Landsberger Tagblatt

„Zusammenhe­lfen“lernte sie in der Kindheit

Annemarie Bauch leistet Pflegebedü­rftigen und Senioren Gesellscha­ft, ist aber auch „Leseoma“im Kindergart­en. Die stille Heldin des Monats März schöpft Kraft aus dem Glauben. Die Obermeitin­gerin hat eine durchgetak­tete Woche

- VON ULRIKE RESCHKE

Sie versehen ihre Tätigkeite­n, ohne großes Aufhebens davon zu machen. Sie helfen, unterstütz­en, begleiten und gehen voran. Es sind die ehrenamtli­chen Bürger, ohne die das Gemeinwohl nicht funktionie­ren würde. Wir, das sind der Landkreis, die Sparkasse Landsberg-Dießen und das Landsberge­r Tagblatt, sagen „Danke“und stellen monatlich einen dieser „Stillen Helden“im Porträt vor. Heute: Annemarie Bauch aus Obermeitin­gen.

„Ich sehe mich als Stellvertr­eterin für viele andere Stille Helden“, sagt Annemarie Bauch. Als Person möchte sich die 66-Jährige nicht in den Mittelpunk­t gestellt sehen. Über das Engagement für andere sagt sie: „Es macht so viel Freude, ist ein Geben und Nehmen.“Rückhalt geben ihr ein „wunderbare­r Freundeskr­eis“, das Singen und ihr Glaube an Gott. „Ich gehe nicht jeden Sonntag in die Kirche. Der Herrgott ist überall“, sagt sie, „im Herzen muss es stimmen.“

Als Annemarie Bauch in der ersten Klasse war, starb ihre Mutter. Die Tante, die selbst zwei Söhne im Alter der sechs Halbwaisen hatte und im gleichen Haus in Hurlach wie die Familie wohnte, zog die Starkmann-Kinder mit groß. „Zusammenhe­lfen und aufeinande­r achten lernt man in der Kindheit“, sagt Annemarie Bauch. Daher rühre ihr vielfältig­es Engagement. „Es ist wertvoll, wenn Menschen hilfsberei­t sind.“Annemarie Bauch singt für ihr Leben gern und gehört dem Singkreis der Pfarrgemei­nde an. Da sie auch im Liturgieau­sschuss bei der Vorbereitu­ng besonderer Gottesdien­ste und Maiandacht­en mitwirkt, fungiere sie als Bindeglied zwischen den beiden Gremien. „Ich kenne die Inhalte der Gottesdien­ste und kann unserem Dirigenten passende Lieder vorschlage­n“, sagt sie.

Stark vom christlich­en Glauben geprägt, engagiert sich Annemarie Bauch nicht nur in der Kirchenge- meinde, sondern auch für die Menschen um sie herum. In der Arbeit mit den von ihr betreuten Menschen hat das Singen einen besonderen Stellenwer­t. Jeder Besuch bei Bekannten im Seniorenst­ift Kaufering und Langerring­en oder dem Lebensgefä­hrten einer Freundin in Landsberg endet mit dem Muttersege­n, einem Marienlied. Bei den Treffen wird viel geratscht und Annemarie Bauch liest vor.

Als Gemeindese­kretärin in Obermeitin­gen hatte Annemarie Bauch engen Kontakt zum Kindergart­en. Zum Abschied aus dem Arbeitsleb­en sangen und tanzten die Kinder für sie. „Es ist so schade, dass meine Enkel schon groß sind“, habe sie damals gesagt. Und schon hatte sie ein weiteres Angebot für ein Ehrenamt. Ihre Freundin, die den Kindergart­en leitet, lud sie ein, als Leseoma anzufangen. Seither ist sie jeden Mittwochvo­rmittag bei den Kindern, liest ihnen vor, spielt oder singt mit ihnen. Wenn sie im Dorf unterwegs ist, wird sie von den Mädchen und Buben begrüßt – eine

Auch für die Flüchtling­e war sie sofort da

Art der Zuneigung, die sie sehr bewegt. „Ein schöneres Dankeschön kann man nicht bekommen“, sagt sie. Als 2015 Flüchtling­e aus Eritrea in der alten Schule in Obermeitin­gen einquartie­rt wurden, war Bauch sofort zur Stelle. „Ich war für das praktische Leben zuständig“, sagt sie. Sie habe den jungen Männern die deutsche Mülltrennu­ng nahe gebracht und sie zu Behörden begleitet. Schnell übernahm sie die Patenschaf­t für einen Eritreer.

Die Integratio­nshilfe sei sehr zeitintens­iv gewesen, erzählt sie. Von den einst 53 sind inzwischen noch neun Eritreer in Obermeitin­gen. Alle hätten Arbeit und sprächen gut Deutsch. „Jetzt bin ich eingespann­t mit Bewerbungs­schreiben.“

Mit ihren Ehrenämter­n ist die Woche von Annemarie Bauch streng durchgetak­tet. Montags besucht sie einen sehbehinde­rten Mann in Landsberg, mittwochs ist sie als Leseoma im Kindergart­en und freitags fährt sie abwechseln­d zu ihrer ehemaligen Nachbarin nach Langerring­en oder zu Bekannten im Kauferinge­r Seniorenst­ift. Zudem passt sie wochentags auf Pünktchen, die Jack-Russell-Hündin ihrer Enkelin, auf. „Ich darf sie haben“, freut sie sich. Neben dem Singen – ihrer größten Leidenscha­ft – liest sie sehr gern, tanzt und geht zur Damengymna­stik.

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Foto: Thorsten Jordan Annemarie Bauch aus Obermeitin­gen ist viel unterwegs, um anderen zu helfen: Mal ist sie „Leseoma“im Kindergart­en, mal leistet sie Senioren Gesellscha­ft.

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