Es fehlt an Schutzkleidung
Ein Bewohner des Pflegeheims Pichlmayr in Landsberg ist am Freitag im Klinikum an Covid-19 gestorben. Unsere Zeitung hat mit dem Leiter der Einrichtung über die Situation gesprochen. Schutzkleidung fehlt auch andernorts
Im Landsberger Klinikum ist ein 92-jähriger Corona-Patient gestorben, der in einem Pflegeheim lebte. Dort fehlt es an Schutzkleidung für Mitarbeiter.
Landsberg Im Landsberger Klinikum ist am Freitag ein 92-Jähriger an Covid-19 gestorben. Er lebte im Wohn- und Pflegeheim Pichlmayr in Landsberg. Das Landsberger Tagblatt hat mit dem Leiter der Einrichtung, Ralf Dietrich, darüber gesprochen, wie auf den Todesfall reagiert wird und ob die Mitarbeiter ausreichend Schutzkleidung haben.
Wie läuft die Arbeit in einer Pflegeeinrichtung in Zeiten von Corona, wie geht man mit Verdachtsfällen um, wie mit den Mitarbeitern? Das LT hat ein Schreiben erreicht, wonach es im Pflegeheim Pichlmayr zu wenig Schutzkleidung gebe und eine Mitarbeiterin, die Kontakt zu einem Corona-Verdachtsfall hatte, weiter beschäftigt wurde, obwohl sie dies der Pflegeleitung gemeldet habe.
„Seit vergangener Woche arbeiten alle mit einem einfachen MundNasen-Schutz, und Handschuhe werden in der Pflege immer getragen“, sagt Ralf Dietrich, der das Heim in Landsberg leitet. Dieser einfache Mund-Nasen-Schutz, die sogenannte OP-Maske, schütze zwar den Bewohner oder Patienten, wie auch auf einem entsprechenden Merkblatt des Robert-Koch-Institus zu lesen ist, er schütze aber den Träger nicht ausreichend vor einer Infektion. Dazu brauche es die „Partikel filtrierende Halbmaske“FFP2 oder in besonders exponierten Fällen Schutzklasse FFP3.
„Wir haben noch OP-Masken, aber keine FFP2-Masken“, sagt Dietrich. Der Bedarf sei beim Landratsamt gemeldet. Auch bei den OPMasken könnte es zu einem Engpass kommen. Desinfektionsmittel sei jedoch recht früh bestellt worden und noch ausreichend vorhanden.
Vor Kurzem sei eine Bewohnerin aus einer Klinik in München zurückgekommen, und zwei Tage später sei bekannt geworden, dass ein behandelnder Arzt Corona-positiv ist, wie Dietrich erzählt. „Die Bewohnerin ist isoliert und in dieser Zeit nach den Hygienevorschriften behandelt worden, die auch für multiresistente Keime gelten.“In einem solchen Fall gebe es klare Vorgaben, Schutzbekleidung, OP-Maske und Handschuhe zu tragen und das Geschirr separat zu spülen.
Und so werde auch mit einem Co
umgegangen, der im Pflegeheim verbleibt. In dem Fall würden jedoch aus der Unternehmensgruppe FFP2-Masken zur Verfügung gestellt, aber nur bei einer bestätigten Infektion mit dem Virus. Ob ein Covid-19-Patient ins Krankenhaus gebracht wird, entscheidet laut Dietrich der Hausarzt. Bewohner mit einem milden Krankheitsverlauf bleiben im Seniorenheim. Dietrich weiß von einem Fall in der Unternehmensgruppe.
Auch Pflegeheim-Mitarbeiter, die im nahen Kontakt zu dem Infizierten standen, arbeiten mit Einverständnis der Behörde und entsprechender Schutzkleidung weiter, sofern sie keine respiratorischen Symptome haben, und solange es zur Versorgung der Bewohner nötig ist. „Es ist wie im Krankenhaus, da kommen Pfleger und Ärzte auch mit Infizierten in Kontakt“, vergleicht Dietrich. Elf Mitarbeiter seien in nahem Kontakt gewesen, sagt Dievid-19-Patienten trich und man versuche sie aus dem Dienstplan herauszunehmen, so gut es gehe, doch gerade auf Pflegekräfte könne das Haus schwer verzichten. „Ich möchte aber arbeiten“, das habe er von einigen dieser Mitarbeiter gehört, so Dietrich. „Sie sind wirklich super“, lobt er das Engagement des Personals im Haus. „Ich bin stolz auf die Mitarbeiter, die im Vordergrund die Bewohner sehen.“Freilich schwinge bei manchen die Furcht mit, sich selbst anzustecken.
Covid-19 bringt nicht nur die nervliche Belastung, dass man sich und dann andere anstecken könnte, sondern auch einen Mehraufwand an Arbeit: Jedes Sauerstoffgerät müsse beispielsweise zur Wartung an die Tür gebracht werden, damit der Techniker nicht hereinkommt. Auch der emotionale Betreuungsbedarf ist laut Dietrich größer, da die Bewohner keine Besuche empfangen dürfen. Auch die Gruppenangebote seien eingestellt und der Speisesaal geschlossen. „Wir haben Videos aufgenommen und an Verwandte verschickt.“Die Bewohner,
Demente Personen zu isolieren ist schwierig
die noch agil sind, darf Dietrich nicht einsperren. „Vor ein paar Tagen hatte ich eine lange Diskussion mit einer Seniorin, die unbedingt raus wollte.“Er konnte sie überreden, drinnen zu bleiben. Wegen des nachgewiesenen Corona-Falls sind auch drei Bewohner, die nahen Kontakt zu dem Verstorbenen hatten, im Pflegeheim in Quarantäne. Eine Person sei dement und deshalb sei in diesem Fall die Isolierung besonders schwierig, sagt Dietrich.
Bekommen die Seniorenheime bald Masken der Schutzklasse 2 oder 3? Wolfgang Müller vom Landratsamt kann es nicht sagen. Denn das Landratsamt bekommt vom Freistaat Material zugeteilt. „Das Technische Hilfswerk holt in München, was wir bekommen, aber es gibt nicht genug an Schutzkleidung. Es ist ein deutschlandweites Problem“, sagt Wolfgang Müller.
Und wie zur Bestätigung erreicht das LT am Montag auch ein Aufruf des Bürgerstifts der Landsberger Arbeiterwohlfahrt (Awo): Die Senioreneinrichtung wendet sich an alle Schreiner, Schützenvereine oder auch Tattoo-Studios, damit sie mit Atemschutzmasken (FFP 2/FFP 3) auszuhelfen: „Bitte schauen Sie in die Lager und Vorräte und helfen Sie uns mit allem was Sie haben. In unserem Seniorenzentrum gehen die Vorräte an Atemschutzmasken zur Neige.“Man habe bereits vor Wochen Nachschub von in China produzierten Masken geordert, nur wisse man nicht, wann sie wirklich eintreffen.