Die Dynamik des Flügels
Das neue Instrument im Rathausfestsaal und die Musiker glänzen mit Beethoven, Rachmaninow und Schubert
Landsberg Der jahrelange Kampf um die Finanzierung war nicht umsonst, die Anschaffung hat sich gelohnt: Der neue Flügel im Festsaal des Historischen Rathauses in Landsberg ist es wert, dass viele kulturbeflissene Menschen darum gekämpft und sich für ihn eingesetzt haben. Das wurde beim jüngsten Rathauskonzert deutlich.
Zu Gast waren Freddy Kempf (Klavier), Katja Lämmermann (Violine) und Franz Lichtenstern (Violoncello), mitgebracht hatten sie Klaviertrios von Ludwig van Beethoven, Sergei Rachmaninow und Franz Schubert. Das ansprechende, klassische Programm lockte viel Publikum, der Saal war ausverkauft. Erstaunlich viele Zuhörer hatten sich bereits zur Einführung eingefunden, während Franz Lichtenstern nicht nur speziell über die Werke sprach, sondern auch die besondere Ensembleform „Klaviertrio“beleuchtete. Entstanden aus von Streichinstrumenten begleiteten Klavierstücken, habe sich das Klaviertrio zur Zeit des Bildungsbürgertums, als die Fertigkeit an einem Instrument zum guten Ton gehörte, zur beliebten Hausmusikbesetzung entwickelt. Beethoven habe die Mode aufgegriffen, dessen für das Konzert ausgesuchte Klaviertrio in c-Moll kann laut Lichtenstern als „Urtrio“, als Vorläufer, Prototyp angesehen werden.
Der Komponist scheint in die vier Sätze des Trios alles an Technik, Gefühl und Ausdruck gepackt zu haben, was ihm zur Verfügung stand. Es beginnt ausdrucksstark bis wild, um im zweiten Satz, quasi als Kehrtwende, wunderbar melodiös, in der Instrumentierung chorisch dahinzuplätschern. Im Schlusssatz dann sind alle Ausdrucksweisen vereint, wild wechselt sich mit zart-romantischen Einwürfen ab. Wunderschön ist das vom Ensemble still und ruhig interpretierte Ende. Bei diesem ersten Programmpunkt offenbarte der Flügel alle seine Möglichkeiten. Freddy Kempf, ein rund um den Globus tätiger und in Russland besonders erfolgreicher Pianist, holte ungeahnte Dynamik aus dem Instrument und strafte damit die von Franz Lichtenstern während der Einführung gemachte Aussage Lügen, dass es am Klavier nicht möglich sei, piano und forte in gewünschtem Maß zu spielen.
Die künstlerische Qualität fand ihre Fortsetzung in der Lautmalerei des Trio élégiaque von Rachmaninow. Franz Lichtenstern ließ mittels Cello einen Zug anfahren und in endlose Steppenlandschaften hinausrollen. War Beethovens Klaviertrio c-Moll das Urtrio, so darf Schuberts Klaviertrio in Es-Dur gut als Meisterwerk dieses Genres bezeichnet werden. Nach elegischem Cellobeginn steigert sich der erste Satz zu dramatischer Explosivität, die Musik entwickelt sich zurück, wird spielerisch leicht, lässt die Musiker kommunizieren und zieht Ausführende wie Zuhörer hinein in Schuberts Welt ausdrucksstarker Sequenzen und exzessiver Tonfolgen zwischen Wiener Klassik und Hochromantik.