Du siehst aber gar nicht gut aus!
Mag sein, dass es fürsorglich gemeint war. Aber nichts bringt mich so aus der Spur wie diese Art der Fürsorge: „Du siehst aber gar nicht gut aus!“Ertappt fühle ich mich und will im Boden versinken. Denn „gut aussehen“ist Pflicht – nicht nur bei den Klamotten! Um die Ausstrahlung geht’s, und die muss frisch sein. Alles andere muss gut kaschiert werden und braucht keiner wissen. Der Kampf mit einer Krankheit, die man nicht sieht. Eine Sorge, die nicht so leicht zu erklären ist. Die Erschöpfung eines Menschen, der aus der Spur gekommen ist. Sollte das nicht besser alles versteckt werden hinter undurchlässigen Lächeln?
Aber so ist das Leben: Wir werden nicht immer gut aussehen. Wir kommen auf Strecken, wo man uns die Mühe ansieht, ja, die nackte Angst, es nicht durchzuhalten.
Ein uralter, geheimnisvoller Text der Bibel erzählt im Buch Jesaia von einer „Passionsgestalt“. Beschrieben wird einer, den keiner anschauen will. Ein Mensch der Schmerzen. Einer, dessen Aussehen verstört, und vor dem man sich lieber abwendet. „Wir hielten ihn für den, der von Gott geschlagen ist!“Strafe von ganz oben also. Wer wollte Gott da schon ins Handwerk pfuschen? Doch dann gilt plötzlich etwas Anderes. Mit der Autorität eines Regierungssprechers kündigt der Prophet Jesaia für diese Jammergestalt an: „Weil er sich abgemüht hat, wird er das Licht schauen und die Fülle haben!“Und: „Durch seine Erkenntnis wird er vielen Recht schaffen!“
Gott stellt sich auf die Seite derer, die nicht gut aussehen und nicht immer strahlen können. Er hat seinen Plan mit ihnen. Er braucht sie. Seine Wege führen durch Schmerzen und Ängste – aber ins Licht. Viele haben genau diese biblische Aussage in der Person Jesu verwirklicht gesehen. Bis Ostern gehen sie seinen Weg Jahr für Jahr mit. Als gute Übung und als Training der Hoffnung. Passionsgestalten gibt es seit Jesus viele. Irgendwann kann es uns treffen. Dann gilt´s. Dann muss Gott zeigen, dass er Kraft hat, uns wieder ans Licht zu führen.