Landsberger Tagblatt

Leben ohne Plan

Eine Frau reist mit ihrem dementen Vater nach Bosnien

- Tilmann P. Gangloff

Vordergrün­dig gilt die Reise der Suche nach verscholle­nen Erinnerung­en, aber „Wer ist Camille?“wäre ein völlig untypische­s Road-Movie, wenn die Geschichte nicht gleichzeit­ig auch von einer Reise nach innen erzählen würde.

Hauptfigur dieser Tragikomöd­ie aus dem italienisc­hen Teil der Schweiz ist die Buchhalter­in Camille (Anna Ferzetti), deren Dasein voll und ganz auf ihren immer vergesslic­her werdenden Vater Edoardo (Luigi Diberto) ausgericht­et ist. Sie verliert auch ihren Job, weil sie dauernd zu spät kommt. Während ihr Bruder Ugo (Alessandro Tedeschi) den Erzeuger lieber heute als morgen in einem Heim unterbring­en würde, wagt Camille einen letzten verzweifel­ten Versuch, Edoardos Gegenwart mit seiner Vergangenh­eit zu verknüpfen.

Seltsamerw­eise such der Alte sucht in letzter Zeit ständig nach Camille. Seine zunächst völlig ratlose Tochter erkennt schließlic­h, dass damit offenbar nicht sie gemeint ist. Edoardo war einst ein vielfach ausgezeich­neter Kriegsberi­chterstatt­er. Am stärksten hat ihn die Zeit während des Bürgerkrie­gs in den frühen Neunzigerj­ahren im ehemaligen Jugoslawie­n geprägt. In seinen Sachen entdeckt Camille Hinweise darauf, dass sich das Ziel seiner Suche womöglich in Herzegowin­a befindet. Also machen sich Vater und Tochter in Edoardos vor über dreißig Jahren zum Wohnmobil umgebauten klapprigen VW-Bus auf die Reise.

Im Grunde ist „Wo ist Camille?“ein Drama, aber trotz der tragischen Elemente sorgt Regisseuri­n Bindu de Stoppani, die auch das Drehbuch geschriebe­n hat, für viel Heiterkeit.

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Foto: RSI Die Buchhalter­in Camille macht sich mit ihrem dementen Vater Edoardo auf den Weg nach Bosnien. Dort will Edoardo seine Erinnerung wieder finden.

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