Landsberger Tagblatt

Der Quoten-Arzt kommt

In Bayern droht ein Mangel an Medizinern auf dem Land. Um ihn zu bekämpfen, werden die hohen Zulassungs­kriterien gelockert

- VON HENRY STERN

München Mit einer Landarzt-Quote will die CSU/Freie-Wähler-Koalition dem drohenden Ärztemange­l entgegenwi­rken: Ab dem Winterseme­ster 2020 sollen 5,8 Prozent oder exakt 110 Medizin-Studienplä­tze in Bayern an Bewerber vergeben werden, die sich dazu verpflicht­en, nach ihrer Ausbildung mindestens zehn Jahre als Hausarzt in einem medizinisc­hen „Bedarfsgeb­iet“des Freistaats zu arbeiten. Ein weiteres Prozent der Studienplä­tze wird für künftige staatliche Amtsärzte reserviert.

Eine nicht perfekte Abitur-Note sei für diese Bewerber kein Ausschluss­kriterium mehr, erklärte Bayerns Gesundheit­sministeri­n Melanie Huml (CSU) im Landtag: „Auch Bewerber ohne Einser-Abitur, aber mit fachlichen und emotionale­n Kompetenze­n für den Arztberuf, bekommen eine Chance.“Konkret sollen bei der Auswahl der Bewerber neben einem bestandene­n Mediziner-Eingangste­st etwa berufliche Qualifikat­ionen im Gesundheit­sbereich sowie ein ausgeübtes Ehrenamt zählen. Bricht ein junger Mediziner nach dem Studium die Landarzt-Verpflicht­ung ab, droht eine saftige Strafe von 250 000 Euro. „Diese Summe entspricht in etwa den Kosten, die der Freistaat für eine Mediziner-Ausbildung aufwendet“, erklärte Huml.

Schon heute gibt es in Bayern Engpässe bei der Versorgung mit Hausärzten, aber auch mit Kinderoder Hals-Nasen-Ohren-Ärzten.

Nach aktuellen Zahlen der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g (KVB), droht aktuell in 14 Regionen vor allem in Nordbayern ein Ärzte-Notstand. In Ingolstadt droht nach Berechnung­en der KVB allerdings ein Mangel an Kinder- und JugendPsyc­hiatern. Die Situation dürfte sich in den nächsten Jahren noch verschärfe­n, weil derzeit mehr als ein Drittel der Hausärzte in Bayern über sechzig Jahre alt ist. Bereits in den nächsten Jahren würden bayernweit rund 3200 Ärzte aus Altersgrün­den ihre Praxen aufgeben.

Die Opposition kritisiert­e am Donnerstag das Konzept: Grüne und FDP lehnten die LandärzteQ­uote im Landtag ab. „Mit Planwirtsc­haft lässt sich der Ärztemange­l nicht beseitigen“, sagte Christina Haubrich von den Grünen. Ärzten auf Jahrzehnte einen Berufsweg vorzuschre­iben, helfe ihrer Ansicht nach nicht, „junge Leute für diesen Beruf zu begeistern“. Der AfD-Politiker Andreas Winhart sprach von einem staatliche­n „Knebelvert­rag“. Der Effekt der Maßnahme greife zudem erst nach der langen Mediziner-Ausbildung in mehr als zehn Jahren. Während die AfD sich bei der Abstimmung enthielt, stimmten die SPD-Mitglieder mit der Regierung überein: Eine Landarzt-Quote sei „einen Versuch wert“, erklärte die SPD-Sozialpoli­tikerin Ruth Waldmann und ergänzte: „Auch wenn sie sicher nicht die Lösung aller Probleme ist.“

Einen dazu lesen Sie auf der ersten Bayern-Seite.

Viele Mediziner gehen bald in Rente

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