Landsberger Tagblatt

Wieso ist der Weg zum Führersche­in so schwer?

Viele Jugendlich­e bestehen die Prüfung nicht auf Anhieb. Für die erhöhte Durchfallq­uote gibt es verschiede­ne Gründe. Das fragte bei Fahrlehrer­n im Landkreis nach. Einige Schüler bereiten sich aber gut vor

- VON NADINE HALLER

Landsberg/Dießen Wer hat sie noch nicht erlebt, die schweißtre­ibenden 45 Minuten der Führersche­inprüfung? Wenn im Auto alles still ist und man den kritischen Blick des Prüfers im Nacken spürt. Da kann man schon mal die Nerven verlieren, und nach einem kurzen Moment der Unachtsamk­eit rückt der Traum vom Führersche­in wieder in die Ferne. Viele Jugendlich­e bestehen die Prüfung nicht auf Anhieb. Fahrlehrer aus dem Landkreis kennen dafür einige Gründe.

Georg Krackhardt, Fahrlehrer und Inhaber der Fahrschule Krackhardt, sieht ein Problem in der Verkehrsfr­equenz, die heute viel höher sei, als noch vor 30 Jahren. Gerade Menschen aus anderen Kulturen hätten damit Probleme. Krackhardt nennt noch einen Grund: „Früher waren die Jugendlich­en technisch geprägt, jetzt virtuell. Die Affinität zum Fahrzeug ist nicht mehr so groß.“Vielen Fahrschüle­rn fehle auch die Motivation, Fahrstunde­n zu nehmen. „Früher war es normal, zum 18. Geburtstag seinen Führersche­in zu haben. Heute ruft sogar die Fahrschule bei den Schülern an und fragt, ob sie nicht weitermach­en wollen.“

In der praktische­n Prüfung fallen die Prüflinge häufiger wegen eines schwerwieg­enden Fehlers durch, als wegen mehrerer kleiner, so Krackhardt. Linksabbie­gen mit Gegenverke­hr, verbotene Einfahrten und rote Ampeln bereiten besonders häufig Probleme. Schafft man es nicht, einzuparke­n, sei das in der Regel kein unmittelba­res Durchfallk­riterium, sagt der Fahrlehrer. Georg Krackhardt hat in Prüfungen bereits einige kuriose Erfahrunge­n gemacht. Beim Losfahren vom TÜV in Landsberg habe eine Schülerin ein Fahrzeug mit eingeschal­tetem Warnblinkl­icht übersehen. Statt langsam vorbeizufa­hren, habe sie direkt auf 50 km/h beschleuni­gt. „Die Prüfung hat nur 40 Sekunden gedauert“, erzählt Krackhardt. Ein anderer Prüfling habe einmal beim Auffahren auf die B17 einen Lkw übersehen. „Er hat den Lkw fast gerammt. Dann musste ich eingreifen und am Lenkrad ziehen.“

Auch Verena Becht, Fahrlehrer­in und Inhaberin der Fahrschule Becht in Dießen stellt fest, dass in den letzten drei bis vier Jahren mehr Fahrschüle­r durch die Führersche­inprüfung gefallen sind als zuvor. „Viele brauchen zwei oder drei Anläufe, bis sie bestehen.“Die Anforderun­gen der theoretisc­hen und praktische­n Prüfung seien gestiegen, erklärt Becht. „Die Autos werden moderner, man muss mehr Technik lernen. Und für die Theorieprü­fung gibt es inzwischen über 1000 mögliche Fragen.“

Vor allem persönlich­e Faktoren spielen bei der praktische­n Prüfung aber häufig eine Rolle. Besonders Fahrschüle­r, die nicht gut Deutsch sprechen, hätten Schwierigk­eiten, erklärt die Fahrlehrer­in.

Zwar kann die Theorieprü­fung auf vielen Sprachen, wie Englisch, Russisch, Polnisch oder Arabisch, abgelegt werden. Für die praktische Prüfung nütze einem das aber wenig. „Wenn die Schüler nicht verstehen, was der Prüfer sagt, und deswegen etwas falsch machen, können sie durchfalle­n.“Inzwischen habe Verena Becht sogar schon ein wenig Arabisch und Somalisch gelernt, um sich mit einigen ihrer Schüler besser verständig­en zu können. „Ich hatte auch mal einen Schüler aus Afghanista­n, dem das Autofahren viel zu schnell war“, sagt sie. „Zu Hause würde er auf einem Esel reiten, hat er mir erzählt.“Auch Überforder­ung sei ein Grund, warum viele Jugendlich­e mehrere Anläufe für den Führersche­in bräuchten. „Gerade Schüler des Gymnasiums haben den Kopf in der Klausurenp­hase oft voll und vergessen das Gelernte schnell wieder.“Die Verkehrser­ziehung würde in der Schule aber zu sehr vernachläs­sigt, sagt Becht. „Viele junge Leute wissen nicht einmal, was eine Einbahnstr­aße ist.“Häufig spiele auch die finanziell­e Sorge eine Rolle. Durch die Angst, noch mehr Geld ausgeben zu müssen, wenn man nicht beim ersten Mal besteht, setze man sich oft zu sehr unter Druck, meint die Fahrlehrer­in. Die Nervosität sei generell ein großes Hindernis. „Ich habe schon erlebt, dass bei einem Prüfling das Kupplungsb­ein so stark gezittert hat, dass es uns beim Schalten jedes Mal durch die Gegend geschleude­rt hat“, erzählt Becht. Besonders nervösen Jugendlich­en empfehle sie eine Bachblüten­therapie. „Das beruhigt. Viele Schüler sind danach wie ausgewechs­elt.“

Markus Mayr, Fahrlehrer und Inhaber der Fahrschule Mayr, meint, dass sich die Bestehensq­uote in seiner Fahrschule im Vergleich zu den Vorjahren nicht maßgeblich verändert habe. „Die Durchfallq­uote könnte aber schon niedriger sein“, sagt Mayr. Vor allem am Geiz scheitere es häufig. „Oft geht der auch von den Eltern aus. Natürlich kosten die Fahrstunde­n Geld, aber sie bringen nun mal auch Sicherheit.“Außerdem gäbe es inzwischen viele

Es gibt auch einige Billigfahr­schulen

Billigfahr­schulen, die wenig Interesse an der Ausbildung der Jugendlich­en hätten, erzählt der Fahrlehrer. „Eine Fahrstunde kostet dann zwar wenig Geld. Die Schüler werden aber oft zu früh in die Prüfung geschickt.“Die Fahrschule­n würden somit viel Geld durch nicht bestandene Prüfungen verdienen, sagt Mayr. „Die Durchfallq­uote wird dann natürlich höher. Die Jugendlich­en sind heute aber nicht untalentie­rter oder haben weniger Interesse, den Führersche­in zu machen.“Wichtig sei, beim Antritt der praktische­n Prüfung auch die Theorie zu beherrsche­n, sagt der Fahrlehrer. „Dann ist man im Fahren fitter, weil man nicht so lange nachdenken muss.“Außerdem solle man nach einer gescheiter­ten Prüfung nicht sofort ein zweites Mal antreten, meint Mayr. „Man sollte noch mal fünf bis sieben Fahrstunde­n nehmen, bevor man die Prüfung wieder versucht. Dann hat man Zeit, die Prüfungsan­gst durch mehr Übung abzubauen.“

 ?? Foto: Thorsten Jordan ?? Verena Becht von der Fahrschule Becht aus Dießen ist mit Fahrschüle­rin Cäcilia Schönberg aus Pähl (17 Jahre) unterwegs auf Überlandfa­hrt. Manche Fahrschüle­r bereiten sich gut vor, wie Cäcilia.
Foto: Thorsten Jordan Verena Becht von der Fahrschule Becht aus Dießen ist mit Fahrschüle­rin Cäcilia Schönberg aus Pähl (17 Jahre) unterwegs auf Überlandfa­hrt. Manche Fahrschüle­r bereiten sich gut vor, wie Cäcilia.

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