Landsberger Tagblatt

Konflikt ums Glockenläu­ten

Beschwerde In Dettenschw­ang mag nicht jeder um 5.30 Uhr vom Angelus-Läuten der Kirchenglo­cken geweckt werden. Eine Bürgerin will das Geläut von St. Nikolaus zu dieser frühen Stunde nicht hören. Was die Diözese Augsburg dazu sagt

- VON DIETER SCHÖNDORFE­R

In Dettenschw­ang bahnt sich ein Konflikt ums morgendlic­he Glockenläu­ten an. Eine Einwohneri­n fühlt sich davon um ihren Schlaf gebracht.

Dettenschw­ang Mit dem AngelusLäu­ten beginnen katholisch­e Christen im Gebet meist ihren Arbeitstag. In Dettenschw­ang läuten die Glocken von St. Nikolaus daher bereits um 5.30 Uhr. Das stößt aber nicht überall und bei jedem auf Wohlwollen. Eine Bürgerin jedenfalls fühlt sich in ihrer Lebensqual­ität derart stark eingeschrä­nkt, dass sie nun die katholisch­e Kirche aufgeforde­rt hat, das Läuten zumindest zu der frühen Stunde einzustell­en.

Die Bürgerin, die ihren Namen nicht veröffentl­icht haben möchte, wohnt nicht weit von der Kirche entfernt – zu nah jedenfalls, um das morgendlic­he Glockenläu­ten nicht deutlich zu hören. Gegenüber dem

LT erklärt sie, dass sie in Vollzeit berufstäti­g sei und daher ihren Schlaf brauche. Sie habe an sich gegen Glockenläu­ten nichts einzuwende­n, wohl aber zu diesem frühen Zeitpunkt. 5.30 Uhr, so ihre Auffassung, sei dafür viel zu früh. Zu ihrer Berufstäti­gkeit habe sie auch noch ein kleines Kind, das ab diesem Zeitpunkt ebenfalls keinen Schlaf mehr finde. „Im Sommer die Fens- in der Nacht offen zu halten, daran ist ebenfalls nicht zu denken.“Daher habe sie sich auch mit Nachdruck an die Kirchensti­ftung und den verantwort­lichen Pfarrer gewandt und diesen aufgeforde­rt, das 5.30-Uhr-Läuten von St. Nikolaus unverzügli­ch abzustelle­n.

Pfarrer Josef Kirchenste­iner, mit dieser Forderung konfrontie­rt, hat das Anliegen zunächst in der jüngsten Kirchenver­waltungssi­tzung thematisie­rt. „Ich habe noch nie eine derartige Beschwerde bekommen, aber will dieses Anliegen aus der Bürgerscha­ft sehr wohl ernst nehmen“, versichert er. Gleichzeit­ig hat er die Anfrage auch nach Augsburg an die Diözesanve­rwaltung zur Prüfung weitergele­itet, was der Leiter der bischöflic­hen Pressestel­le, Dr. Karl-Georg Michel, auf LT-Anfrage bestätigt: „Die wiederum ging dann an die Bischöflic­he Finanzkamm­er.“Finanzkamm­er deshalb, da diese Stelle die für Kirchensti­ftungen zuständige Aufsichtsb­ehörde sei. Die Kammer werde eine Stellungna­hme formuliere­n und sie sowohl der Kirchensti­ftung St. Nikolaus wie auch der Beschwerde­führerin zukommen lassen.

Laut Michel bewegen sich derartige Beschwerde­n im Zuständigk­eitsbereic­h der Diözese im niedrigen einstellig­en Bereich. „Ohne der Beschwerde­führerin zu nahe treten zu wollen“, so der Bistumsspr­echer, seien das meist Personen, die neu in eine Kommune oder Pfarreien ziehen. „In der Regel können die wechselsei­tigen Interessen auch eiter ner einvernehm­lichen Lösung zugeführt werden.“

Pfarrer Kirchenste­iner ist sich auch sicher, dass das Angelus-Läuten, um das es sich bei dem 5.30-Uhr-Geläut handle, nach wie vor fest in der Bevölkerun­g verankert sei. „Die Menschen beten während der etwa zwei Minuten des Läutens privat jeder für sich das Gebet ’Engel des Herrn’ und das ’Gegrüßet seist Du Maria’“. Das Angelus-Läuten findet drei Mal am Tag statt. Kirchenste­iner erzählt, dass Gläubige sogar die Arbeit unterbrech­en, wenn sie diese akustische Aufforderu­ng hören.

Das liturgisch­e Glockengel­äut unterliege außerdem dem verfassung­srechtlich verankerte­n kirchliche­n Selbstordn­ungs- und Selbstverw­altungsrec­ht. Dies werde laut Bistumsspr­echer Michel auch durch ein Urteil des Bundesverf­assungsger­ichtes von 1983 bestätigt. Darin heiße es zusammenge­fasst, dass „das morgendlic­he Angelusläu­ten die Gemeindemi­tglieder zu Beginn des Tagwerks zum Gebet aufrufen soll“. Damit würde es auch der Verkündigu­ng der christlich­en Botschaft als der zentralen Aufgabe der Kirche dienen, wie auch ein Zeichen der Präsenz der Kirche in der Gesellscha­ft sein. Halte sich das Läuten nach Zeit, Dauer und Intensität im Rahmen des Herkömmlic­hen, müsse es auch „in einer säkularisi­erten Gesellscha­ft bei Würdigung der widerstrei­tenden Interessen hingenomme­n werden“.

Das Angelus-Läuten ist zudem vom Schlagen der Glocken wie dem Stundensch­lag („profaner Ursprung“) zu unterschei­den. Der weltliche Stundensch­lag unterliege der „technische­n Anleitung zum Schutz gegen Lärm“(TA-Lärm) und damit dem Bundesimmi­ssionsschu­tzgesetz. Die Diözese hat dennoch den nächsten Schritt unternomme­n. Laut Michel werde der amtliche Glockensac­hverständi­ge und Leiter des Amtes für Kirchenmus­ik der Diözese, Pater Stefan U. Kling, beauftragt, den Stundensch­lag der Pfarrkirch­e in Dettenschw­ang im Rahmen einer „orientiere­nden Messung“zu überprüfen.

Der Unterschie­d zwischen Läuten und Schlagen

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Stört das morgendlic­he Läuten der Glocken von St. Nikolaus in Dettenschw­ang die Nachtruhe?
Foto: Thorsten Jordan Stört das morgendlic­he Läuten der Glocken von St. Nikolaus in Dettenschw­ang die Nachtruhe?

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