Mit dem Wasserstoffzug durchs Allgäu
Verkehrsminister Reichhart kündigt Testfahrt für das kommende Jahr an – und auch bei einem Sportgroßereignis kommen Fahrzeuge mit dem klimafreundlichen Antrieb zum Einsatz
Kempten/München Eine Testfahrt mit einem Wasserstoffzug hat Bayerns Verkehrsminister Hans Reichhart für kommendes Jahr angekündigt. „Wir wollen herausfinden, wie sich der Wasserstoffzug unter den speziellen Gegebenheiten der Bahnlinien im Allgäu mit seinen hügeligen Strecken verhält“, sagte Reichhart.
Das Bahnnetz im Allgäu gilt als „größtes Dieselloch“Deutschlands. Zwar wird momentan für 500 Millionen Euro die Bahnstrecke München-Lindau elektrifiziert und ausgebaut, alle anderen Schienenverbindungen zwischen Bodensee und Königswinkel werden aber nach wie vor mit Dieselloks befahren. Alternativ könnten die Strecken elektrifiziert werden, was in den nächsten Jahren aber wegen der ganz erheblichen Kosten kaum zu erwarten ist.
Bei einem Wasserstoffantrieb kommt es in einer Brennstoffzelle zu einer chemischen Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff. Dabei entsteht Strom, der einen Elektromotor antreibt. Überflüssige Energie wird in einer Batterie gespeichert. Es gibt keine Emissionen wie Kohlendioxid, Ruß oder Feinstaub. Die Reichweite eines Wasserstoffzugs wird vom niedersächsischen Hersteller Alstom mit bis zu 1000 Kilometern angegeben. Sie ist aber sehr stark von der Topografie abhängig. Geht es häufig bergauf, braucht der Zug mehr Energie und wird langsamer.
Bei der Testfahrt eines Wasserstoffzugs im Allgäu solle ausprobiert werden, wie sich das Fahrzeug auf bergigen Strecken verhält, sagte Sebastian Kraft, Pressesprecher des bayerischen Verkehrsministeriums. Sinn ergebe der Einsatz der neuen Technik nur dann, wenn der Fahrplan und Umsteigezeiten eingehalten werden können. In Niedersachsen verkehren Züge mit Wasserstofftechnik bereits im normalen
Fahrbetrieb, aber das nördliche Bundesland sei im Gegensatz zu Baden-Württemberg und Bayern auch „platt wie eine Flunder“, so der Pressesprecher. Wo und wann die neue Technik im Allgäu ausprobiert werde, sei noch unklar.
Eberhard Rotter aus dem Westallgäuer Weiler, CSU-Bahnexperte und Mitglied im Aufsichtsrat der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG), begrüßt nach eigenen Worten den Test der Wasserstofftechnik im Allgäu. Als mögliche Strecke wäre seiner Meinung nach die Strecke zwischen Augsburg und Füssen geeignet, die von der Bayerischen Regionalbahn (BRB) bedient wird. Denn dort sei ein DiesellokTyp im Einsatz, den es auch mit Wasserstoffantrieb gibt. Für Loks mit alternativem Antrieb interessieren sich inzwischen auch Baden-Württemberg, Hessen und NordrheinWestfahlen.
Im Oberallgäu sollen zudem während der Nordischen Ski-WM 2021 zwischen Kempten und Ulm Wasserstoffzüge eingesetzt werden. Dafür hatte sich zuletzt der Oberallgäuer Landrat Anton Klotz stark gemacht. Im Südosten Bayerns sollen nach Angaben von Minister Reichhart Wasserstoffzüge ab Ende 2024 im Regelbetrieb fahren. Er wolle den Einsatz von Dieselzügen schrittweise reduzieren. Der Raum Mühldorf am Inn sei für eine Erprobung besonders geeignet. Im dortigen Chemiedreieck falle Wasserstoff quasi als Abfallprodukt an und könne sinnvoll verwertet werden.