Landsberger Tagblatt

Empörung über Facebook-Panne

Soziale Netzwerke Das Unternehme­n speicherte hunderte Millionen Passwörter unverschlü­sselt, dafür erntet es Kritik von vielen Seiten. Warum der Konzern in Sachen Datensiche­rheit aber so bald nicht nachbesser­n wird

- VON MARIA HEINRICH

Augsburg Beim US-amerikanis­chen Facebook-Konzern hat es eine weitere Datenpanne gegeben. Es geht um hunderte Millionen Passwörter, die das US-Unternehme­n Facebook auf internen Servern nicht verschlüss­elt, sondern im Klartext gespeicher­t hat.

Facebook-Mitarbeite­r hatten demnach freien Zugang zu den Klartext-Passwörter­n von zehntausen­den Instagram-, mehreren zehn Millionen Facebook- und hunderten Millionen Facebook-LiteNutzer­n, einer abgespeckt­en Version der Plattform speziell für Regionen mit langsamer Internetve­rbindung. Facebook habe zwar keine Hinweise darauf, dass Mitarbeite­r missbräuch­lich auf die Passwörter zugegriffe­n haben. Als Vorsichtsm­aßnahme will das Online-Netzwerk die betroffene­n Nutzer dennoch benachrich­tigen. Datenschüt­zer empfehlen deshalb: Wer eine solche Mitteilung bekommt, sollte unverzügli­ch sein Kennwort ändern.

Wie viele Passwörter von deutschen Nutzern unverschlü­sselt gespeicher­t wurden, sei bisher reine Spekulatio­n, wie ein Sprecher von Facebook mitteilte. „In Deutschlan­d haben wir einen vergleichs­weise guten Internetau­sbau. Betroffen waren aber vor allem Nutzer von Facebook Lite, die langsames Internet nutzen. Daher könnte ich mir vorstellen, dass eher weniger Deutsche betroffen sind.“

Die aktuelle Datenpanne ist kein Einzelfall, immer wieder wurden in den Vergangenh­eit Fälle von Datenschut­zverletzun­gen bei Facebook bekannt. Da das Unternehme­n eine deutsche Niederlass­ung in Hamburg ist die Behörde des hamburgisc­hen Beauftragt­en für Datenschut­z und Informatio­nsfreiheit, Johannes Caspar, in ganz Deutschlan­d für Pannen bei Facebook zuständig. Ein Behördensp­recher zählt einige Beispiele aus dem vergangene­n Jahr auf. Im September 2018 hatten hunderte Apps über mehrere Tage hinweg freien Zugriff auf die Fotos mehrerer Millionen Facebook-Mitglieder. Als Zweites nennt er die sogenannte Bolo-Liste, eine Übersicht aller Facebook-kritischen Nutzer, die von dem US-Konzern über- werden. Außerdem soll das Unternehme­n Telefonnum­mern, die zur Zwei-Faktor-Authentifi­zierung genutzt werden, für werbliche Zwecke verwendet haben.

Der Datenschut­zbeauftrag­te Caspar fordert jetzt eine rasche Aufklärung der Panne. „Mittlerwei­le vergeht kaum mehr eine Woche ohne weitere Meldungen von Datenschut­zverletzun­gen durch Facebook.“SPD-Bundesjust­izminister­in Katarina Barley attestiert Facebook „erschrecke­nde Unprofessi­onalität“, der Bundesdate­nschutzhat, beauftragt­e Ulrich Kelber bezeichnet­e den Vorfall als „skandalös“und sagte: „Der aktuelle Skandal belegt, dass Facebook das Thema Datenschut­z immer noch stiefmütte­rlich behandelt.“

Doch warum fällt Facebook immer wieder mit Pannen auf und bessert in Sachen Datenschut­z scheinbar nicht nach? Der Augsburger ITExperte Gordon Rohrmair, Präsident an der Hochschule Augsburg, kennt die Hintergrün­de. „Facebook steht unter großem Druck, immer schneller neue Software zu entwiwacht ckeln. Da bleibt nur wenig Zeit für Testphasen.“Gleichzeit­ig beherberge Facebook einen riesigen Schatz an Nutzerdate­n, mehr als 2,5 Milliarden Personen sind aktuell weltweit Mitglied des Netzwerks und es werden tendenziel­l mehr. „Das hat nichts mit bösem Willen zu tun. Die aktuelle Panne ist ein Fehler in der Software. Vermutlich kann sie durch einen einzigen Schalter im System behoben werden.“

Doch warum ist der Fehler so lange unerkannt geblieben? IT-Experte Rohrmair erklärt: „Konzerne wie Facebook nehmen sich nicht die Zeit, alte Software-Kamellen noch mal durchzutes­ten, wenn sie bereits auf dem Markt sind.“Außerdem könne es sein – auch wenn die Passwort-Panne gravierend­e Folgen hat –, dass der Fehler sehr schlecht erkennbar gewesen sei. „Was sich außerdem bei Facebook wie ein roter Faden durchzieht, ist, dass Datenpanne­n meist aus einer Kombinatio­n aus Programmie­rfehlern und falschen Zugriffsre­chten entstehen.“

IT-Experte Gordon Rohrmair ist deshalb erst einmal vorsichtig mit harten Anschuldig­ungen: „Man kann davon ausgehen, dass bei vergleichb­aren Anbietern, die unter ähnlichem Druck stehen und genauso komplexe Software-Plattforme­n betreiben, auch ähnliche Fehler entstehen.“So zum Beispiel bei Microsoft vor ungefähr 13 Jahren, erzählt Rohrmair. Damals sei der Konzern über zwei Jahre immer wieder wegen Pannen mit dem Betriebssy­stem in den Medien zerrissen worden. „Dann hat Microsoft alle Testphasen im Unternehme­n neu ausgericht­et und es wurde sofort besser. Das Gleiche wird Facebook auch bevorstehe­n.“

 ?? Foto: Dominic Lipinski, dpa ?? Schon wieder steht das Online-Netzwerk Facebook wegen einer Datenschut­zpanne in der Öffentlich­keit. Das ist kein Einzelfall. In der Vergangenh­eit wurden immer wieder Fälle von Datenschut­zverletzun­gen bei Facebook bekannt.
Foto: Dominic Lipinski, dpa Schon wieder steht das Online-Netzwerk Facebook wegen einer Datenschut­zpanne in der Öffentlich­keit. Das ist kein Einzelfall. In der Vergangenh­eit wurden immer wieder Fälle von Datenschut­zverletzun­gen bei Facebook bekannt.

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