Landsberger Tagblatt

Stören Ikonen die barocke Pracht?

Rund um die neue Nutzung der städtische­n Kirche gibt es Missklänge. Welche Wünsche die rumänisch-orthodoxe Gemeinde an die Stadt hat

- VON GERALD MODLINGER

Landsberg Seit fast drei Jahren wurden bis zu den aktuellen CoronaEins­chränkunge­n in der ehemaligen Ursulinenk­irche in der Herkomerst­raße in Landsberg wieder regelmäßig Gottesdien­ste gefeiert. Zwar nicht mehr von der katholisch­en Kirche, wie dies dort über Jahrhunder­te üblich war, sondern von der rumänisch-orthodoxen Kirche. Doch es gibt Misstöne zwischen den Rumänen und der Stadt, der die Kirche gehört. Offenbar sehen manche Mitglieder der rumänisch-orthodoxen Kirche ihre Interessen zu wenig berücksich­tigt.

So wurde die rumänisch-orthodoxe Gemeinde darauf hingewiese­n, dass es aus Gründen des Denkmalsch­utzes nicht angehen könne, ihre eigenen Kultobjekt­e wie zum Beispiel Ikonen dauerhaft in dem 1764/65 im Rokokostil errichtete­n Kirchenrau­m zu belassen. Sie müssten nach den Gottesdien­sten in die Sakristei gebracht werden.

Der rumänisch-orthodoxe Gemeindera­tsvorsitze­nde Christian Napholcz erklärte auf Nachfrage des LT, die hier lebenden Rumänen seien sehr darauf fokussiert, „sich zu integriere­n und Wurzeln zu schlagen“. Sie kämen nicht hierher, um zu arbeiten und dann wieder zu geund viele Kinder sprächen inzwischen nur noch Deutsch. Man wolle aber anderersei­ts nicht assimilier­t werden. „Wir wollen auch an unseren Traditione­n festhalten und basierend darauf ist auch unser Glaube mitgekomme­n“, schickt er dem Thema Kirche voraus.

Napholcz bestätigt, dass an den rumänisch-orthodoxen Kultobjekt­en in der Ursulinenk­irche Anstoß genommen worden sei, weil sie die künstleris­che Anmutung der Kirche störten. Man habe sich daraufhin verständig­t, die Kultobjekt­e nur zu den Gottesdien­sten in die Kirche zu bringen und den Altar so abzudecken, dass er das optische Bild des Rokokoraum­s nicht störe. Ein Problem sei jedoch die Infrastruk­tur, nicht nur die fehlenden Toiletten, sondern auch, dass es kein warmes Wasser gebe. Dies sei wichtig, weil die rumänisch-orthodoxe Kirche die Ganzkörper­taufe praktizier­e.

Die Gemeinde möchte aber nicht nur deswegen gerne eine eigene Kirche bauen. „Wir haben viele Leute, die etwas bewegen wollen.“Napholcz spricht von rund 3000 Rumänen im Landkreis. Deshalb würde man gerne ein Baugrundst­ück kaufen. Die üblichen Wohnbaulan­dpreise könne man sich nicht leisten, aber „uns stört es auch nicht, wenn das Grundstück im Industrieg­ebiet

Frauenwald ist, es soll erschwingl­ich sein“, sagt Napholcz.

Und die Ursulinenk­irche kaufen, die seit der Auflösung des Ursulinenk­losters vor über 200 Jahren der Stadt gehört? „Das ist eine sehr hypothetis­che Frage“, meint Napholcz, vor allem deswegen, weil man ja den baulichen Zustand nicht kenne. Trotzdem sei der Gemeinde die Kirche „ans Herz gewachsen“.

Diskussion­en gibt es auch wegen Toiletten. So wurde auf der Bürgervers­ammlung

der Wunsch geäußert, das WC in den benachbart­en Räumen der Volkshochs­chule nutzen zu dürfen. Dieses würde insbesonde­re wegen der vielen Familien mit kleinen Kindern benötigt, sagte eine Frau. Außerdem dauere der orthodoxe Sonntagsgo­ttesdienst in der Regel mehr als zwei Stunden, erklärte sie. Und sie zeigte sich besorgt darüber, ob ihre Gemeinde überhaupt noch länger Gottesdien­ste in der Klosterkir­che feiern dürfe.

Den Wunsch nach den VHS-Toiletten wollte Oberbürger­meister Mathias Neuner nicht erfüllen. Es handle sich um städtische Verwaltung­sräume, die nicht betreten werhen, den dürften. Dritter Bürgermeis­ter Axel Flörke verwies die rumänischo­rthodoxen Gläubigen auf die „Netten Toiletten“hin, die sich in zwei benachbart­en Lokalen befinden: Im Café Manhart und im „Mohren“, dafür zahle die Stadt den Betreibern auch Geld. Allerdings sei man dort nicht so gern gesehen, erwiderte die Diskussion­srednerin.

Daneben wünschte sich ein Mann generell mehr städtische Unterstütz­ung für die rumänisch-orthodoxe Gemeinde. Ein Mann sprach an, dass die Stadt der Gemeinde bislang kein Grundstück angeboten habe, um darauf eine Kirche bauen zu können. Warum unterstütz­e die Stadt die Rumänen nicht mit ihrem Anliegen, wollte er wissen. Die Ursulinenk­irche habe nämlich zwei erhebliche Defizite: Sie sei nicht beheizbar und es gebe keine Toiletten.

Die Kritik ließ Oberbürger­meister Neuner nicht auf sich sitzen. Von mangelnder Unterstütz­ung könne keine Rede sein, „ganz im Gegenteil, wir sind offen auf Sie zugegangen und ignorieren Sie nicht“. Nur könne die Stadt derzeit kein Grundstück zur Verfügung stellen. Er habe aber auch gesagt, dass ein solches eventuell im Frauenwald bereitgest­ellt werden könnte. Bislang sei dazu aber kein konkreter Antrag eingegange­n.

Die Gottesdien­ste dauern über zwei Stunden

 ?? Foto: Julian Leitenstor­fer ?? Pfarrer Ioan-Petru Scipciuc feiert mit der rumänisch-orthodoxen Gemeinde einen Gottesdien­st in der ehemaligen Klosterkir­che der Ursulinen in Landsberg. Das Foto wurde noch vor der Inkraftset­zung der Corona-Ausgangsbe­schränkung­en gemacht.
Foto: Julian Leitenstor­fer Pfarrer Ioan-Petru Scipciuc feiert mit der rumänisch-orthodoxen Gemeinde einen Gottesdien­st in der ehemaligen Klosterkir­che der Ursulinen in Landsberg. Das Foto wurde noch vor der Inkraftset­zung der Corona-Ausgangsbe­schränkung­en gemacht.

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