Kammermusik statt Rumpeljazz
Die Hochzeitskapelle beendet die Notwist-Woche in Landsberg. Eine Vielzahl an Instrumenten ist zu hören
Landsberg Beziehungen, die von Dauer sein könnten, scheitern oft schon an den ersten unbedeutenden Problemen. Verbindungen, die ad hoc, aus dem Augenblick heraus entstehen, halten hingegen eine scheinbare Ewigkeit. Das ist im Miteinander von Menschen eben so wie in ihrem persönlichen Bezug zu Dingen. Im kosmopolitischen Universum musikalischer Identitätsfindung gleich sowieso. Bestes Beispiel: Die Hochzeitskapelle.
Zusammengekommen ist die Band zur musikalischen Untermalung der Eheschließung eines guten Freundes in Weilheim. Dabei fanden die Instrumentalisten, als auch die Festgemeinschaft, derart Spaß mit- und aneinander, dass man sich spontan entschloss, dem einstweiligen Gedankenblitz etwas Beständiges angedeihen zu lassen. Die Hochzeit liegt mittlerweile knapp sieben Jahre zurück und die Hochzeitskapelle tourt und tourt und tourt. Jetzt war die Formation mit Gästen im Stadttheater, um die Artist-in-Residence-Woche der Band Notwist und all ihrer verzweigten Projekte würdig abzuschließen.
Doch bevor der „folkloristischelegische Rumpeljazz“, wie die Hochzeitskapelle ihre Musik selbst bezeichnet, das Parkett eroberte, gaben Cico Beck und Nico Sierig alias Joasihno ihre musikalische Visitenkarte ab. Die beiden – ein einmaliges Soundlaboratorium. Während ihres Auftritts wird probiert und experimentiert. Klänge werden geschichtet, verfremdet, verdichtet, Melodien flüchtig skizziert, Rhythmen selektiert, es gibt technische Spitzfindigkeiten und verspielte Klanginstallationen. Was Joasihno musikalisch kreieren, ist wie eine späte Fortsetzung der elektronischen Krautrockpioniere – nur mit anderen Mitteln. Nicht alles, was das Duo dabei aus dem Hut zauberte, klang ideal. Aber auf ihrer Suche nach dem ultimativen Bravourstück gab es immer wieder Momente, in denen sie mit ihrem fundamentalen Anspruch der Popmusik ein anderes, ein individuell berührendes Level erschließen konnten.
Nach der Pause dann Kontrastprogramm, sowohl was den Sound betraf, als auch die Kompositionstechnik, die Spielweise und das Ergebnis letztendlich auch. Die Hochzeitskapelle als Septett, mit Gastmusikern aus Japan. Das Programm war mit dem im vergangenen Jahr erschienen Album „Wayfaring Suite“identisch. Komponiert hat dies komplett Takuji Aoyagi aus Tokio. Eine spannende Erweiterung des Kulturbegriffs. Die Songs klangen minimalistisch, melodisch, waren glasklar strukturiert. Hochkonzentriert agierte die Band. Sie brachte die Musik zum Schwingen und Klingen, nachdenklich wie melancholisch und nutzte dafür all die typischen traditionellen Instrumente, die in der mitteleuropäischen Bergwelt zum musikalischen Alltag gehören, plus Kinderklavier, indisches Harmonium, Glockenspiel, singende Säge und Banjo. Gewichtige Kammermusik, mit Anleihen aus Fernost – statt rumpelndem Jazz.