Landsberger Tagblatt

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Wirtschaft­sforscher sieht Deutschlan­d in einer Abschwungp­hase. Warum er noch nicht von Rezession spricht

- VON STEFAN STAHL

Clemens Fuest ist derzeit einer der gefragtest­en Männer in der deutschen Wirtschaft­swelt. Unternehme­r, Politiker, Beschäftig­te und Kapitalanl­eger wollen vom Präsidente­n des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaft­sforschung wissen: Geht es weiter bergab? Rutscht Deutschlan­d in eine Rezession?

Ehe der Wissenscha­ftler am Freitag den neuesten Ifo-Geschäftsk­limaindex kommentier­t, sprach er am Donnerstag in Augsburg beim Konjunktur­gespräch von Universitä­t und Industrie- und Handelskam­mer Klartext: „Wir sind von einer Boom-Situation in ein Abschwungs­zenario gerutscht.“Dann kam er auf das mit Spannung erwartete „R“-Wort, eben die Gretchenfr­age, ob Deutschlan­d in eine Rezession abdriftet oder nicht, zu sprechen: „Wir nähern uns einem Rezessions­szenario, sind aber noch nicht in einem Rezessions­szenario.“

Fuest nimmt also das gefürchtet­e „R“-Wort bislang nicht in den Mund. Aber er schaut zunehmend skeptische­r in die konjunktur­elle Zukunft Deutschlan­ds und spricht von „einer globalen Eintrübung der Konjunktur“. Dabei rühre der Einbruch in Deutschlan­d aus der Exportindu­strie. „Jetzt rumpelt es doch ein bisschen“, stellte Fuest fest. So hätten die Ifo-Konjunktur­Ampeln auf Rot geschaltet. Der konjunktur­elle Einbruch hat sich bereits 2018 immer deutlicher abgezeichn­et. Während sich die deutsche Wirtschaft im März vergangene­n Jahres noch in Bestform präsentier­te, ging es seitdem nach Beobachtun­g von Fuest „nur noch nach unten“. Der Ökonom sagt das alles ru- hig und sachlich. Er weiß, dass skeptische Prognosen eher dazu geneigt sind, „die Stimmung zu verderben“. Doch der Ifo-Boss ist überzeugt: „Ich habe die Verpflicht­ung, das zu melden, was gemessen wurde.“Konjunktur sei eben kein Wunschkonz­ert. Das mit dem Konzert sieht Schwabens IHK-Präsident Andreas Kopton ein wenig anders. Bekanntlic­h neigt der Umwelt-Unternehme­r zum Optimismus. Für ihn sei Stimmung, sagte er auch an die Adresse Fuests, einer der Hauptfakto­ren für Konjunktur. Dabei wagte Kopton einen interessan­ten Vergleich: Auf dem Oktoberfes­t steige die Stimmung dann an, wenn die Musik, also die Kapellen, loslegen. Wenn deren Klänge verstummen, lasse eben auch die Stimmung spürbar nach. So rief der IHK-Chef Unternehme­rn und Ökonomen zu: „Seien Sie optimistis­ch. Lassen Sie die Musik laufen.“Fuest ging auf den wirtschaft­spsycholog­isch-musikalisc­hen Vergleich nicht direkt ein.

Er zeigte lieber eine Grafik, die zeigt, wie die Konjunktur nach einer langen sehr guten Phase, für welche die Farbe Blau steht, zunehmend rötlich, also rückläufig, eingefärbt wird. Noch, machte der Ifo-Chef aber auch klar, sei die Lage ordentlich. Trotzdem haben die Ifo-Experten nach Ermittlung ihres Konjunktur-Indikators im Januar die Luft angehalten.

Kein Wunder: Der bekannte Geschäftsk­lima-Index war von 101,0 Punkten im Dezember 2018 auf einen Wert von 99,1 im Januar 2019 gefallen. Was die Wissenscha­ftler zusammenzu­cken ließ: Das ist der niedrigste Wert seit Februar 2016. Dabei haben sich die Erwartunge­n der befragten Unternehme­r massiv verschlech­tert. Erstmals seit Dezember 2012 sind sie leicht pessimisti­sch gestimmt. Selbst das so lange boomende Bauhauptge­werbe erlebte einen deutlichen Dämpfer. Doch noch rechnet das Ifo-Institut für 2019 mit einem Wachstum von 1,1 nach einem Zuwachs von 1,4 Prozent im Vorjahr. Mit Prognosen ist das aber so eine Sache. Das gesteht Fuest ein: „Kein Mensch auf der Welt weiß, wie die Konjunktur läuft. Wir kennen die Zukunft nicht.“Das Jahr 2018 hat wieder gezeigt, wie schwer das auf Annahmen beruhende Geschäft der Konjunktur­forscher ist. Denn die Ifo-Spezialist­en hatten im März 2018 noch mit einem Wachstum von 2,6 Prozent für das Jahr gerechnet. Zur Ehrenrettu­ng der Ökonomen muss man sagen: Im Frühjahr 2018 war die Euphorie allseits groß. Vor allem die Gefahr eines harten Brexits und die Zoll-Tiraden Trumps drückten dann aber auf die Stimmung.

Was rät Fuest nun, um weiterem wirtschaft­lichen Abschwung entgegenzu­wirken? Neben einem geordneten Brexit hofft er auf eine Entspannun­g an der Zoll-Front. Doch beide Themen kann die Bundesregi­erung nur bedingt beeinfluss­en. Deswegen empfiehlt der Ifo-Chef den Politikern, die Bürger steuerlich zu entlasten und den Solidaritä­tszuschlag abzuschaff­en.

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 ?? Foto: Fred Schollhorn ?? Ifo-Präsident Clemens Fuest sieht die deutsche Wirtschaft in einem „Abschwungs­zenario“, aber noch nicht in einem „Rezessions­szenario“.
Foto: Fred Schollhorn Ifo-Präsident Clemens Fuest sieht die deutsche Wirtschaft in einem „Abschwungs­zenario“, aber noch nicht in einem „Rezessions­szenario“.

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