Spitalgut: Wieder nichts mit dem Ökolandbau
Verschoben Eine Gutachterin erläutert in der Stadtratssitzung in Landsberg die wirtschaftlichen Zahlen zu verschiedenen Anbauvarianten. Warum das Gremium die Entscheidung trotzdem verschiebt
Landsberg Über eine Dreiviertelstunde debattiert und dann doch vertagt: Die Stadträte hatten das Gefühl, noch zu wenig darüber zu wissen, ob Bioanbau für das Spitalgut wirtschaftlich wäre. Diskutiert wird das Thema übrigens schon seit 27 Jahren, wie in der Sitzung angesprochen wurde. Gutachterin Ursula König vom Fachzentrum ökologischer Landbau am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Ebersberg erläuterte ihre Erkenntnisse über die finanzielle Auswirkung einer Umstellung. Denn die stehen im Fokus einer Entscheidung: Diese Landwirtschaft muss Gelder für die Heilig-Geist-Stiftung erwirtschaften. Oberbürgermeister Mathias Neuner erinnerte daran: „Wir stimmen als Stiftungsrat ab.“
Ein zweites Gutachten wurde nicht behandelt, es beschäftigt sich mit dem Gesamtbetrieb. Christian Hettmer (CSU) fasste aber daraus zusammen, dass der Gutachter die Arbeit von Betriebsleiter Bernhard Tobisch positiv bewertet habe. Doch zurück zum Prozedere einer Umstellung: Das Spitalgut ist ein viehloser Marktfruchtbetrieb. Das heißt, es wird auf 237 Hektar hauptsächlich Ackerbau betrieben. Soll Tobisch künftig auf Kunstdünger und Spritzmittel verzichten, muss er auf andere Weise für Düngung auf seinen Flächen sorgen und auch das Unkraut anders bekämpfen, wie Ursula König ausführte. Der Anbau von sogenannten Leguminosen wie Klee ist eine Möglichkeit, den wichtigen Pflanzennährstoff Stickstoff in den Boden zu bringen. Also kommt Kleegras in die Fruchtfolge. Doch wie in einem viehlosen Betrieb nutzen? Das Material kann als Gründüngung eingearbeitet oder geerntet und verkauft werden.
Als Düngung können auch Gärreste aus der Biogasproduktion oder angekaufte Gülle aus Biobetrieben ausgebracht werden. Die Fachfrau aus Ebersberg schlägt außerdem den Anbau von Körnermais vor. Letztendlich stellte Ursula König mehrere Fruchtfolgevarianten gegenüber und verglich die Wirtschaftlichkeit. Bei der jetzigen konventionellen Produktion beläuft sich die Vergleichssumme auf 176 000 Euro. Die Ökovarianten unterscheiden sich vor allem im Körnermaisanteil. Bernhard Tobisch hält zehn Hektar Körnermais für die am Besten zu verwirklichende Variante (139000 Euro). Ursula König rechnet einmal mit über 40 Hektar Körnermais (169 000 Euro) und in einer weiteren Variante mit noch mehr Körnermais und dem Verkauf von Kleegras (181 000). Bevor ein Betrieb als ökologisch gilt, muss er seine Produkte zwei Jahre als Umstellungsware verkaufen – für diese zwei Jahre liegt die Vergleichssumme dann bei nur 79000 Euro. Aus rein wirtschaftlicher Sicht biete die Umstellung keinen Vorteil, so Königs Fazit. Denn bei der einnahmestärksten Variante ist unsicher, ob ein Abnehmer für Kleegras gefunden wird. Außerdem stellt sich laut König die für das Spitalgut optimale Fruchtfolge erst nach einem längeren Zeitraum ein.
Es ging nicht nur um Zahlen bei dieser Diskussion: König zeigte auf, dass wichtige Voraussetzung für eine funktionierende Biolandwirtschaft auch die Motivation des Betriebsleiters und dessen positive Einstellung zu Natur und zum ökologischen Landbau seien. Als nicht messbarer Gewinn sei die gesellschaftliche Akzeptanz zu sehen, König verwies in diesem Zusammenhang auf die Nachhaltigkeit bei Wasser-, Boden- und Klimaschutz.
„Wir machen die Umstellung nicht aus wirtschaftlichen, sondern ökologischen Gründen“, sagte dazu Dr. Andreas Hartmann (B90/Grüne). Für Stefan Meiser (ÖDP) war die Erkenntnis wichtig, dass laut der vorgestellten Wirtschaftlichkeitsrechnung vergleichbare Zahlen erreicht werden können. Welche Geschäftsbeziehung für ein ökologisches Spitalgut möglich wären, stand aber letztendlich im Fokus der Diskussion. Berthold Lesch (CSU) erinnerte im Zusammenhang mit dem Thema Gülleausbringung daran, dass Flächen des Betriebes im Wasserschutzgebiet liegen und fragte,
Auf 237 Hektar wird vor allem Ackerbau betrieben
Gibt es genügend Betriebe, die Dünger liefern können?
ob es Abnehmer für die Produkte geben wird und die Öko-Preise stabil blieben. Für ihn sind es „so viele Annahmen“. Bernhard Tobisch, der dem Stadtrat auch eine schriftliche Stellungnahme gegeben hatte, war angesichts der großen Fläche des Spitalgutes skeptisch, ob er genügend Partner findet, um Düngung anzukaufen und eine vernünftige Nährstoffversorgung hinzubekommen. Durch die andere Produktionsweise müssen laut Tobisch Veränderungen vorgenommen werden, beispielsweise die Getreidereinigung überarbeitet werden. „Die Umstellung ist mit einem großen Fragezeichen versehen.“
Dr. Wolfgang Weisensee (Landsberger Mitte) schlug vor, eine Abstimmung zu verschieben, denn für ihn stellt sich die Frage „Was ist möglich?“20:5 wurde beschlossen, dass die Verwaltung die Machbarkeit einer Umstellung auf ökologischen Landbau prüfen und Informationen liefern soll.