Notfall ein. Und das „zu jeder Zeit und sofort“, sagt auch Patrick Heidenreic­h, Geschäftsf­ührer der „Escape Rooms“in Neu-Ulm. Wie bei den anderen Betreibern können Mitarbeite­r per Notschalte­r alle Türen öffnen und sind für Brandfälle geschult, die Gäste aus dem Gebäude zu begleiten.

Die schwäbisch­en Betreiber sind sich einig: Ein Unglück wie in Polen gäbe es auch aus einem anderen Grund nicht. Denn in deutschen Spielstätt­en sind zwei Fluchtwege vorgeschri­eben, in Polen gab es offenbar nur einen. Nach Erkenntnis­sen der polnischen Staatsanwa­ltschaft versperrte­n in Koszalin mehrere Gasheizger­äte diesen Fluchtweg – aus einem der Behälter war Gas entwichen und hatte sich entzündet. Als Reaktion auf die Brandkatas­trophe wurden im Land nun 26 der 1100 Spielräume geschlosse­n.

Auch hierzuland­e wirkt sich der Vorfall aus, sagt Betreiber, Christian Zech und verweist auf ein Schreiben der Stadt Günzburg. „Nächste Wogelt.“ che wird der Brandschut­z nochmals überprüft.“

Und das, obwohl Betreiber bereits, um einen „Escape Room“zu eröffnen, strengen Auflagen, etwa beim Brandschut­z, unterliege­n. Manche Städte fordern sogar zusätzlich­e Sicherheit­en, sagt Mascha Kotova, etwa Augsburg. „Escape Game“betreibt neben Augsburg auch Filialen in München, Bielefeld und Innsbruck. In Memmingen hängen sogar Feuerlösch­er in jedem Raum.

Im Küstenort Koszalin haben Trauernde inzwischen Lichter vor das „Escape Room“-Gebäude gestellt. Der 28-jährige Betreiber sitzt in Arrest. Er muss sich wahrschein­lich unter anderem wegen fahrlässig­er Tötung verantwort­en. Ihm drohen bis zu acht Jahre Haft.

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Ein Unglück wie in Polen halten Betreiber in Schwaben für undenkbar. Im Augsburger „Escape Game“etwa (Foto) können Mitarbeite­r über einen Notfallsch­alter alle Türen öffnen und darüber hinaus Gäste den Spielraum jederzeit über die Eingangstü­r wieder verlassen – wie beispielsw­eise im Bild links.
Foto: Michael Hochgemuth Ein Unglück wie in Polen halten Betreiber in Schwaben für undenkbar. Im Augsburger „Escape Game“etwa (Foto) können Mitarbeite­r über einen Notfallsch­alter alle Türen öffnen und darüber hinaus Gäste den Spielraum jederzeit über die Eingangstü­r wieder verlassen – wie beispielsw­eise im Bild links.
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Foto: dpa Viele Menschen trauern im polnischen Koszalin um die Brandopfer.

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