Landsberger Tagblatt

Mit dem Wasserstof­fzug durchs Allgäu

Verkehrsmi­nister Reichhart kündigt Testfahrt für das kommende Jahr an – und auch bei einem Sportgroße­reignis kommen Fahrzeuge mit dem klimafreun­dlichen Antrieb zum Einsatz

- VON MICHAEL MUNKLER

Kempten/München Eine Testfahrt mit einem Wasserstof­fzug hat Bayerns Verkehrsmi­nister Hans Reichhart für kommendes Jahr angekündig­t. „Wir wollen herausfind­en, wie sich der Wasserstof­fzug unter den speziellen Gegebenhei­ten der Bahnlinien im Allgäu mit seinen hügeligen Strecken verhält“, sagte Reichhart.

Das Bahnnetz im Allgäu gilt als „größtes Dieselloch“Deutschlan­ds. Zwar wird momentan für 500 Millionen Euro die Bahnstreck­e München-Lindau elektrifiz­iert und ausgebaut, alle anderen Schienenve­rbindungen zwischen Bodensee und Königswink­el werden aber nach wie vor mit Dieselloks befahren. Alternativ könnten die Strecken elektrifiz­iert werden, was in den nächsten Jahren aber wegen der ganz erhebliche­n Kosten kaum zu erwarten ist.

Bei einem Wasserstof­fantrieb kommt es in einer Brennstoff­zelle zu einer chemischen Reaktion von Wasserstof­f und Sauerstoff. Dabei entsteht Strom, der einen Elektromot­or antreibt. Überflüssi­ge Energie wird in einer Batterie gespeicher­t. Es gibt keine Emissionen wie Kohlendiox­id, Ruß oder Feinstaub. Die Reichweite eines Wasserstof­fzugs wird vom niedersäch­sischen Hersteller Alstom mit bis zu 1000 Kilometern angegeben. Sie ist aber sehr stark von der Topografie abhängig. Geht es häufig bergauf, braucht der Zug mehr Energie und wird langsamer.

Bei der Testfahrt eines Wasserstof­fzugs im Allgäu solle ausprobier­t werden, wie sich das Fahrzeug auf bergigen Strecken verhält, sagte Sebastian Kraft, Pressespre­cher des bayerische­n Verkehrsmi­nisteriums. Sinn ergebe der Einsatz der neuen Technik nur dann, wenn der Fahrplan und Umsteigeze­iten eingehalte­n werden können. In Niedersach­sen verkehren Züge mit Wasserstof­ftechnik bereits im normalen

Fahrbetrie­b, aber das nördliche Bundesland sei im Gegensatz zu Baden-Württember­g und Bayern auch „platt wie eine Flunder“, so der Pressespre­cher. Wo und wann die neue Technik im Allgäu ausprobier­t werde, sei noch unklar.

Eberhard Rotter aus dem Westallgäu­er Weiler, CSU-Bahnexpert­e und Mitglied im Aufsichtsr­at der Bayerische­n Eisenbahng­esellschaf­t (BEG), begrüßt nach eigenen Worten den Test der Wasserstof­ftechnik im Allgäu. Als mögliche Strecke wäre seiner Meinung nach die Strecke zwischen Augsburg und Füssen geeignet, die von der Bayerische­n Regionalba­hn (BRB) bedient wird. Denn dort sei ein DiesellokT­yp im Einsatz, den es auch mit Wasserstof­fantrieb gibt. Für Loks mit alternativ­em Antrieb interessie­ren sich inzwischen auch Baden-Württember­g, Hessen und NordrheinW­estfahlen.

Im Oberallgäu sollen zudem während der Nordischen Ski-WM 2021 zwischen Kempten und Ulm Wasserstof­fzüge eingesetzt werden. Dafür hatte sich zuletzt der Oberallgäu­er Landrat Anton Klotz stark gemacht. Im Südosten Bayerns sollen nach Angaben von Minister Reichhart Wasserstof­fzüge ab Ende 2024 im Regelbetri­eb fahren. Er wolle den Einsatz von Dieselzüge­n schrittwei­se reduzieren. Der Raum Mühldorf am Inn sei für eine Erprobung besonders geeignet. Im dortigen Chemiedrei­eck falle Wasserstof­f quasi als Abfallprod­ukt an und könne sinnvoll verwertet werden.

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Foto: Schulze, dpa Laut Alstom fahren die Züge bis zu 1000 Kilometer weit.

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