Lieber Sozialpädagogen als Schulbegleiter
Politiker und Verwaltung im Landkreis betrachten die Förderung von Kindern mit besonderem Betreuungsbedarf an Regelschulen weiter kritisch. Eine Elternvertreterin lobt die Arbeit an Förderschulen
Landsberg Im Landratsamt will man in Sachen Schulbegleiter nicht lockerlassen: Von dieser individuellen Unterstützung von Kindern mit einem speziellen Betreuungs- und Förderbedarf in Regelschulen ist man in der Behörde weiterhin nicht besonders überzeugt. In der jüngsten Sitzung des Inklusionsbeirats des Kreistags wurde gefordert, das System grundlegend umzustellen: Statt Schulbegleiter zu beschäftigen, die sich um einzelne Kinder kümmern, sollte das Kultusministerium lieber mehr Sozialpädagogen an den Schulen beschäftigen.
Die Schulbegleiter – der individuelle Anspruch ergibt sich aus dem Sozialgesetzbuch VIII – werden gerade auch im Landkreis Landsberg zunehmend beansprucht, berichtete der Leiter des Jugendamts, Peter Rasch: „2011 hatten wir sieben Schulbegleiter, jetzt sind wir jenseits der 40, und es liegen noch etliche Anträge vor.“Dass diese Begleiter nur jeweils für ein Kind zuständig sein sollen, ist Raschs Hauptkritikpunkt: „Schulbegleiter sind nicht in den Schulen integriert, haben anderen Kindern nichts zu sagen und dürfen auch anderen nicht helfen, sie dürfen nicht einmal bei einem Streit unter Kindern schlichtend eingreifen. Jedes andere Kind kann sagen: ,Du hast mir gar nichts zu sagen’. Auch Lehrkräften den Umgang etwa mit autistischen Kindern zu erklären, ist außerhalb des Auftrags eines Schulbegleiters.“Erkennbar sei auch, dass Kinder mit Schulbegleiter in den Klassen eine „gewisse Stigmatisierung“erfahren.
Darüber hinaus, so Rasch, sollte die Arbeit eines Schulbegleiters ja insbesondere darauf abzielen, dass seine Tätigkeit im Einzelfall irgendwann überflüssig werde. Diesem Anspruch stünden aber feste Arbeitsverträge und -zeiten gegenüber, „aus denen man nicht nach Gusto aussteigen kann“. Seine For- derung laute daher: Diese Integrationshelfer müssten in den Schulen angesiedelt werden, so könnte deren Potenzial breiter und wirtschaftlicher zur Wirkung kommen. An etlichen Schulen würden Schulbegleiter auch als „Fremdkörper“empfunden, berichtete auch Karin Schartl von der Lebenshilfe.
Die richtigen Worte zu wählen, war Kreisrätin Monika Groner (Grüne) wichtig. „Fremdkörper“und „Stigmatisierung“seien problematische Begriffe. Schulbegleiter sollten „Inklusionsassistenten“genannt werden, „damit das Miteinander zwischen Behinderten und Nichtbehinderten zum Ausdruck kommt“.
Schulbegleiter sind in der Regel bei freien Sozialträgern beschäftigt. Stefanie Maier berichtete, dass in der Lebenshilfe aktuell mehr als 40 Schulbegleiter tätig seien – meist für Kinder mit Autismus-Verhalten, Traumata oder AufmerksamkeitsDefizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS). „Über 80 Prozent unserer Maßnahmen laufen wirklich erfolgreich“, betonte sie.
Aufhorchen ließ Judith Lang vom Elternbeirat der Kauferinger Montessorischule. Sie widersprach der Darstellung des Jugendamtsleiters. „Bei uns läuft das anders, die Schulbegleiter sind sehr wohl integriert, sie kümmern sich auch um andere Kinder und sind für alle ansprechbar.“Wie das geht? „Wir haben die Schulbegleiter selber angestellt“, verriet Lang.
Genau für dieses Ziel – mehr sozialpädagogische Stellen an den Schulen – sollte man bei Bundestagsabgeordneten und beim Kultusministerium in München vorstellig werden, fasste Kreisrat Axel Flörke (Landkreis Mitte) zusammen, der das Gespräch im Inklusionsbeirat
In der Montessorischule läuft es etwas anders
Als Vor-Ort-Maßnahme schlug er einen „Runden Tisch“von Schulbegleitern, Eltern und Schulleitern vor. Davon riet jedoch Hans-Peter Bichler (Regens-Wagner-Förderschule) ab. Er könne sich nicht vorstellen, dass ein Problem gelöst werde, „wenn jemand auf dem Podium sitzt und sagt, an der Schule XY passiert dieses oder jenes“. Da sei der „kleine Dienstweg“sinnvoller.
Am Ende meldete sich noch Landrat Thomas Eichinger (CSU) zu Wort, der die Debatte um die Schulbegleiter in den Kontext der hohen Jugendhilfeausgaben des Landkreises stellte: „Wie rechtfertigen wir, dass wir bei den Jugendhilfeausgaben unter den Top drei der bayerischen Landkreise sind? Das zu fragen, nimmt niemanden in die Diskriminierung.“
Einen ganz anderen Gesichtsmoderierte. Archivfoto: Marcus Merk punkt hatte zuvor Monika Drasch von der Elternvertretung der Regens-Wagner-Förderschule in die Diskussion eingebracht. „Bei den Elternabenden hören wir immer wieder: Was sind wir froh, dass wir diese Schule gefunden haben.“Eine Förderschule sei etwas „ganz Tolles“, machte sie klar. Und es wäre wichtig, dass die Eltern die Scheu vor dieser Schulform ablegten, meinte sie.