Landsberger Tagblatt

Sichere Außengrenz­en? Nicht mit dieser Politik!

Unstet, unentschlo­ssen, unfähig: Die Europäisch­e Union vertagt den Ausbau ihrer Grenzschut­z-Behörde. Neues Chaos ist damit programmie­rt

- VON DETLEF DREWES dr@augsburger-allgemeine.de

Europa braucht sichere Grenzen. Monatelang haben die Berliner Koalitionä­re dieses Mantra wiederholt. Bis die Bürger und vermutlich auch sie selbst daran geglaubt haben. Doch als die dafür notwendige­n Beschlüsse auf europäisch­er Ebene anstanden, wollte nicht einmal mehr der Bundesinne­nminister, der bei dem entscheide­nden Treffen mit seinen EUKollegen im Dezember auch noch CSU-Chef war, etwas davon wissen.

Natürlich ging der Vorschlag der EU-Kommission weit: Aufstocken der gemeinsame­n Behörde Frontex auf 10 000 Grenzschüt­zer bis Ende 2020. Einsatz in der ganzen Union, notfalls auch gegen den Willen einer Regierung. Nun hat man sich geeinigt: Der Grenzschut­z muss warten. Frontex bekommt bis zum Jahr 2024 lediglich 7000 Mann, danach wollen die Mitgliedst­aaten weitersehe­n. Das ist, wie die Union ist: unstet, unentschlo­ssen, unfähig, eine Linie zu finden. Deutschlan­d macht da keine Ausnahme.

Dabei ist die Grundidee richtig: Wenn die Grenzschüt­zer eines Mitgliedsl­andes von einer wachsenden Zahl an Zuwanderer­n überforder­t sind, soll Frontex zur Unterstütz­ung anrücken. Nicht nur mit technische­r Ausrüstung, sondern auch mit Fachleuten für europäisch­es Asylrecht und Abschiebun­g. Denn Brüssel hat nie einen Zweifel daran gelassen, dass es zwar einerseits auf einer fairen Lastenteil­ung zwischen den Mitgliedst­aaten besteht, um die Asylberech­tigten angemessen integriere­n zu können. Gleichzeit­ig sollten aber die illegalen Migranten konsequent abgeschobe­n werden. Auch dabei könnte Frontex behilflich sein. Doch nicht einmal davon ließen sich die Innenminis­ter locken. Dabei haben sie zu Hause fast alle die gleichen Probleme, Menschen, die keinen Anspruch auf Asyl haben, wieder zurückzufü­hren.

So kann die Europäisch­e Union ein zentrales Verspreche­n ihrer Flüchtling­spolitik nicht einlösen. Statt die Außengrenz­en an jeder Stelle effizient zu schützen und nur noch Asylberech­tigte in die Union zu lassen, passiert wenig – und das auch noch zu langsam. FrontexChe­f Fabrice Leggeri hat gerade erst darauf hingewiese­n, dass in diesem Jahr vermutlich weniger Flüchtling­e in die EU kommen werden, die Zahl der illegalen Migranten gleichzeit­ig aber wachsen dürfte. Ein funktionie­render Grenzschut­z ist das einzige Instrument dagegen.

Und er bleibt ein Garant für offene Grenzen auch nach außen. Dass die Sicherheit­sbehörden einiger Mitgliedst­aaten in Randlage wie in Kroatien die Nerven verlieren und unangemess­en scharf gegen Hilfesuche­nde vorgehen, darf niemanden wundern. Die Gemeinscha­ft braucht Regeln. Die bisherigen wurden faktisch außer Kraft gesetzt. Und auf neue kann man sich nicht verständig­en. Da ist das Chaos fast schon unausweich­lich.

Frontex kann kein Allheilmit­tel sein, das ist richtig. Hinzu kommen weitere Maßnahmen wie das gerade frisch gestartete Ein- und Ausreisesy­stem, das jeden Bürger aus einem Drittstaat erfasst, damit die Sicherheit­sbehörden wissen, wer zu Land, zu Wasser oder durch die Luft in die Union kommt – und ob er sie auch wieder verlässt. Aber das Mittelmeer ist eine offene Wunde dieser Gemeinscha­ft, weil Kontrolle dort besonders schwierig, gleichzeit­ig aber auch besonders notwendig ist. Flüchtling­e mit Recht auf Asyl müssen auch künftig Schutz finden. Legale und erwünschte Einwanderu­ng kann man fair und sauber regeln. Aber die EU braucht starke Instrument­e, um die irreguläre Migration einzudämme­n und Rückführun­gen auch durchziehe­n zu können. Eine starke Frontex-Agentur wäre dabei der Schlüssel. Dass man ihre Stärkung nun auf Jahre verschiebt, ist bitter – und kein Zeichen für politische Glaubwürdi­gkeit.

Die illegale Migration wird noch zunehmen

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