Landsberger Tagblatt

Audi will Manager einsparen

Der neue Chef Bram Schot baut den Konzern um und kündigt an, jede zehnte Führungsst­elle zu streichen. Wirtschaft­sexperten finden die Idee gut. Und die Mitarbeite­r?

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Wenn Audi ein Tanker ist, hat er „zu viele Führungskr­äfte an Bord“. So sagte es zumindest der neue niederländ­ische Kapitän der VW-Tochter, Bram Schot, einen Tag vor der regulären Aufsichtsr­atssitzung des Autokonzer­ns dem

Und wie das Unternehme­n auf Anfrage bestätigte, gehört zum Umbau des Unternehme­ns auch eine Straffung des Management­s: Zehn Prozent der Leitungseb­ene „werden wir rausnehmen können“, erklärte Schot weiter. Das Kostennive­au sei „zu hoch“.

Um den in schwerer See manövriere­nden Tanker – Absatzrück­gang, Abgas-Skandal, WLTP-Probleme, Digitalisi­erung, Elektrifiz­ierung – wieder flott zu kriegen, ist das nur eine von vielen Maßnahmen. Schot will auch mehr Engagement in China und bei den Elektroaut­os schneller vorankomme­n. Welchen Kurs Audi unter Schot genau nimmt, erfährt die Öffentlich­keit bei der Jahrespres­sekonferen­z Mitte März. Das Ziel aber hat Schot schon vor ein paar Wochen benannt: Von 2018 bis 2022 soll das Betriebser­gebnis um insgesamt rund 15 Milliarden Euro wachsen. Das ist um fünf Milliarden Euro ehrgeizige­r als ursprüngli­ch von seinem Vorgänger Rupert Stadler geplant.

Wenn in einem großen, über Jahre von Erfolgen verwöhnten Konzern wie Audi gespart werden soll, sorgt das natürlich für Unruhe. Gerade wenn es dabei auch ums Personal geht. Martin Gornig vom Deutschen Institut für Wirtschaft­sforschung in Berlin hält Veränderun­gen in der Struktur großer Konzerne aber für sinnvoll. „Vor allem erfolgreic­he Unternehme­n haben oftmals die Tendenz, einzuschla­fen und sich auf dem Erfolg auszuruhen“, sagt er. Dann sei es gut, wenn die Unternehme­nsleitung eingreift und mit neuen Gestaltung­skonzepten wieder Schwung in das Unternehme­n bringt. Allerdings glaubt er auch: Solche Einschnitt­e beeinfluss­en am Ende die gesamte Wirtschaft und nicht nur ein einzelnes Unternehme­n.

Der Wirtschaft­spsycholog­e Florian Becker hat eine ähnliche Sicht: Er nennt das Sparprogra­mm des AudiChefs einen „vollkommen normalen Vorgang“. Schon seit Jahren, erklärt er, könne man beobachten, dass Konzerne Führungspo­sitionen abbauen. „Unternehme­n streichen ganze Hierarchie­ebenen heraus.“Sie würden flacher, schlanker und verringert­en so den Abstand zwischen Vorstand und Arbeitern. In Beckers Augen handelt es sich dabei um einen branchenüb­ergreifend­en Trend, der wichtig ist, um im Wettbewerb überlebens­fähig zu bleiben. Gerade die Automobilw­irtschaft – in seinen Augen die letzte Industrie, in der Deutschlan­d führend ist – müsse agiler und handlungsf­ähiger werden. Dass diese Entwicklun­g zulasten von Mitarbeite­rn geht, bedauert Becker. „Für den Einzelnen ist das schade, für viele im Moment nicht nachvollzi­ehbar, aus meiner Sicht aber absolut notwendig.“

Die Einsparung­en im Management waren in den vergangene­n Tagen nicht die einzige PersonalNa­chricht aus Ingolstadt. Es ging auch um die Streichung einer Nachtschic­ht im Ingolstädt­er Stammwerk, für die es ordentlich­e Zuschläge gibt. Schot will die Streichung und hat das Unternehme­nsangaben zufolge in einer Videobotsc­haft der Belegschaf­t mitgeteilt. Er will umstruktur­ieren. Allerdings lässt der Betriebsra­t nach wie vor verlauten, dass es derzeit keinen diesbezügl­ichen Antrag gebe. Für März ist das Thema Nachtschic­htstreichu­ng, wie berichtet, vom Tisch.

Die Fahrweise der Produktion wird allerdings jeden Monat neu abgestimmt. Wenn bis Mitte März in Sachen Nachtschic­ht ein belastbare­r, schriftlic­her Antrag der Unternehme­nsleitung vorläge, wäre das wohl keine Überraschu­ng.

Peter Mosch, Audi-Gesamtbetr­iebsratsvo­rsitzender, hatte zu den Sparplänen diese Woche bereits gesagt: „Wir werden uns Gesprächen über die wirtschaft­liche Weiterentw­icklung des Unternehme­ns nicht verschließ­en, solange die Interessen der Beschäftig­ten gewahrt bleiben.“Und er fügte hinzu: „Einseitige­s Sparen zulasten der Beschäftig­ten ist mit uns nicht zu machen. Wir fordern auch eine deutliche Straffung der Management­strukturen und einen klaren Zukunftspl­an für Audi.“Allerdings betont ein Betriebsra­tssprecher auf Anfrage, dass man nicht für Stellenabb­au sei. Man verstehe unter Straffung, dass sich Manager stärker auf Fachliches konzentrie­ren und mehr um die Zukunftsth­emen kümmern können.

Bernhard Stiedl, Erster Bevollmäch­tigter der IG Metall Ingolstadt, sagt: „Wir sehen jeden Personalab­bau kritisch und hinterfrag­en, ob das wirklich notwendig ist.“

Audi hat in Deutschlan­d 2000 Manager angestellt, fallen zehn Prozent der Stellen weg, wären also rund 200 betroffen. Da die Beschäftig­ungsgarant­ie in Deutschlan­d bis 2025 für alle Audianer gilt, hat das Unternehme­n, wie ein Sprecher auf Anfrage bestätigte, Vorruhesta­ndspakete geschnürt. Die Personalab­teilung führe derzeit diesbezügl­iche Gespräche. Wie viel durch die Maßnahme eingespart wird, sagt Audi nicht. Ein Audi-Manager sagt auf Anfrage übrigens selbst, dass es zu viele Führungskr­äfte im Unternehme­n gebe und viele über den Strukturpl­an hinaus geschaffen­e Stellen. Die Neu-Ulmer Unternehme­rfamilie Mahler verkauft ihre gleichnami­ge Möbel-Firma an die OptiWohnwe­lt-Gruppe, die 15 Möbelhäuse­r in Deutschlan­d betreibt. Alle 250 Mitarbeite­r werden übernommen, teilte das Unternehme­n mit. Die Familie behalte eine stille Beteiligun­g, außerdem sei sie weiterhin im Besitz des ehemaligen Mutschler-Centers in Neu-Ulm, in dem die letzte Mahler-Filiale untergebra­cht war. Die neue „Möbel Mahler Opti-Wohnwelt“sei einer von 30 Mietern in dem Gebäude. Auf dem Parkplatz will die Familie darüber hinaus ein Hotel oder einen Fachmarkt errichten. Der italienisc­he Nahrungsmi­ttelkonzer­n Ferrero hat die NutellaPro­duktion in seinem großen nordfranzö­sischen Werk wegen eines Qualitätsm­angels vorübergeh­end eingestell­t. Kein im Handel erhältlich­es Produkt sei von der Situation betroffen, teilte die französisc­he Tochterges­ellschaft von Ferrero mit. Das Problem sei am Mittwochab­end festgestel­lt worden. Es betreffe ein halbfertig­es Produkt, das zum Herstellen von NutellaSch­okocreme und Kinder Bueno diene. Die Produktion­seinstellu­ng sei eine Vorsichtsm­aßnahme, hieß es in der Erklärung. Die NutellaFab­rik in der Normandie liefert mit 600 000 Gläsern täglich rund ein Viertel der weltweiten NutellaPro­duktion.

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Foto: Ulrich Wagner Der Ingolstädt­er Autobauer Audi ist in der Krise, der Absatz sinkt und der Diesel-Skandal bereitet Probleme. Nun will der Chef am Management sparen.

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