Im Kloster schweigen die Glocken
Bauarbeiten Der Turm der Klosterkirche in St. Ottilien wird von einem hohen Gerüst umgeben. In den nächsten Monaten steht eine Sanierung für 1,5 Millionen Euro an. Wie die Mönche dabei auch ihrer Märtyrer gedenken
St. Ottilien Die Glocken in St. Ottilien müssen schweigen. Doch nicht die erfolgreiche Klage eines Anliegers, der sich durch das Geläut gestört fühlt, ist der Grund dafür. Es sind die Sanierungsarbeiten am Turm der Klosterkirche, die mit Vorarbeiten in dieser Woche begonnen haben. Bis zum September wird dieser eher lautlose Zustand im und rund um das Kloster andauern, dann wird das Geläut umso weicher klingen und auch eine breitere Klangbreite ausfüllen, denn dann werden nicht mehr nur acht, sondern neun Glocken zu hören sein, wie Erzabt Wolfgang Öxler beim Pressetermin berichtete.
Die stille Zeit bis September sieht er für sich und seine Mitbrüder als „verlängerte Fastenzeit“. Tatsächlich sei es für so manchen Benediktiner eher ungewöhnlich, nicht mehr vom Glockenläuten durch den Tag geleitet zu werden. „Da tut sich der eine oder andere schon schwer, sich zu orientieren.“Dafür steht momentan ein riesiger Kran vor der Klosterkirche und hievt tonnenschwere Stahlträger hinauf in luftige Höhen. „Daran wird einmal das Gerüst stabilisiert, aber auch einige der Glocken während der Sanierungsarbeiten aufgehängt,“erklärt Bauleiter Herbert Bader. Teilweise stellt man sie aber auch dort, wo es der Platz hergibt, auf den Böden ab.
Es sind die Jahre und die zunehmende Stärke der Stürme, die dem Turm der Klosterkirche arg zugesetzt haben. Das Kupferblech, das die tonnenschweren Biberschwanzziegel 1926 ersetzte, hat sich nach der Sanierung, die letzte erfolgte 1991, teilweise abgelöst, ausgebeult oder nach innen durchgedrückt. Dadurch ergaben sich Zwischenräume, durch die Schnee, Wind und Regen nahezu ungehindert in den Innenraum des Turmes dringen konnten. Doch auch durch die offene Glockenstube kam die Feuchtigkeit ins Innere und verursachte im Mauerwerk Risse. Zudem übte der Wind durch diese Angriffsflächen große Kraft auf den 75 Meter hohen Turm aus.
sollten die Sanierungsarbeiten bereits im vergangenen Jahr beginnen, erzählt Erzabt Wolfgang Öxler, doch dann machten die im Turm heimischen Fledermäuse den Bauherrn einen Strich durch die Rechnung. Ein Fledermausbeauftragter brachte sogar Einflugschneisen für die Tiere ins Spiel, hatte dann aber ein Einsehen. Wolfgang Öxler: „Es waren letztlich nicht so viele Exemplare.“Dennoch habe das Gutachten laut Spenglermeister Hubert Leib eine Verzögerung von rund einem Jahr verursacht.
Die Glocken sind also raus, seit dieser Woche haben die Handwerker das Sagen. Mit dabei sind auch die Zimmerer des hauseigenen Klosterbetriebs. Sie werden unter anderem die Schalung für den Turmhelm fertigen, Sparren ausbessern und vor allem auch die neuen Schallfenster an den großen Öffnungen der Glockenstube herstellen und montieren. Damit werde künftig verhindert, dass Regen und Schnee wie auch Vögel (meist Dohlen) in den Innenraum dringen und somit Feuchtigkeit und Vogelkot draußen gehalten werden.
Spannender Teil der Sanierung ist auch der Austausch des stark in Mitleidenschaft gezogenen Stahl-Glockenstuhls – 1949 in der Maxhütte hergestellt – gegen einen Ersatz aus Eichenholz. Projektleiter Bruder Odillo Rahm: „Das ergibt künftig einen qualitativ wesentlich besseren Klang der Glocken“– die im Übrigen mit einer neunten kleineren Glocke ergänzt werden. Diese Glocke wird im Mai gegossen und im Juli zum Benediktusfest gesegnet. Erzabt Öxler: „Sie ist den benediktinischen Märtyrern gewidmet, die im nord-koreanischen Tokwon ihr Leben ließen.“Die Widmungen und Wappen auf der neuen Glocke hat der Landsberger Kunstprofessor Benedikt Weißhaar geschaffen.
Nach den Osterfeiertagen beginnen die Handwerker mit dem Abbau des alten Kupferblechs, das aber nicht etwa ins Altmetall wandert. Hubert Leib: „Das Blech mit seiner Patina wird entsprechend an anderen denkmalgeschützten Gebäuden wieder verwendet.“Zunächst wird man sich an den Anblick des kupferrot glänzenden Daches gewöhnen müssen, aber Axel Hofstadt von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz weiß: „Das Kupfer wird schnell
Ohne Geläute tut sich so mancher schon schwer
die gewohnte grüne Patina ansetzen.“Der Kurator war mit einem Scheck in Höhe von 50000 Euro angereist, mit dem seine Organisation die Sanierung unterstützt. Gleichzeitig ermunterte er den Erzabt, Folgeanträge zu stellen, denen sich die Stiftung sicher nicht verEigentlich schließen werde. Dennoch bedeutet der Eigenanteil in Höhe von 500 000 Euro für das Kloster eine große Belastung, die es unter anderem durch das Einsammeln von Spenden zu schultern hofft. Das zweite Drittel der gesamt 1,5 Millionen Euro für die Sanierung des Turms und diverwieder ser Arbeiten am Langhaus der Kirche kommt vom Bistum, der Rest über Zuschüsse.
Im September sollen die dann neun Glocken wieder zu hören sein. Und Spenglermeister Leib verspricht: „Wir bauen so, dass es die nächsten 100 Jahre hält.“