Corona und der Spürsinn der Polizei
Die aktuelle Lage beschert den Ordnungshütern ganz neue Aufgaben. Viele andere Tätigkeiten fallen derzeit weitgehend weg. Wie Landsbergs Polizeichef Bernd Waitzmann die aktuelle Lage sieht
Landsberg Corona verändert auch den Alltag der Polizei. Wenn die Menschen kaum noch zusammenkommen, wird die Arbeit der Polizei weniger, allerdings: Seit Montag vor einer Woche gibt es eine neue Aufgabe für die Ordnungshüter. Sie haben darüber zu wachen, dass sich alle an die Ausgangsbeschränkungen halten. Und das ist eine Sache, die durchaus Fingerspitzengefühl erfordert, wie der Landsberger Polizeichef Bernd Waitzmann erklärt.
Im Prinzip geht es für die Beamten immer um zwei Fragen, wenn sie Personen auf Straßen und Plätzen ansprechen: Haben Sie einen triftigen Grund, unterwegs zu sein und halten Sie den Corona-Sicherheitsabstand ein? Für die allermeisten Menschen bejaht Waitzmann diese Fragen. Gegen eine höhere zweistellige Zahl von Personen seien jedoch auch Bußgelder – in der Regel
sind das 150 Euro – verhängt worden. Verstöße begingen überwiegend jüngere Menschen. Sprechen die Beamten sie an, stoßen sie zwar nicht unbedingt auf Verständnis, aber Hinweise und Platzverweise würden akzeptiert. Nur ganz zu Beginn der Ausgangsbeschränkungen habe es auch gegen eine Handvoll Gewerbetreibende Sanktionen gegeben. Dabei ging es laut Waitzmann vor allem um Gaststätten, die noch Gäste bewirteten.
Ob ein triftiger Grund für einen Ausgang vorliegt, ist nicht immer eindeutig definiert. Der Weg zur Arbeit, zum Arzt, zum Einkaufen, ein Ausgang, um jemandem zu helfen, aber auch ein Spaziergang kann ein solcher sein, und besonders junge Leute, sagt Waitzmann, verwiesen darauf, dass sie zu ihrem Freund oder ihrer Freundin fahren. Nur: Handelt es sich wirklich um Freund/ Freundin im Sinne von Partner/ Partnerin? Oft eine knifflige Frage. die Polizei wisse sich zu helfen. Da erkundige man sich nach Namen, Geburtsdatum und wo die besagte Person arbeite. So könnten die Polizisten einschätzen, um welche Art von Freundschaft es sich handle.
Polizeilicher Spürsinn sei auch bei Verkehrskontrollen gefragt: Wer frühmorgens mit dem Auto unterwegs ist, sei normalerweise auf dem Weg zur Arbeit. So jemanden werde man in der Regel nicht anhalten. „Anders ist es aber, wenn wir am Freitagabend vier Jungs in einem Auto sehen, dann fragen wir: ’Was sind eure triftigen Gründe?’“
Knapp zwei Wochen nach Beginn der Ausgangsbeschränkungen will sich Waitzmann nicht abschließend über die dadurch geänderten sozialen Gewohnheiten äußern. Einige Dinge sind ihm aber aufgefallen: „Die Zahl der klassischen Berufspendler hat deutlich abgenommen“, sagt er. Wenn er von seinem Wohnort im Kreis Aichach-Friedberg nach Landsberg fahre, sei er ziemlich alleine auf der Straße. Den stärksten Rückgang habe er in den ersten Tagen wahrgenommen. Inzwischen habe sich der Verkehr vor allem außerhalb der Pendelzeiten wieder erhöht. Waitzmann spricht von „kleinem Ausflugsverkehr“. „Die Leute wollen wieder raus“, meint der Polizeichef, und sei es nur für den Einkauf im Supermarkt.
Das heruntergedimmte öffentliAber che Leben sorge aber vor allem dafür, dass an vielen Stellen weniger Arbeit für die Polizei anfällt. „Die Zahl der Verkehrsunfälle vermindert sich, auch die Straftaten im öffentlichen Raum wie Sachbeschädigungen oder Körperverletzungen werden weniger und Gott sei Dank haben wir bislang keinen Anstieg von Straftaten im sozialen Nahraum etwa durch häusliche Gewalt“, bilanziert Waitzmann. Auch Einbrüche dürften nicht zu befürchten sein, da die Bewohner daheim seien.
Trotz oder gerade wegen der Ausgangsbeschränkungen wird aber auch oft weiterhin nach der Polizei gerufen. „Genügend“, so antwortet Waitzmann auf die Frage, ob sich auch Menschen melden, weil sie Verstöße gegen die Ausgangsbeschränkungen mitteilen. Er schildert zwei Beispiele: So habe jemand aus dem Landkreisnorden gemeldet, dass in einem Neubaugebiet wiederholt Kinder aus der Nachbarschaft zusammen gespielt hätten. „Wir fahren dann mehrmals vorbei, gehen aber nicht von Haus zu Haus. Aber wenn wir jemanden antreffen, bitten wir die Leute, zu versuchen, dies zu vermeiden“, erklärt Bernd Waitzmann. Auch auf Geschäfte haben manche Bürger ein Auge. So sei aus Landsberg gemeldet worden, dass in einem Gewerbebetrieb reger Kundenbetrieb herrsche. Vor Ort habe sich dieses Bild zwar bestätigt. Doch die Kunden seien Handwerker gewesen, an die der Betrieb weiterhin Waren verkaufen dürfe.
Und der Blick in Richtung Ostern? „Wenn die Beschränkungen länger bleiben, werden die Herausforderungen für die Polizei größer“,
Wenn jemand auf dem Weg zur Freundin ist...
Die Polizei wird auch auf dem Wasser aktiv
erwartet der Chef der Inspektion. „Dann können die Beschränkungen zu einer echten Belastung werden und die Menschen sagen, ist doch egal, und die Akzeptanz wird in Gleichgültigkeit wechseln.“
Und die Polizei wird bald auch auf dem Wasser tätig werden. Anfang April beginnt normalerweise auf dem Ammersee die Wassersportsaison. Das Innenministerium weist darauf hin, dass für die Ausübung von Wassersport auf den Seen gilt: Sport treiben in Form von Segeln, Rudern, Paddeln oder KiteSurfen sei nur allein oder mit Personen des eigenen Hausstands erlaubt. Nicht gestattet sei der Betrieb von Motorbooten. Allerdings: Zugangsstellen von Vereinen und privaten Vermietern müssen weiter geschlossen bleiben. Außerdem wird appelliert, auf den Wassersport zu verzichten, um nicht im Falle eines Unfalls (intensiv-)medizinische Kapazitäten zu beanspruchen.