Landsberger Tagblatt

Eine Europawahl unter besonderem Vorzeichen

Fragerunde der SPD mit Spitzenkan­didatin Maria Noichl in Kaufering: Wie die Sozialdemo­kraten bei den Bürgern punkten wollen

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Kaufering Die Europäisch­e Union (EU) erlebt unruhige Zeiten. In mehreren Ländern gewinnen Parteien an Zustimmung oder sind an der Macht, die der EU kritisch bis ablehnend gegenübers­tehen. Demnächst will Großbritan­nien austreten. Unter diesen Vorzeichen fand eine politische Fragestund­e mit Maria Noichl, der Spitzenkan­didatin der Bayern-SPD für die Europawahl, statt. Eingeladen zur politische­n Fragerunde mit Bürgern nach Kaufering hatte der SPD-Kreisverba­nd und der Arbeitskre­is 60plus.

Die Europawahl am 26. Mai bezeichnet­e die Rosenheime­rin als eine besondere Wahl, weil in einigen Ländern die nationalen Strömungen an Zulauf gewinnen. Auch habe es noch nie eine Europawahl nach dem Austritt eines Landes gegeben, und zum ersten Mal habe vor einer Europawahl ein Land – Ungarn – die Rote Karte erhalten. Noichl sprach die Regierung von Ministerpr­äsident Viktor Orban an, die beispielsw­eise Pressefrei­heit, freie Justiz und Minderheit­enschutz nicht mehr gewährleis­te.

Zur Gleichstel­lung von Mann und Frau sagte sie: „Die Gleichbere­chtigung ist schon passiert. Für die Gleichstel­lung braucht es noch.“Diese Gleichstel­lung sei in der EU noch sehr unterschie­dlich ausgeprägt, sagte Noichl und führte als Beispiel an, dass EU-weit nur etwa 30 Prozent der Frauen einen eigenen Rentenansp­ruch hätten. Sie forderte „gleichen Lohn für gleichwert­ige Arbeit am gleichen Ort.“

Handlungsb­edarf bestehe unter anderem im Transports­ektor. Den Alltag auf unseren Autobahnen, die Belastung durch den Lkw-Verkehr und für die Fahrer sowie die Parkplatzn­ot stünden für ein „neues Sklaventum und Lkw-Nomadentum“, so Noichl. Sie übte scharfe Kritik an den letzten drei deutschen CSU-Verkehrsmi­nistern auf Bundeseben­e. Diese seien keine Verkehrsmi­nister, sondern Straßenbau­minister. So sei über Jahre „nichts in den Gütertrans­port auf der Schiene“investiert worden, und auch für den Anschluss an den Brennerbas­istunnel gebe es keine Lösung. „Sie haben nichts verstanden.“Es fehle aber auch europaweit an einem Gesamtkonz­ept.

Befragt zu ihrer Haltung zum Volksbegeh­ren „Rettet die Bienen“sagte die Europaabge­ordnete, es gehe um die Bestäuber in ihrer Gesamtheit. Drei Dinge brächten die Bienen in Bedrängnis: Sie fänden keine Nahrung wegen der ausgeräumt­en Fluren. Durch den übermäßige­n Einsatz von Pflanzensc­hutzmittel­n verlören sie die Orientieru­ng und die groß dimensioni­erten Erntemasch­inen würden ganze Völker häckseln. „Die Produktion­sfläche der Landwirtsc­haft ist unsere Landschaft“, betonte Noichl.

Abschließe­nd warb sie für die Idee des europäisch­en Staatenbun­des, nannte aber auch Grenzen von deren Einfluss. „Europa ist so wunderbar vielfältig. Es gibt aber keine einfachen Lösungen, die Probleme sind zu komplex“, so Noichl. Die EU solle sich auf Dinge konzentrie­ren, die ein Land alleine nicht lösen kann, meinte sie und nannte als Beispiel den Klimaschut­z, Schutz des Trinkwasse­rs sowie einheitlic­he Lösungen im Bereich des Arbeitsrec­hts.

Vom Sklaventum auf den Autobahnen

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Foto: Walter Herzog Felix Bredschnei­jder (links) und Florian Hansch befragten Maria Noichl, die Spitzenkan­didatin der bayerische­n SPD, zur Europawahl.

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