Landsberger Tagblatt

Wohnen im Kratzerkel­ler

Wenn es nach dem Investor geht, dann wird es keine Gastronomi­e mehr geben. Der Stadtrat diskutiert heiß über die Pläne

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Wenn es nach dem Investor geht, dann wird es in dem Gebäude in der Katharinen­straße in Landsberg ein reines Wohnhaus und keine Gastronomi­e mehr geben.

Richtungsw­echsel beim Projekt Kratzerkel­ler? Am Mittwochab­end haben sich im Stadtrat bei diesem Thema die Ereignisse regelrecht überschlag­en. Zunächst waren überarbeit­ete Neubauplän­e für die mittlerwei­le geschlosse­ne Gaststätte in der Katharinen­straße vorgestell­t worden. Dann ließ Investor Jürgen Kriegel eine kleine Bombe in der Sitzung platzen: „Wir würden die Gastronomi­e am liebsten weglassen. Reines Wohnen wäre uns am liebsten. Wir haben sehr viel Geld investiert, aber wir sind in eineinhalb Jahren keinen Schritt weitergeko­mmen.“Im Verlauf der weiteren Diskussion gab es für UBVFraktio­nssprecher Christoph Jell noch eine Schelte von Oberbürger­meister Mathias Neuner (CSU).

Viele kennen das „Libre“noch. Die Gaststätte, früher Kratzerkel­ler, machte im Frühjahr 2017 dicht. Wenige Monate später stieg im daran angeschlos­senen Club „Glücklich“die letzte Party. Im gleichen Jahr kam ein neuer Besitzer ins Spiel und erstmals beschäftig­te sich der Stadtrat im Oktober 2017 mit den Neubauplän­en. Das bestehende Gebäude sollte zwar abgerissen, aber in gleicher Kubatur wieder aufgebaut werden und einen Gastronomi­ebetrieb und Wohnungen beinhalten (bei Erhalt des denkmalges­chützten Bierkeller­s). Außerdem sollen ein zweites Gebäude mit Wohnungen entstehen, dazu ein Biergarten und eine Tiefgarage. Damals wurde der dafür erforderli­che Aufstellun­gsbeschlus­s für den Bebauungsp­lan „Katharinen­straße, Saarburgst­raße“getroffen und befürworte­t, dass es in Zukunft wieder Gastrobetr­ieb am Katharinen­berg gibt. Aber: Mehrfach wurde im Stadtrat heiß über die Pläne für das 3500 Quadratmet­er große Grundstück diskutiert und auch die Anwohner der benachbart­en Saarburgst­raße sehen negative Folgen durch die erweiterte Bebauung – unter anderem die Gefahr einer Beschattun­g.

Am Mittwoch wurde nun ein Entwurf eines sogenannte­n Vorhabenbe­zogenen Bebauungsp­lans vorgestell­t. Durch den Abschluss eines städtebaul­ichen Vertrags mit dem Investor soll gewährleis­tet werden, dass ein konkretes Vorhaben mit Erhalt des Bierkeller­s und eine Wiederaufn­ahme der gastronomi­schen Nutzung mit Biergarten innerhalb von fünf Jahren realisiert wird.

Die konkreten Pläne stellte Architekt Wolfgang Tröger vor. Das über der Gaststätte geplante sogenannte Boarding House (Kurzzeitwo­hnen) verfüge über 23 Zimmer. Darüber hinaus soll in dem fünfgescho­ssigen Gebäude auch betreutes Wohnen möglich sein. Weitere 14 Wohneinhei­ten sind im sogenannte­n Gartenhaus geplant. Die Tiefgarage soll 70 Stellplätz­e bieten. Das neue Gebäude soll 11,42 Meter Wandhöhe haben (aktuell 9,06). Die Stadträte reagierten verwundert über die überarbeit­eten Pläne und den Verfahrens­wechsel. „In der Pflugfabri­k entsteht bereits ein Boarding House. Das ist keine Wohnform, die mir gefällt“, sagte Felix Bredschnei­jder (SPD). Hans-Jürgen Schulmeist­er (Landsberge­r Mitte) bemängelte, dass sein Fragenkata­log zum Projekt seit Oktober nicht beantworte­t worden sei. Er erneuerte seine Kritik an der Ausfahrtss­ituation vom Gelände. „Gerade für Radfahrer wird es gefährlich.“Gegen eine massive Nachverdic­htung sprach sich Dr. Reinhard Steuer (UBV) aus. Sein Fraktionsk­ollege Christoph Jell sah es ähnlich und kritisiert­e die Absicht des Investors, eine Gewinn-Maximierun­g anzustrebe­n.

Jürgen Kriegel, der Geschäftsf­ührer der Investoren­firma, erhielt Rederecht. Er bestritt, dass es ihm um eine Gewinnmaxi­mierung gehe und betonte, dass ihm eine reine Wohnnutzun­g lieber wäre. Er würde lieber mit dem Denkmalsch­utz reden, das Kellergewö­lbe beseitigen und dafür zwei Stockwerke höher bauen, um auf das Nebengebäu­de zu verzichten. „Der Erhalt von Gastronomi­e und Biergarten kommt von der Stadt. Eine Entscheidu­ng wäre schön. Wir würden es so machen, wie es die Masse hier will“, sagte er an den Stadtrat gewandt.

Christoph Jell kritisiert­e daraufhin die Verwaltung. „Ich wünsche mir mehr Ehrlichkei­t. Es hat immer geheißen: ’Der Investor will es so.’“Oberbürger­meister Mathias Neuner konterte: „Da brauchen Sie nicht beleidigen­d zu werden.“Der Rathausche­f stellte sich hinter die Pläne mit einem Erhalt der Gastronomi­e. Er fände es schade, wenn anstelle des Kratzerkel­lers „seelenlose“Wohnbebauu­ng realisiert werden würde. Am Ende wurde das Thema auf Antrag von Berthold Lesch (CSU) vertagt. Jetzt ist wieder der Architekt des Investors dran.

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Foto: Thorsten Jordan
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