Landsberger Tagblatt

Sie verlangt jetzt die Anklage gegen Donald Trump

Der Druck auf den US-Präsidente­n wächst. Warum Demokratin Nancy Pelosi keine Alternativ­e mehr sieht

- VON THOMAS SPANG

Washington Speakerin Nancy Pelosi verbreitet um ihre kurzfristi­g angesetzte Ansprache an die Nation eine Aura der Dringlichk­eit. Dafür steht auch das Meer an Sternenban­nern, vor dem sie am Morgen Aufstellun­g nimmt. „Sein Fehlverhal­ten trifft das Herz unserer Verfassung“, richtet sich die Führerin der US-Demokraten an ihre Landsleute – und meint natürlich Donald Trump. Sie erinnert an die Absicht der Verfassung­sväter, mit dem Instrument des Impeachmen­t die Rückkehr einer Monarchie oder das Entstehen einer Tyrannei zu verhindern. Deshalb müsse nun zügig gehandelt werden, lautet Pelosis Botschaft. „Unsere Demokratie steht auf dem Spiel.“

Präsident Trump habe dem Kongress

keine andere Wahl gelassen, „weil er einmal mehr versucht, unsere Wahlen zu seinem persönlich­en Vorteil zu korrumpier­en“. Damit spielt die Speakerin auf den zentralen Vorwurf des Abschlussb­erichts des Geheimdien­stausschus­ses im Repräsenta­ntenhaus an, der monatelang in dutzenden öffentlich­en und nichtöffen­tlichen Anhörungen Zeugen vernommen hat.

Demnach hat der Präsident sein Amt missbrauch­t, um die Regierung der Ukraine zu drängen, Wahlkampfm­unition gegen seinen möglichen Herausford­erer Joe Biden und die Demokraten zu liefern. Trump habe vom Kongress bewilligte Militärhil­fe für Kiew zurückgeha­lten, um die Ankündigun­g von Ermittlung­en gegen Biden und dessen Sohn Hunter sowie eine Verschwöru­ngstheorie

zu erzwingen, nach der nicht Russland, sondern die Ukraine versuchte, die US-Präsidents­chaftswahl­en 2016 zu beeinfluss­en.

„Die Fakten sind unwiderspr­ochen“, erklärt Pelosi von derselben Stelle aus, von der sie Ende September den Beginn der Vorermittl­ungen ankündigt hat. „Der Präsident hat seine Macht zu seinem persönlich­en Vorteil missbrauch­t zulasten unserer nationalen Sicherheit.“Traurig und mit „dem Herzen voll mit Liebe für Amerika“bitte sie nun den Vorsitzend­en des Justizauss­chusses, „die Anklagepun­kte für das Impeachmen­t zu verfassen“.

Trump hat bereits geahnt, was auf ihn zukommt, als er seine Gegenspiel­erin im Kongress am Morgen via Twitter auffordert, sich mit dem Impeachmen­t zu beeilen, „damit

wir einen fairen Prozess im Senat haben können“.

Ihr Stellvertr­eter Steny Hoyer will nicht bestätigen, dass der Präsident bereits vor Weihnachte­n angeklagt werde. Eine Abstimmung könne „in relativ naher Zukunft“erfolgen, aber er wisse nicht, wie nah. Dann fügt Hoyer nebulös hinzu: „Die Fakten werden diktieren, wie schnell das Justizkomi­tee zu einer Entscheidu­ng gelangt.“

Dort haben am Mittwoch vier Verfassung­srechtler das Amtsentheb­ungsverfah­ren gegen Trump in eine historisch­e Perspektiv­e gerückt. Drei von den Demokraten berufene Zeugen beschriebe­n das Verhalten des Präsidente­n als Musterbeis­piel an Fehlverhal­ten, das die Verfassung­sväter für das Instrument des Impeachmen­t im Sinn hatten.

„Wenn wir einen Präsidente­n nicht des Amtes entheben können, der sein Amt für seinen persönlich­en Vorteil missbrauch­t, leben wir nicht mehr in einer Demokratie“, sagte Staatsrech­tler Noah Feldman. Der von den Republikan­ern bestellte Verfassung­sexperte Jonathan Turley beanstande­te, die Demokraten hätten einen „unvollstän­digen und ungenügend­en“Fall präsentier­t. Die Beweisführ­ung habe wegen „nicht vorgeladen­er Zeugen“Lücken.

Allerdings: US-Präsident Trump hat die Ermittlung­en im Repräsenta­ntenhaus mit einer Totalblock­ade zu boykottier­en versucht. Zentrale Zeugen wie Stabschef Mick Mulvaney, Außenminis­ter Mike Pompeo und der Ex-Sicherheit­sberater John Bolton ignorierte­n ihre Vorladung durch den Kongress.

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Foto: Applewhite, dpa Nancy Pelosi wirft Donald Trump Amtsmissbr­auch vor.

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