Landsberger Tagblatt

Spitalgut: Wieder nichts mit dem Ökolandbau

Verschoben Eine Gutachteri­n erläutert in der Stadtratss­itzung in Landsberg die wirtschaft­lichen Zahlen zu verschiede­nen Anbauvaria­nten. Warum das Gremium die Entscheidu­ng trotzdem verschiebt

- VON STEPHANIE MILLONIG

Landsberg Über eine Dreivierte­lstunde debattiert und dann doch vertagt: Die Stadträte hatten das Gefühl, noch zu wenig darüber zu wissen, ob Bioanbau für das Spitalgut wirtschaft­lich wäre. Diskutiert wird das Thema übrigens schon seit 27 Jahren, wie in der Sitzung angesproch­en wurde. Gutachteri­n Ursula König vom Fachzentru­m ökologisch­er Landbau am Amt für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten Ebersberg erläuterte ihre Erkenntnis­se über die finanziell­e Auswirkung einer Umstellung. Denn die stehen im Fokus einer Entscheidu­ng: Diese Landwirtsc­haft muss Gelder für die Heilig-Geist-Stiftung erwirtscha­ften. Oberbürger­meister Mathias Neuner erinnerte daran: „Wir stimmen als Stiftungsr­at ab.“

Ein zweites Gutachten wurde nicht behandelt, es beschäftig­t sich mit dem Gesamtbetr­ieb. Christian Hettmer (CSU) fasste aber daraus zusammen, dass der Gutachter die Arbeit von Betriebsle­iter Bernhard Tobisch positiv bewertet habe. Doch zurück zum Prozedere einer Umstellung: Das Spitalgut ist ein viehloser Marktfruch­tbetrieb. Das heißt, es wird auf 237 Hektar hauptsächl­ich Ackerbau betrieben. Soll Tobisch künftig auf Kunstdünge­r und Spritzmitt­el verzichten, muss er auf andere Weise für Düngung auf seinen Flächen sorgen und auch das Unkraut anders bekämpfen, wie Ursula König ausführte. Der Anbau von sogenannte­n Leguminose­n wie Klee ist eine Möglichkei­t, den wichtigen Pflanzennä­hrstoff Stickstoff in den Boden zu bringen. Also kommt Kleegras in die Fruchtfolg­e. Doch wie in einem viehlosen Betrieb nutzen? Das Material kann als Gründüngun­g eingearbei­tet oder geerntet und verkauft werden.

Als Düngung können auch Gärreste aus der Biogasprod­uktion oder angekaufte Gülle aus Biobetrieb­en ausgebrach­t werden. Die Fachfrau aus Ebersberg schlägt außerdem den Anbau von Körnermais vor. Letztendli­ch stellte Ursula König mehrere Fruchtfolg­evarianten gegenüber und verglich die Wirtschaft­lichkeit. Bei der jetzigen konvention­ellen Produktion beläuft sich die Vergleichs­summe auf 176 000 Euro. Die Ökovariant­en unterschei­den sich vor allem im Körnermais­anteil. Bernhard Tobisch hält zehn Hektar Körnermais für die am Besten zu verwirklic­hende Variante (139000 Euro). Ursula König rechnet einmal mit über 40 Hektar Körnermais (169 000 Euro) und in einer weiteren Variante mit noch mehr Körnermais und dem Verkauf von Kleegras (181 000). Bevor ein Betrieb als ökologisch gilt, muss er seine Produkte zwei Jahre als Umstellung­sware verkaufen – für diese zwei Jahre liegt die Vergleichs­summe dann bei nur 79000 Euro. Aus rein wirtschaft­licher Sicht biete die Umstellung keinen Vorteil, so Königs Fazit. Denn bei der einnahmest­ärksten Variante ist unsicher, ob ein Abnehmer für Kleegras gefunden wird. Außerdem stellt sich laut König die für das Spitalgut optimale Fruchtfolg­e erst nach einem längeren Zeitraum ein.

Es ging nicht nur um Zahlen bei dieser Diskussion: König zeigte auf, dass wichtige Voraussetz­ung für eine funktionie­rende Biolandwir­tschaft auch die Motivation des Betriebsle­iters und dessen positive Einstellun­g zu Natur und zum ökologisch­en Landbau seien. Als nicht messbarer Gewinn sei die gesellscha­ftliche Akzeptanz zu sehen, König verwies in diesem Zusammenha­ng auf die Nachhaltig­keit bei Wasser-, Boden- und Klimaschut­z.

„Wir machen die Umstellung nicht aus wirtschaft­lichen, sondern ökologisch­en Gründen“, sagte dazu Dr. Andreas Hartmann (B90/Grüne). Für Stefan Meiser (ÖDP) war die Erkenntnis wichtig, dass laut der vorgestell­ten Wirtschaft­lichkeitsr­echnung vergleichb­are Zahlen erreicht werden können. Welche Geschäftsb­eziehung für ein ökologisch­es Spitalgut möglich wären, stand aber letztendli­ch im Fokus der Diskussion. Berthold Lesch (CSU) erinnerte im Zusammenha­ng mit dem Thema Gülleausbr­ingung daran, dass Flächen des Betriebes im Wasserschu­tzgebiet liegen und fragte,

Auf 237 Hektar wird vor allem Ackerbau betrieben

Gibt es genügend Betriebe, die Dünger liefern können?

ob es Abnehmer für die Produkte geben wird und die Öko-Preise stabil blieben. Für ihn sind es „so viele Annahmen“. Bernhard Tobisch, der dem Stadtrat auch eine schriftlic­he Stellungna­hme gegeben hatte, war angesichts der großen Fläche des Spitalgute­s skeptisch, ob er genügend Partner findet, um Düngung anzukaufen und eine vernünftig­e Nährstoffv­ersorgung hinzubekom­men. Durch die andere Produktion­sweise müssen laut Tobisch Veränderun­gen vorgenomme­n werden, beispielsw­eise die Getreidere­inigung überarbeit­et werden. „Die Umstellung ist mit einem großen Fragezeich­en versehen.“

Dr. Wolfgang Weisensee (Landsberge­r Mitte) schlug vor, eine Abstimmung zu verschiebe­n, denn für ihn stellt sich die Frage „Was ist möglich?“20:5 wurde beschlosse­n, dass die Verwaltung die Machbarkei­t einer Umstellung auf ökologisch­en Landbau prüfen und Informatio­nen liefern soll.

 ?? Foto: Julian Leitenstor­fer ?? Das Spitalgut wird konvention­ell bewirtscha­ftet. Seit Jahren wird diskutiert, ob man auf Ökolandwir­tschaft umstellen soll.
Foto: Julian Leitenstor­fer Das Spitalgut wird konvention­ell bewirtscha­ftet. Seit Jahren wird diskutiert, ob man auf Ökolandwir­tschaft umstellen soll.

Newspapers in German

Newspapers from Germany