Stalker belästigt minderjährige Mädchen
Verschmähte Liebe und Drogen: Pro Tag schickte ein 35-Jähriger bis zu 1000 Nachrichten
Landsberg Er hat zwei minderjährigen Mädchen bis zu 1000 Nachrichten per SMS und Messenger geschickt – pro Tag. Jetzt muss ein 35-jähriger Mann aus dem Landkreis Landsberg wegen Stalkings für drei Jahre hinter Gitter. Über einen längeren Zeitraum hatte er die 13und 15-Jährigen belästigt und wurde am Mittwoch vor dem Amtsgericht verurteilt. In dem Fall geht es auch um verschmähte Liebe und Drogen.
Weil der Angeklagte schon im Vorfeld der Verhandlung ein umfassendes Geständnis abgelegt hatte, blieb den Mädchen eine Aussage vor Gericht erspart. Das wurde im Strafmaß laut Richter Alexander Kessler auch gewürdigt. Vor dem Landsberger Jugendschöffengericht musste also vorrangig nicht geklärt werden, ob der Angeklagte tatsächlich die Mädchen und später auch deren Eltern gestalkt hatte. Vielmehr stand die Frage im Raum, ob der Mann nach Paragraf 64 des Strafgesetzbuchs einen Hang dazu habe, Alkohol oder Drogen im Übermaß zu sich zu nahm und die Taten darauf zurückgeführt werden könnten. Der Angeklagte fühle sich, wie er sagte, in einer Entziehungsanstalt besser aufgehoben als im Gefängnis. Er sitzt seit etwa einem halben Jahr in Untersuchungshaft.
Laut Gutachten besteht aber zwischen dem Stalking und Alkoholoder Drogenkonsum kein Zusammenhang.
Zu widersprüchlich seien auch die Aussagen des 35-Jährigen zu seinem Konsum zu unterschiedlichen Zeiten gewesen. Dieser Einschätzung folgten auch der Vorsitzende Richter und der Staatsanwalt.
Der Angeklagte hatte im Sommer 2018 die beiden Opfer am Ammersee kennengelernt und sich mit ihnen angefreundet. Für eines der Mädchen soll er laut Anklage Gefühle entwickelt haben, die nicht erwidert wurden. Nach einer Auseinandersetzung brachen die Mädchen den Kontakt zum dem deutlich älteren Mann ab. Beim Angeklagten
Symbolbild: Nicolas Armer/dpa schlug die verschmähte Liebe daraufhin in Hass um. Unzählige Nachrichten mit beleidigendem Inhalt sowie Briefe und Telefonanrufe erreichten die beiden Opfer. Im Geldbeutel des jüngeren Mädchens fand der Angeklagte Telefonnummern und die Adresse ihrer Eltern. Auch sie belästigte der Mann daraufhin. Darin beschuldigte er deren Tochter unter anderem, „sich mit vielen anderen Männern abzugeben oder Drogen zu konsumieren“.
Die Mutter des Mädchens sagte vor Gericht aus, dass sie in der Zeit sehr viel Angst um ihre Tochter gehabt habe. „Ich wusste ja nicht, wer er war und hätte ihn auch nicht erkannt, wenn er vor der Tür gestanden wäre.“Zwar habe die Tochter selbst das Ganze recht gut weggesteckt, der Familienalltag sei aber nachhaltig gestört. Sie selbst kämpfe bis heute mit den Folgen.
Laut Aussage der Mutter des zweiten Mädchens litt ihre Tochter – und auch sie selbst – massiv. Die Tochter habe keine Nacht mehr geschlafen, nicht mehr gegessen und Panikattacken bekommen. Sie sei auch nicht mehr in der Lage gewesen, regelmäßig zur Schule zu gehen. „Unser Leben war plötzlich ein ganz anderes.“Erst jetzt sei man auf einem guten Weg, mit den Erlebnissen zurechtzukommen.
Richter Alexander Kessler verlas einige Stellen aus den unzähligen Nachrichten und sprach von „Beleidigungen auf der untersten Schiene“. Nachdem die Opfer bei der Polizei Anzeige erstattet hatten, war dem Angeklagten dreimal ein Kontaktverbot auferlegt worden. In der Tatsache, dass es dem Mann zweimal sehr wohl gelungen sei, trotz seines vermeintlichen Alkohol- und Drogenproblems das Kontaktverbot einzuhalten, sah der Gutachter einen weiteren Beweis dafür, dass eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nicht notwendig sei. Vielmehr bescheinigte er dem Mann auf der Anklagebank eine narzisstische Persönlichkeitsstörung, also den Mangel an Empathie sowie die Überschätzung der eigenen Fähigkeiten
und ein gesteigertes Verlangen nach Anerkennung.
Bereits vor zehn Jahren war der Angeklagte wegen Nachstellung und Beleidigung verurteilt worden, wie Richter Kessler verlas. Damals hatte er ebenfalls ein minderjähriges Mädchen über einen längeren Zeitraum belästigt und beleidigt sowie sein Opfer geschlagen und getreten. Vom Landgericht in München war
Die Staatsanwaltschaft fordert fast vier Jahre Haft
die Unterbringung in der Psychiatrie angeordnet worden, ihm aber eine gute Prognose in Aussicht gestellt worden.
Richter Kessler blieb mit seinem Urteil unter den Forderungen des Staatsanwalts. Dieser hatte eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten gefordert. Die Verteidigerin wollte das frühzeitige Geständnis ihres Mandanten stärker gewürdigt wissen und forderte eine Strafe von zwei Jahren und acht Monaten.
In das Urteil des Amtsrichters floss schließlich eine bereits im Januar verhängte Strafe von einem Jahr und acht Monaten auf Bewährung ein. Diese Strafe muss der Angeklagte verbüßen, weil er an die gleichen Mädchen zwei Joints abgegeben und sich daher wegen unerlaubter Abgabe von Betäubungsmitteln an Minderjährige strafbar gemacht hatte.