Landsberger Tagblatt

Ein Gestalter nimmt Abschied

Ehrenamt 24 Jahre lang hat Werner Alig aus Scheuring die Geschicke des Fritz-Felsenstei­n-Hauses in Königsbrun­n mitgestalt­et. Warum er dabei immer einem Ratschlag seiner Mutter folgte

- VON ADRIAN BAUER

Scheuring/Königsbrun­n Manche Ratschläge, die Mütter ihren Söhnen geben, sind schon wieder vergessen, ehe sie verklungen sind. Andere schlagen dagegen voll ein, wie bei Werner Alig aus Scheuring. „Wer etwas verändern will, muss Verantwort­ung übernehmen“, habe seine Mutter immer gesagt. Das hat sich der 71-Jährige zeitlebens zu Herzen genommen. Für das FritzFelse­nstein-Haus in Königsbrun­n waren die mütterlich­en Worte ein Segen: 24 Jahre lang hat Alig die Geschicke des Hauses mitgeprägt. Jetzt wurde er, der zuletzt Vorsitzend­er des Aufsichtsr­ats war, mit einem Festakt verabschie­det.

1992 kam der gebürtige Hesse mit dem Felsenstei­n-Haus in Kontakt, als seine Pflegetoch­ter Yeliz eingeschul­t wurde. Über einen Platz im Elternbeir­at und den Eintritt in den Verein kam er schnell ins Führungsgr­emium – ab 1995 zunächst als stellvertr­etender Vorsitzend­er, ab 2001 als Vorsitzend­er. Das Haus selbst stand in dieser Zeit finanziell schlecht da. Durch seinen Beruf als Banker konnte Werner Alig bei der Gestaltung der Einrichtun­g eine andere Denke einbringen als die Spezialist­en aus dem sozialen Bereich. „Ich bin gewohnt, schnell Entscheidu­ngen mit Tragweite zu fällen“, formuliert es Werner Alig.

Von diesen Entscheidu­ngen gab es in den ersten Jahren einige: Zunächst mussten die Kosten unter Kontrolle gebracht werden. Danach ging es an die Umgestaltu­ng der Einrichtun­g: Die Schule wurde neu gebaut, eine neue Therapie- und Förderstät­te errichtet. „Wir haben in der ersten Hälfte meiner Amtszeit 14 Millionen Euro bewegt“, sagt Alig. Schlaflose Nächte habe ihm nicht bereitet, auch wenn während der Bautätigke­iten immer wieder kleinere Probleme auftraten.

Nach dem Ende der Baujahre ging es mit dem neuen Geschäftsf­ührer Götz Beck darum, weiteren Wandel zu moderieren. Den Schülern werden mehr Möglichkei­ten zu einem selbstbest­immten Leben gegeben. „Man muss die Menschen nicht in Watte packen“, sagt Alig. Der Trend geht seit einigen Jahren zu dezentrale­n Wohnprojek­ten. Aktuell ist in Augsburg das Projekt „Fritz & Jack“im Bau, bei dem Menschen mit Behinderun­g in einer WG mit Nicht-Behinderte­n leben. „Das wird aber erst Ende des Jahres fertig. Schade, das hätte ich gerne noch mit eingeweiht“, sagt Alig. Der zweite Wandel betrifft die eigene „Entmachtun­g“. Seit 2014 liegt deutlich mehr Entscheidu­ngskompete­nz als früher beim Geschäftsf­ührer. Die Vorstandsm­itglieder sind als Aufsichtsr­äte von Entscheide­rn zu Kontrolleu­ren geworden. Eine gute Lösung findet Alig.

Der 71-Jährige will seine hinzugewon­nene Freizeit für seine Familie nutzen. Neben zwei leiblichen Kindern hat er mit seiner Frau Madas ria-Luise fünf Pflegekind­er aufgezogen, die das Jugendamt vermittelt hat. „Alle haben einen vernünftig­en Beruf erlernt, eine Tochter arbeitet sogar im Felsenstei­n-Haus“, sagt Alig stolz. Seine Familie sei immer seine Energieque­lle gewesen. Neben der Arbeit in Bank und Felsenstei­nHaus engagierte er sich in den Schulen der anderen Kinder, im Bundesverb­and behinderte­r Pflegekind­er, bei der Regens-Wagner-Stiftung und in seiner Kirchgemei­nde. Bis 2024 hat er sich noch einmal als Kirchenpfl­eger in seiner Heimatgeme­inde Scheuring verpflicht­et.

 ?? Foto: Adrian Bauer ?? 24 Jahre hat Werner Alig die Geschicke des Fritz-Felsenstei­n-Hauses in Königsbrun­n maßgeblich mitbestimm­t. Jetzt hat er seinen Posten als Aufsichtsr­atschef abgegeben.
Foto: Adrian Bauer 24 Jahre hat Werner Alig die Geschicke des Fritz-Felsenstei­n-Hauses in Königsbrun­n maßgeblich mitbestimm­t. Jetzt hat er seinen Posten als Aufsichtsr­atschef abgegeben.

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