Tanzen mit Anspruch und Leidenschaft
Das Tanzstudio von Beatrix Klein in Landsberg besteht seit 30 Jahren. Eine Galavorstellung im Stadttheater zeigt die künstlerische Bandbreite dieser Institution und die Talente, die sie hervorgebracht hat
Landsberg Kunst und Kultur werden in Landsberg auf breiter Ebene und auf hohem Niveau gepflegt, sind identitätsstiftend für die Stadt. Was dazu nötig ist, sind Menschen, die sich berufen fühlen, ihre Kunstform zu verbreiten und zu kommunizieren. Landsberg verfügt über viele solche berufene, hochkarätige Kunstschaffende, und im Bereich Tanz ist dies Beatrix Klein und ihr Ballett- und Tanzstudio mit seinen Lehrkräften. Der Name des Instituts steht seit 30 Jahren für Begeisterung, Qualität und hohes Niveau, aber auch für klassische Ausbildung, Disziplin und harte Arbeit – und nicht zuletzt für die großen internationalen Erfolge, die Sprösslinge des Tanzstudios Klein immer wieder verzeichnen.
Bei der Galavorstellung zum Jubiläum im Landsberger Stadttheater war für die Zuschauer aber vor allem die Leidenschaft der jungen Künstler zu spüren. Selbst die Kleinsten waren mit Ernst und Konzentration dabei. Aufgeführt wurden im ersten Teil Szenen aus dem „Nussknacker“, dem berühmten Ballett von Tschaikowski. Im zweiten Teil zeigten junge erwachsene Tänzer und Tänzerinnen, welche Möglichkeiten der moderne, zeitgenössische Tanz bietet.
Gleich zu Anfang war der Zuschauer überwältigt von der prächtigen Szenerie, die sich ihm bot. Etwa 30 Kinder und Jugendliche auf der Bühne stellten das Familienfest der Familie Stahlbaum dar, in exquisiten Kostümen im Stil des 19. Jahrhunderts, jedes Kind eingebunden in eine kleine Gruppierung und schauspielerisch präsent. Man wähnte sich fast in einem großen Opernhaus.
Es folgten entzückende GruppenTanzszenen von Mädchen mit Puppen, frechen Buben, Zinnsoldaten, Mäusen, Schneeflocken und Engeln. Jede Gruppe trug wiederum professionell gestaltete Kostüme, die allein anzusehen schon ein Erlebnis war. Die jungen Künstler waren sich ihrer Würde sehr bewusst und beweisen, dass sie ihre Szenen aus dem Effeff beherrschen. Die Bühnenpräsenz der Kinder ab dem Grundschulalter ist erstaunlich. Isabelle Zimmermann und Nils Hegner beeindruckten als Clara und Prinz im Pas de deux ebenso wie Dominika Fichtl als Schneekönigin und Chris- tian Berger mit Nils Hegner im Zweikampf als Mäusekönig gegen Nussknacker. Bezaubernd auch die Tänzerinnen der Puppen, Amelie Römer, Julia Elmo und Alicia Lindner. Eine Szene war schöner als die andere, für den Tanz der Schneeflocken wurde eine Winterlandschaft Schneefall projiziert, das Fest im Schloss spielte vor einer beeindruckenden Kulisse mit Kristalllüster.
Allein dieser Teil der Gala mit geschätzten 100 beteiligten Kindern und Jugendlichen wäre schon abendfüllend gewesen. Doch am Tanzstudio Klein findet nicht nur der klassische Tanz statt. Das bewiesen die jungen Erwachsenen, die nun, jeder in seinem eigenen Stil, ihren ganz persönlichen Beitrag zur Gala ihrer Tanzschule leisteten, darunter vier Kulturförderpreisträger.
Laura Summer bot einen Walzer nach Grete Wiesenthal, einer Piomit nierin des freien Tanzstils Anfang des 20. Jahrhunderts. Die Befreiung des Weiblichen, Mut und Emanzipation wurden in ihrer Darbietung unmittelbar deutlich.
Ulrike Ahrens bewies mit „Ich hätt’ getanzt heut Nacht“, dass sie auch im Musical-Stil singen kann, und tanzte elegant-frivol zu „Don’t Rain on My Parade“.
Elf Stepptänzer und Stepptänzerinnen lieferten sich einen humorvollen rhythmischen Wettstreit.
Anna-Maria Johannes beeindruckte mit ihrer Choreografie „Frei sein“im modernen Stil durch wilde, kraftvolle Gesten. Tatsächlich erweckte sie den Eindruck eines um sich schlagenden, wütenden Kindes (an einem rostigen Gitter hängend), das sich aus seiner Gefangenschaft freikämpft, schließlich als leuchtender Schmetterling (beleuchtete Flügel im Dunkeln) ans Licht findet und per Video-Projektion einen Pas de deux mit sich selbst tanzt.
Im neoklassischen Stil, mit Spitzentanz, aber modern, bewegte sich Maria Engel zu einem cool-jazzigen Bossanova. Hier vereint sich brillante Technik mit erotischer Eleganz und intensiver persönlicher Ausstrahlung und zeigt eine gereifte, souveräne tänzerische Persönlichkeit, die tief beeindruckt.
Gänzlich frei gemacht von jeder Konvention hat sich der Sohn des Hauses, Dustin Klein, Demi Solist am Bayerischen Staatsballett. Mit viel Humor hat er sich, gemeinsam mit Matteo Dilaghi, einem Kollegen vom Bayerischen Staatsballett, die bayerische Volksmusik vorgenommen.
Die beiden Tänzer spielten mit den Mitteln des modernen Tanzes zu Landler, Polka und Boarischem, deuteten Raufereien an und alle möglichen männlichen Bierzelt-Posen, ja, leerten zum Schluss sogar noch eine Flasche Bier. „Wer ko, der ko“, heißt die Choreografie, und wirklich, die beiden jungen Männer zeigten, was man zur Volksmusik außer Volkstanz noch alles tanzen kann. Ein Beitrag zum Schmunzeln und Staunen.
Viermal wurde die Gala am Wochenende hintereinander aufgeführt, welche logistische Leistung. Welches Engagement von Kindern, Eltern und jungen Künstlern, aber auch von den Lehrkräften, die das gigantische Programm mit den begeisterten Kindern einstudiert haben. Eine Gala, die dieser Institution des Tanzes in Landsberg würdig war und wieder einmal deren Anspruch und Leidenschaft unter Beweis stellte.
In exquisiten Kostümen des 19. Jahrhunderts