Lügenpresse?
Studie Mainzer Forscher haben die Berichterstattung von Zeitungen und Nachrichtensendungen über die „Flüchtlingskrise“untersucht. Ihre Ergebnisse dürften viele überraschen
Nachdem der renommierte Medienwissenschaftler Michael Haller 2017 die Studie „Die ,Flüchtlingskrise‘ in den Medien“vorgestellt hatte, war das Echo immens: Leser fühlten sich bestätigt, Journalisten diskutierten. Haller und sein Team hatten etwa 36 000 Zeitungsberichte und Online-Artikel analysiert ( siehe auch Artikel oben). Fazit: Leitmedien hätten sich „ganz auf die Szenerie der Politik in Berlin eingelassen“. Auch jenseits der Flüchtlingsthematik sei „die Perspektive der Machthabenden, der Entscheider, dominant“, ergänzte Haller in einem Interview.
Nun haben sich auch Forscher der Johannes-Gutenberg-Universi- tät Mainz mit der Berichterstattung über die sogenannte Flüchtlingskrise 2015/2016 befasst und einen Aufsatz dazu in der Fachzeitschrift Publizistik veröffentlicht: „Auf den Spuren der Lügenpresse. Zur Richtigkeit und Ausgewogenheit der Medienberichterstattung in der ,Flüchtlingskrise‘“.
Sie werteten etwa 5000 Artikel und TV-Beiträge aus dem Zeitraum von Mai 2015 bis Januar 2016 aus, von drei Zeitungen ( Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung, Bild) und drei Nachrichtensendungen („Tagesschau“, ARD; „heute“, ZDF; „RTL Aktuell“). Diese glichen sie mit statistischen Informationen, etwa über die Kriminalität von Zuwanderern, ab. Auch, um herauszufinden, ob Umfragen zutreffen, die zeigten, dass über die Hälfte der Deutschen der Ansicht war, „die Massenmedien stellten Fakten … falsch dar und berichteten zudem einseitig positiv über Zuwanderung“. Ihr Ergebnis entkräftet „Lügenpresse“-Vorwürfe: „Die Medienberichterstattung stellte die relevanten Fakten überwiegend korrekt dar.“Sie sei aber „meist einseitig“gewesen, „jedoch nicht durchweg zugunsten der Zuwanderer“. Es seien „deutliche Veränderungen“erkennbar, die vor allem im Zusammenhang mit der Silvesternacht 2015/16 stünden, in der es in Köln zu massenhaften Übergriffen durch Migranten kam. Davor habe ein „sehr positiver Ton über Migranten“geherrscht; danach sei er ins Negative gedreht.