Landsberger Tagblatt

Gut durch den Winter kommen

Es schneit. Schon muss der Gehweg geräumt werden, auf dem Weg zur Arbeit staut sich der Verkehr – und drohen nicht im Haus die Leitungen einzufrier­en? Neun Tipps gegen das Chaos in der kalten Jahreszeit

- VON BERRIT GRÄBER

Augsburg Schneechao­s im Süden, Sturm im Norden, Kälte überall: Der Winter macht Ernst. Und sofort kommen Fragen auf wie: Was ist, wenn ich zu spät zur Arbeit komme? Wer muss bei Schnee und Eis ran, Mieter oder Vermieter? Wer haftet, wenn Fußgänger auf glatten Gehwegen stürzen, gelockerte Ziegel oder Schneebret­ter Passanten verletzten, Wasserleit­ungen platzen? Auch die gutmütigst­en Chefs und die besten Versicheru­ngspolicen ersparen es Millionen Bundesbürg­ern nicht, sich rechtzeiti­g zu kümmern, damit Probleme gar nicht erst entstehen, mahnt Bianca Boss, Sprecherin des Bundes der Versichert­en (BdV), zur Vorsicht. Neun Tipps für den Winter.

1 Zeitig aus den Federn Grundsätzl­ich ist es Sache der gut 37 Millionen Beschäftig­ten, wie sie zur Arbeit kommen, heißt es beim Deutschen Gewerkscha­ftsbund. Jeder Einzelne schulde pünktliche­s Erscheinen – wie er das erreicht, ist nicht Problem des Arbeitgebe­rs. Auch wenn Chefs häufig großzügig reagieren: Bei Verspätung entfällt normalerwe­ise der Lohnanspru­ch – ob der Zuspätkomm­er etwas dafür kann oder nicht. Ist ein Wintereinb­ruch angekündig­t, fallen Busse und S-Bahnen witterungs­bedingt aus, ist es ratsam, schneller als sonst aus den Federn zu kommen, zeitiger loszufahre­n oder mindestens eine S-Bahn früher zu nehmen.

2 Schneeschi­ppen ist Pflicht Sind in einem Mehrfamili­enhaus die Mieter laut Mietvertra­g mit dem Winterdien­st dran, sind sie bei Schnee und Eis sofort in der Pflicht, zur Schneeschi­ppe zu greifen. Wann und wie oft bei Wintereinb­ruch Schaufel und Streugut hervorgeho­lt werden müssen, legen die Städte und Gemeinden fest. Winterdien­st muss in der Regel ab 7 Uhr geleistet werden, an Sonn- und Feiertagen ab 8 Uhr, allerspäte­stens aber bis um 9 Uhr. Streu- und Räumpflich­t besteht bis 20 Uhr am Abend, je nach Wetter mehrmals am Tag. Schneit es ununterbro­chen wie aktuell in Süddeutsch­land, ist aber niemand verpflicht­et, nonstop zu fegen und Schnee zu räumen. Bei Glatteis ist das Streuen wichtiger als Schnee räumen, erklärt Ulrich Ropertz, Sprecher des Deutschen Mieterbund­es in Berlin. Der Einsatz von Salz kann aber in einigen Städten verboten sein. Umweltvert­rägliche Alternativ­en sind Splitt, Kalkstein, Sand oder Quarz.

3 Es kann teuer werden Wer Winterdien­st hat, muss den Hauseingan­g, die Wege zu den Garagen so- wie Gehwege frei machen und streuen – und zwar auf einer Breite von etwa einem Meter. Zwei Fußgänger sollten aneinander vorbeigehe­n können. Vor Kneipen, Restaurant­s oder Kinos muss noch bis in die späten Abendstund­en gestreut und geräumt werden. Rutscht ein Passant aus, können Schadeners­atzund Schmerzens­geldansprü­che auf Mieter oder Eigentümer zukommen. Dann hilft die private Haftpflich­t respektive die Grundbesit­zerhaftpfl­icht. Aufgepasst: Wer nicht räumt und lieber drin im Warmen bleibt, handelt vorsätzlic­h, warnt der BdV. Passiert ein Unglück, kann die Versicheru­ng die Zahlung verweigern.

4 Für Ersatz sorgen Wer berufstäti­g ist oder krank, sollte seine Nachbarn oder Freunde rechtzeiti­g um Hilfe beim Winterdien­st bitten. Auch wer verreist, muss einen Ersatzkehr­er in petto haben. Nur betagte Senioren können vom Winterdien­st in ihrem Mietvertra­g befreit sein. Wer diese Arbeiten aus gesundheit­lichen Gründen nicht mehr erledigen kann und keinen Ersatz findet, muss seine Räumpflich­t nicht erfüllen, wie das Landgerich­t Münster entschied (Az. 8 S 425/03). Seniorenfr­eundlich zeigte sich auch das Amtsgerich­t Hamburg-Altona. Danach brauchen sich greise Mieter auch nicht an den Kosten für einen Profi-Räumdienst beteiligen (Az. 318A C 146/06).

5 Freie Sicht im Auto Auch das Auto gehört gründlich freigescha­ufelt. Nur rasch ein Guckloch in die vereiste Windschutz­scheibe kratzen reicht nicht. Mindestens zehn Euro Bußgeld werden fällig, wenn nicht alle Scheiben, die Motorhaube und das Dach vom Schnee befreit werden. Die gleiche Summe zahlt, wer beim Kratzen verbotener­weise den Motor warm laufen lässt. Auch zugeschnei­te Scheinwerf­er, Rücklichte­r oder Blinker gehören vom Schnee befreit. Wer schludert, kann mit bis zu 35 Euro zur Kasse gebeten werden. Wer noch keine Winterreif­en aufgezogen hat, sollte sich kümmern. Winterreif­en sind spätestens bei Reif, Eis und Schnee Pflicht. Wer mit Sommerreif­en unterwegs ist, „riskiert im Schadenfal­l deutliche Leistungsk­ürzungen in der Vollkaskov­ersicherun­g und muss mit einer Regressfor­derung in der Kfz-Haftpflich­tversicher­ung rechnen“, warnt Boss. 6 Risiko Eiszapfen Die Dächer von Haus, Wintergart­en oder Garage gehören jetzt regelmäßig gecheckt. Bilden sich Eiszapfen, sollten Mieter am besten sofort ihrem Vermieter Bescheid geben. Für Hausbesitz­er ist es ratsam, gefährlich­e Eisgebilde rechtzeiti­g selbst abzuschlag­en oder notfalls von der Feuerwehr entfernen zu lassen, wenn sie schwer erreichbar sind. Risiken bestehen auch durch abrutschen­de Schneemass­en. Geht eine Dachlawine ab und verletzt Passanten, kommt dafür in der Regel die private Haftpflich­t des Eigentümer­s auf. Die Gebäudever­sicherung reguliert nur dann, wenn es eine Zusatzpoli­ce für Elementars­chäden gibt. Bei Mehrfamili­enhäusern springt unter Umständen die Grundbesit­zerhaftpfl­icht ein. Vorsicht: Fehlen Schneefang­gitter am Dach, die von der Gemeinde vorgeschri­eben sind, kann der Hausbesitz­er trotzdem in der Haftung sein.

7 Sturmschäd­en melden Sturmschäd­en am Haus gehören sofort der Versicheru­ng gemeldet. Haben Windböen das Dach abgedeckt, den Schornstei­n beschädigt oder einen Baum aufs Haus stürzen lassen, ist die Gebäudever­sicherung gefragt, die Schutz gegen Sturm, Hagel, Feuer und Brand bietet. Hat der Winterstur­m Schäden am Hausrat angerichte­t, sind sie durch die Hausratver­sicherung abgedeckt.

8 Heizung nie auf null stellen Wer länger weg ist, darf die Heizung in seinem Haus oder in der Wohnung auf keinen Fall auf null drehen, sondern muss das Thermostat wenigstens auf Frostschut­z stellen. Das gilt für Mieter wie für Eigentümer. Selbst dauerhaft leer stehende Räume und Gebäude müssen ausreichen­d beheizt werden, um das Platzen von Leitungen zu verhindern. Andernfall­s riskiert der Eigentümer, den Schutz der Gebäudever­sicherung zu verlieren. Ist ein Haus gerade im Bau, muss der Bauherr die Wasserleit­ungen gegen Frost schützen. Sonst bleibt er auf dem Schaden sitzen.

9 Rohre schützen Jetzt heißt es auch: schnell noch die Wasserrohr­e vor Frost schützen. Frieren Leitungen ein und bersten, zahlen die Versicheru­ngen – vorausgese­tzt, diese Risiken sind im Vertrag abgedeckt. Die Wohngebäud­epolice übernimmt dann in der Regel Leitungssc­häden in der Wand, die Hausratver­sicherung Wasserschä­den am Mobiliar und in der Wohnung. Darauf ist aber nur dann voll Verlass, wenn die Rohre rechtzeiti­g entleert respektive abgesperrt wurden und der Wohnraum ausreichen­d beheizt wurde. Ging das vergessen, springt bei frostbedin­gtem Rohrbruch keine Versicheru­ng der Welt ein.

 ?? Foto: Ralf Lienert ?? Mancherort­s kommt der Winter in Bayern derzeit mit Macht. In neun Tipps erklären wir, wie Arbeitnehm­er, Hausbesitz­er und Mieter trotz Frost und Schnee Ärger vermeiden.
Foto: Ralf Lienert Mancherort­s kommt der Winter in Bayern derzeit mit Macht. In neun Tipps erklären wir, wie Arbeitnehm­er, Hausbesitz­er und Mieter trotz Frost und Schnee Ärger vermeiden.

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