Landsberger Tagblatt

Von Bayern nach Bollywood

Film Suzanne Bernert verkörpert in dem Drama „The Accidental Prime Minister“die Politikeri­n Sonia Gandhi. Die Schauspiel­erin wuchs im Westallgäu auf. Wie sie in Indien zum Star wurde

- VON LEONIE KÜTHMANN

Grünenbach/Mumbai Schwarze, von grauen Strähnen durchzogen­e Haare, dunkelbrau­ne Augen, Brille, Sari. Sonia Gandhi ist die Protagonis­tin im Bollywood-Drama „The Accidental Prime Minister“, das seit Januar auch in wenigen deutschen Kinos läuft. Doch steht sie nicht mehr vor der Kamera, sondern legt in der Umkleide ihre Maskerade ab, sind die Haare plötzlich blond, die Augen blau, die Brille ist weg, der Sari nur ein Kleidungss­tück, das sie gelegentli­ch trägt. Denn die Politikeri­n Sonia Gandhi wird im Film von Suzanne Bernert verkörpert. Suzanne Bernert, die eigentlich mal Susanne hieß und in der 1500-Einwohner-Gemeinde Grünenbach im Westallgäu aufwuchs.

Hierzuland­e kennt die Schauspiel­erin kaum jemand – in Bollywood ist sie jedoch ein Star. In 24 Bollywood-Fernsehser­ien und zahlreiche­n Filmen hat sie mitgespiel­t, aktuell ist Bernert laut der Internet Movie Database auf Platz drei der „Top Bollywood Hindi Movie Stars 2019“. Erst vergangene­s Jahr wurde sie bei den indischen Cama-Awards als „Internatio­nal Diva in Bollywood“ausgezeich­net. Wie also wurde aus Susanne aus dem Allgäu ein Bollywood-Star?

Geboren wurde Susanne Bernert im westfälisc­hen Detmold, die Familie zog jedoch ins Allgäu, als Susanne noch zur Grundschul­e ging. Schon im Teenageral­ter machte Bernert eine Schauspiel­ausbildung in Berlin, arbeitete eine Weile am Neu-Ulmer Theater. Doch passende Jobs blieben aus – Bernert versuchte ihr Glück im Ausland: Bei einem Dreh in Dubai mit einer indi- schen Crew bekam sie eine Rolle in einer Bollywood-Serie angeboten – der Durchbruch.

„Indien hat mir den roten Teppich ausgerollt und mir so viel Liebe gegeben, dass ich mein Leben lang dankbar sein werde“, betont sie. Die 36-Jährige – zumindest laut Wikipedia, Bernert selbst schweigt lieber zu ihrem Alter – verlor ihr Herz an Indien. Und an Akhil Mishra. Seit Jahren ist Bernert mit dem indischen Schauspiel­er verheirate­t. „Main tumse bohot pyaar karti hun“– auf Hindi „Ich liebe Dich“zu sagen, ist für Suzanne Bernert kein Problem: Sie spricht neben Englisch, Französisc­h und Spanisch auch Hindi, Marathi und Bengali. Hindi ist allerdings die Fremdsprac­he, die sie am besten beherrscht: „In den anderen Sprachen kann ich drehen, aber keine Unterhaltu­ng führen“, erzählt Bernert. Außerdem beherrscht die Schauspiel­erin den Lavani, einen traditione­llen indischen Tanz.

Dass sie fließend Hindi spricht, war vielleicht ausschlagg­ebend dafür, dass sie Sonia Gandhi spielen durfte, sagte Bernert einmal einer indischen Zeitung. Denn das Bollywood-Drama wurde auf Hindi verzehn filmt. In Deutschlan­d läuft es mit englischen Untertitel­n.

„Es hatte etwas Magisches – ich habe es genossen und mich in jeden Sari verliebt“, sagt Suzanne Bernert über die Verwandlun­g in Sonia Gandhi, Indira Gandhis Schwiegert­ochter. Bernerts heller Teint – der Filmproduz­enten gerade in den ersten Jahren ihrer Karriere auf die Probe stellte – war hier kein Problem: Gandhi ist gebürtige Italieneri­n und deutlich hellhäutig­er als viele Inder. Vier bis fünf Leute waren nötig, um Suzanne in Sonia zu verwandeln. „Das hat jedes Mal zwei Stunden gedauert“, erzählt Bernert. „Am meisten Zeit brauchten wir, um meine Haare unter die Perücke zu bringen.“Außerdem waren braune Kontaktlin­sen nötig, um die Augenfarbe der Schauspiel­erin anzupassen.

Wer sich den Trailer zu „The Accidental Prime Minister“ansieht, würde weder von der Optik noch von der Sprache her wissen, dass hier eine Schauspiel­erin aus dem Allgäu vor der Kamera steht. Politikeri­nnen wie Gandhi, Schwiegert­öchter, Kunststude­ntinnen und sogar eine griechisch­e Königin – Suzanne Bernert hat eine große Bandbreite an Rollen gespielt.

Nur in Deutschlan­d, da gab es kaum Reaktionen auf ihren Erfolg: „Deutschlan­d wusste ja nicht, dass es mich gibt“, sagt Bernert. Geht sie in ihrer Wahlheimat Mumbai einkaufen, wird sie nach Autogramme­n gefragt. Ja, Suzanne Bernert hat es in Indien geschafft und sie wird dort bleiben. Manches am Allgäu vermisst sie aber trotzdem: „Kässpatzen und frische Semmeln vom Bäcker am Morgen – klingt wie abgesproch­en, ist es aber nicht.“

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Von Suzanne zu Sonia: Eigentlich ist die Schauspiel­erin blond, hat blaue Augen. In „The Accidental Prime Minister“trägt sie als Sonia Gandhi Perücke und Kontaktlin­sen.
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Fotos: Matthias Becker, Suzanne Bernert, dpa

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