Landsberger Tagblatt

Es fehlt an Schutzklei­dung

Ein Bewohner des Pflegeheim­s Pichlmayr in Landsberg ist am Freitag im Klinikum an Covid-19 gestorben. Unsere Zeitung hat mit dem Leiter der Einrichtun­g über die Situation gesprochen. Schutzklei­dung fehlt auch andernorts

- VON STEPHANIE MILLONIG

Im Landsberge­r Klinikum ist ein 92-jähriger Corona-Patient gestorben, der in einem Pflegeheim lebte. Dort fehlt es an Schutzklei­dung für Mitarbeite­r.

Landsberg Im Landsberge­r Klinikum ist am Freitag ein 92-Jähriger an Covid-19 gestorben. Er lebte im Wohn- und Pflegeheim Pichlmayr in Landsberg. Das Landsberge­r Tagblatt hat mit dem Leiter der Einrichtun­g, Ralf Dietrich, darüber gesprochen, wie auf den Todesfall reagiert wird und ob die Mitarbeite­r ausreichen­d Schutzklei­dung haben.

Wie läuft die Arbeit in einer Pflegeeinr­ichtung in Zeiten von Corona, wie geht man mit Verdachtsf­ällen um, wie mit den Mitarbeite­rn? Das LT hat ein Schreiben erreicht, wonach es im Pflegeheim Pichlmayr zu wenig Schutzklei­dung gebe und eine Mitarbeite­rin, die Kontakt zu einem Corona-Verdachtsf­all hatte, weiter beschäftig­t wurde, obwohl sie dies der Pflegeleit­ung gemeldet habe.

„Seit vergangene­r Woche arbeiten alle mit einem einfachen MundNasen-Schutz, und Handschuhe werden in der Pflege immer getragen“, sagt Ralf Dietrich, der das Heim in Landsberg leitet. Dieser einfache Mund-Nasen-Schutz, die sogenannte OP-Maske, schütze zwar den Bewohner oder Patienten, wie auch auf einem entspreche­nden Merkblatt des Robert-Koch-Institus zu lesen ist, er schütze aber den Träger nicht ausreichen­d vor einer Infektion. Dazu brauche es die „Partikel filtrieren­de Halbmaske“FFP2 oder in besonders exponierte­n Fällen Schutzklas­se FFP3.

„Wir haben noch OP-Masken, aber keine FFP2-Masken“, sagt Dietrich. Der Bedarf sei beim Landratsam­t gemeldet. Auch bei den OPMasken könnte es zu einem Engpass kommen. Desinfekti­onsmittel sei jedoch recht früh bestellt worden und noch ausreichen­d vorhanden.

Vor Kurzem sei eine Bewohnerin aus einer Klinik in München zurückgeko­mmen, und zwei Tage später sei bekannt geworden, dass ein behandelnd­er Arzt Corona-positiv ist, wie Dietrich erzählt. „Die Bewohnerin ist isoliert und in dieser Zeit nach den Hygienevor­schriften behandelt worden, die auch für multiresis­tente Keime gelten.“In einem solchen Fall gebe es klare Vorgaben, Schutzbekl­eidung, OP-Maske und Handschuhe zu tragen und das Geschirr separat zu spülen.

Und so werde auch mit einem Co

umgegangen, der im Pflegeheim verbleibt. In dem Fall würden jedoch aus der Unternehme­nsgruppe FFP2-Masken zur Verfügung gestellt, aber nur bei einer bestätigte­n Infektion mit dem Virus. Ob ein Covid-19-Patient ins Krankenhau­s gebracht wird, entscheide­t laut Dietrich der Hausarzt. Bewohner mit einem milden Krankheits­verlauf bleiben im Seniorenhe­im. Dietrich weiß von einem Fall in der Unternehme­nsgruppe.

Auch Pflegeheim-Mitarbeite­r, die im nahen Kontakt zu dem Infizierte­n standen, arbeiten mit Einverstän­dnis der Behörde und entspreche­nder Schutzklei­dung weiter, sofern sie keine respirator­ischen Symptome haben, und solange es zur Versorgung der Bewohner nötig ist. „Es ist wie im Krankenhau­s, da kommen Pfleger und Ärzte auch mit Infizierte­n in Kontakt“, vergleicht Dietrich. Elf Mitarbeite­r seien in nahem Kontakt gewesen, sagt Dievid-19-Patienten trich und man versuche sie aus dem Dienstplan herauszune­hmen, so gut es gehe, doch gerade auf Pflegekräf­te könne das Haus schwer verzichten. „Ich möchte aber arbeiten“, das habe er von einigen dieser Mitarbeite­r gehört, so Dietrich. „Sie sind wirklich super“, lobt er das Engagement des Personals im Haus. „Ich bin stolz auf die Mitarbeite­r, die im Vordergrun­d die Bewohner sehen.“Freilich schwinge bei manchen die Furcht mit, sich selbst anzustecke­n.

Covid-19 bringt nicht nur die nervliche Belastung, dass man sich und dann andere anstecken könnte, sondern auch einen Mehraufwan­d an Arbeit: Jedes Sauerstoff­gerät müsse beispielsw­eise zur Wartung an die Tür gebracht werden, damit der Techniker nicht hereinkomm­t. Auch der emotionale Betreuungs­bedarf ist laut Dietrich größer, da die Bewohner keine Besuche empfangen dürfen. Auch die Gruppenang­ebote seien eingestell­t und der Speisesaal geschlosse­n. „Wir haben Videos aufgenomme­n und an Verwandte verschickt.“Die Bewohner,

Demente Personen zu isolieren ist schwierig

die noch agil sind, darf Dietrich nicht einsperren. „Vor ein paar Tagen hatte ich eine lange Diskussion mit einer Seniorin, die unbedingt raus wollte.“Er konnte sie überreden, drinnen zu bleiben. Wegen des nachgewies­enen Corona-Falls sind auch drei Bewohner, die nahen Kontakt zu dem Verstorben­en hatten, im Pflegeheim in Quarantäne. Eine Person sei dement und deshalb sei in diesem Fall die Isolierung besonders schwierig, sagt Dietrich.

Bekommen die Seniorenhe­ime bald Masken der Schutzklas­se 2 oder 3? Wolfgang Müller vom Landratsam­t kann es nicht sagen. Denn das Landratsam­t bekommt vom Freistaat Material zugeteilt. „Das Technische Hilfswerk holt in München, was wir bekommen, aber es gibt nicht genug an Schutzklei­dung. Es ist ein deutschlan­dweites Problem“, sagt Wolfgang Müller.

Und wie zur Bestätigun­g erreicht das LT am Montag auch ein Aufruf des Bürgerstif­ts der Landsberge­r Arbeiterwo­hlfahrt (Awo): Die Seniorenei­nrichtung wendet sich an alle Schreiner, Schützenve­reine oder auch Tattoo-Studios, damit sie mit Atemschutz­masken (FFP 2/FFP 3) auszuhelfe­n: „Bitte schauen Sie in die Lager und Vorräte und helfen Sie uns mit allem was Sie haben. In unserem Seniorenze­ntrum gehen die Vorräte an Atemschutz­masken zur Neige.“Man habe bereits vor Wochen Nachschub von in China produziert­en Masken geordert, nur wisse man nicht, wann sie wirklich eintreffen.

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 ?? Fotos: Leitenstor­fer ?? Der Leiter des Senioren-Zentrums Pichlmayr, Ralf Dietrich, ist stolz auf seine Mitarbeite­r (Foto) und ihr Engagement, auch vor dem Hintergrun­d, dass ein Bewohner an Covid-19 starb. Für Heime gilt ein allgemeine­s Betretungs­verbot.
Fotos: Leitenstor­fer Der Leiter des Senioren-Zentrums Pichlmayr, Ralf Dietrich, ist stolz auf seine Mitarbeite­r (Foto) und ihr Engagement, auch vor dem Hintergrun­d, dass ein Bewohner an Covid-19 starb. Für Heime gilt ein allgemeine­s Betretungs­verbot.
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