Wenn der Schneepflug die Arbeit kaputt macht
Das Ehepaar Wagner beschwert sich bei der Stadt. Sie hat einen ungewöhnlichen Rat
Der Anlieger hat den Gehsteig sauber geräumt, dann kommt der Schneepflug der Stadt, und auf dem Gehsteig liegt nun auch noch der Schnee, der von der Straße weggeräumt wurde. Die Räumpflicht kann so zur doppelten Last werden, vor allem am vergangenen Wochenende, als der Schnee aufgrund der milden Wetterlage außergewöhnlich schwer war. Rudolf Wagner, über 60 und an den Folgen eines Schlaganfalls leidend, aus der Pössinger Straße hatte dazu nicht die Kraft. »Kommentar Seite 27
Seine Frau und er räumten täglich vorbildlich den Bürgersteig vorm Haus – bis Samstagabend, schrieb Wagner am Montagabend Oberbürgermeister Mathias Neuner. Dann beförderte „ein Räumfahrzeug des städtischen Bauhofs mit vollem Speed und messerscharf an der Bordsteinkante fahrend den ganzen nassen Schnee der Pössinger Straße auf unseren sauber geräumten Bürgersteig“. Jetzt fragten er und seine Frau sich, wie der Schnee da wieder wegkomme.
Der Schnee sei hart und schwer und mit Muskelkraft fast nicht zu schaufeln. Und überhaupt stelle sich die Frage wohin damit. An den Fahrbahnrand zu räumen sei nicht möglich, denn da parkten inzwischen wieder Autos und über die eigene drei Meter hohe Gartenhecke könne er auch nicht geworfen werden.
Die Wagners sehen, wie sie schreiben, die Stadt am Zug: „Wir gehen davon aus, dass nach dem Verursacherprinzip die Stadt den Schnee, den sie auf unseren Bürgersteig befördert, dort auch wieder wegräumt.“
Die Stadt sieht die Angelegenheit jedoch anders. Die primäre Pflicht des Winterdienstes sei es, die Straßen freizuhalten, antwortet die Pressestelle auf eine Nachfrage des
LT. Schnee auf die Fahrbahn zurückzuräumen, um den Gehweg wieder frei zu kriegen, erlaube die städtische Winterdienstverordnung nicht. Eis und Schnee dürften nur am Rand des Gehwegs gelagert werden, und zwar nur so weit, dass der frei geräumte Weg mindestens einen Meter breit ist. Und wenn der Platz dafür nicht ausreicht? Auch diesen Fall berücksichtigt die Verordnung: Dann solle der Schnee auf das eigene Grundstück gebracht werden.
Die Beschwerde der Wagners war übrigens nicht die einzige seit dem Wintereinbruch am Ende der vergangenen Woche. „Wir hatten noch eine weitere schriftliche, ähnliche Beschwerde“, berichtete StadtSprecherin Simone Sedlmair, und es gab auch einzelne telefonische Beschwerden – die Gründe seien ganz unterschiedlich gewesen: „Entweder war die Straße nicht geräumt, zu spät geräumt oder zu früh geräumt und die Anwohner durch das Fahrzeug geweckt.“Allgemein erklärt Sedlmair zur Arbeitsweise der Winterdienst-Mitarbeiter: Seit dem Wochenende seien sie im Dreischichtbetrieb ab 3 Uhr im Einsatz. Die Schneepflug-Fahrer räumten den Schnee so weit möglich an die Stellen, an denen er nicht stört oder behindert.
Allerdings: „Bei wachsenden Schneemassen wie in den vergangenen Tagen wird dies ein zunehmendes Problem, gerade wenn auch noch Flächen von parkenden Autos belegt sind.“Da lasse es sich nicht immer vermeiden, dass neben dem Schneepflug Schnee liegen bleibe oder auch Einfahrten beeinträchtige. Die Probleme könnten sich also aufgrund der angekündigten weiteren Schneefälle verschärfen. Wird dann Schnee aus der Stadt gefahren? „Das ist nicht möglich“, heißt es dazu von der Stadt.
Und wie ist nun das Schneeproblem vor dem Grundstück der Wagners gelöst worden? „Dieses Mal hat uns ein Freund mit einer Maschine den Gehweg geräumt“, erzählte Karin Wagner gestern.
Parkende Autos verschärfen diesen Platzmangel