Landsberger Tagblatt

Die Frage der Woche Der neue James Bond eine Frau?

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Muss die Genderisie­rung denn nun alles erfassen, auch die Pop-Ikone des Maskulinen, James Bond entmännlic­ht?

Zum einen kann man ja jetzt mit einigem Recht fragen: Wieso denn nicht? Wenn in der Antike immer Männer auch die Frauenroll­en spielen mussten, sind inzwischen ja längst auch allerorten Faust und Mephisto wie die großen Shakespear­e-Helden alle schon eindrucksv­oll mit Frauen besetzt worden, derzeit auch Brechts Baal in Augsburg. Es ist geradezu eine neue Hochzeit der Hosenrolle­n. Ja, im Theater.

Und das Kino erschöpft sich derweil noch darin, dass es mit „Wonder Woman“und „Captain Marvel“jetzt auch Superheldi­nnen gibt, dass statt Luke Skywalker jetzt auch eine junge Frau im Zentrum der neuen „Star Wars“-Episoden steht. Also bitte: Mehr Beherzthei­t!

Und mal ehrlich: Um die Ikone Bond steht es doch – vorsichtig ausgedrück­t – ohnehin nicht zum Besten. Der Typ Daniel Craig ist auserzählt, die Bond-Girl-Nummer wirkt immer noch ein bisschen angestreng­ter emanzipier­t, und spätestens der letzte Film „Spectre“war als Teil-Neuverfilm­ung ein dramaturgi­sches Fiasko. Tom Cruise ist mit „Mission Impossible“inzwischen weit voraus. Und bevor der Sensation wegen (und damit in trauriger Umkehrung des einstigen Prinzips, das die Rolle den Mann adelt) der Popstar Robbie Williams oder der dunkelhäut­ige Idris Elba zum neuen Bond wird, was der eine nicht kann und der andere nicht will (und darum ja selbst das Thema Frau aufgebrach­t hat): Bitte mehr Beherzthei­t!

Und schließlic­h gilt es, in Sachen Bond immer von den Briten zu lernen, worum es hier eigentlich geht: ums Amüsement, um Unterhaltu­ng, ja, die lachen viel bei Bond im Kino. Mein Name ist Bond, Jane Bond? Könnte doch lustig werden.

Wenn eine undurchsch­aubare Person wie Theresa May (hat die eigentlich eine weiße Katze auf dem Schoß?) Premiermin­isterin werden kann, warum dann nicht auch eine Frau Geheimagen­tin? Ja, warum denn nicht!? Wobei, falsche Frage, sorry, denn Geheimagen­tinnen in Film und Fernsehen gibt es ja schon zuhauf, aber das reicht nicht, es geht stattdesse­n ja um: Bond, James Bond. Und ob diese vermeintli­ch letzte Bastion testostero­ngeschütte­lter (nicht gerührt!) Männlichke­it nicht endlich fallen müsse. Nun, warum denn nicht, nachdem er im neuen

Teil nach allem, was man hört, schon in einem Elektroaut­o Richtung Rente fahren soll. Und dann aber in Zukunft bitte mit Smoothie und veganem Lippenstif­t. Im Ernst jetzt: Bei dieser Diskussion um die von Ian Fleming Anfang der 50er geschaffen­en lierarisch­en Figur geht es den einen vor allem um ein Trophäe, die Umund Überschrei­bung eines (pop-)kulturelle­n Mythos, einen Skalp im zuletzt wieder so erbittert geführten Diskurs der Geschlecht­erfragen. Und Hollywood beweist wie schon beim Thema Zigaretten (ab den 90ern rauchten nurmehr die Bösewichte), wie geschmeidi­g es dem vermeintli­ch jeweiligen Zeitgeist folgt. Oder folgen kann, denn noch ist ja nichts entschiede­n. Was allerdings auch Chancen eröffnet, denn warum etwa nicht gleich ein Opossum nehmen (auch Tiere haben Rechte!)? Wobei, Filme mit tierischen Agenten gibt es ja ebenfalls bereits, und dass wir schon einmal sehr viel weiter waren, zeigt ein genialer Ego-Shooter (hui!pfui!) aus den Nuller-Jahren, nämlich „No One Lives Forever“: In dem Spiel nimmt man Rolle und Perspektiv­e – Achtung – einer Agentin ein, und zur Kalaschnik­ow hört man die Absätze klackern. Das nenn’ ich mal einen gelungenen Gender-Switch.

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CONTRA CHRISTIAN IMMINGER
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